Kolumne

"Modemacher"

27.02.1998

Es ist nicht ganz leicht, gegen ein Unternehmen zu argumentieren, daß offensichtlich auf der Sonnenseite des Lebens steht, schrieb dieser Tage ein Kollege über Dell.

Wir wollen denn auch nicht kritikastern. Michael Dell, Gründer des Unternehmens, erklärt den Unternehmenserfolg mit der Konzentration auf die ureigene Stärke - den Direktvertrieb (siehe Seite 84).

In der Tat perfektionierten die Texaner zudem als erste das Geschäftsmodell, Rechner kundenspezifisch zu produzieren. Das Build-to-order-Konzept nimmt dabei nicht nur weitgehend Rücksicht auf die Wünsche von Käufern, es ist zuvörderst von betriebswirtschaftlichem Belang. Mit dem BTO-Modell konnte die Firma den Lagerumschlag zeitweise auf sieben Tage reduzieren. Dell darf sich zudem als Pionier des Internet-Handels sehen. Dessen E-Commerce-Konzept hat Apple abgekupfert. Compaq, HP und IBM setzten ähnliche Modelle erst viel später auf, und das auch nur für ihre Vertriebspartner. Dem Käufer nutzt das wenig, merkt denn auch Michael Dell durchaus ätzend an. Mit Fug und Recht kann man also behaupten, Dell habe den Dienstleistungsgedanken erfolgreich verinnerlicht.

DV ist aber mehr. Als reiner Boxenschieber erwirtschaftet der US-Konzern 71 Prozent seines Gesamtumsatzes ausschließlich mit PCs. Nur neun Prozent entfallen auf Enterprise-Systeme, wobei diese Bezeichnung auch noch irreführend ist, summiert doch der Direktvertreiber hierunter nicht nur Server, sondern auch Workstations.

Beim Gespräch mit DV-Entscheidern ist Dell denn auch nur Mitläufer. Von Kopf bis Fuß auf Wintel-Technologie eingestellt, hat der Hersteller nichts anderes anzubieten, als alle anderen auch. Für Forschung und Entwicklung wenden die Texaner mal gerade 1,65 Prozent des Gesamtumsatzes auf. Nicht sehr innovativ. Fürs Drucker-Server- und Applikations-Server-Geschäft mag das reichen. In den oberen Konzernetagen aber sind IBM, HP und jetzt auch Compaq ernstzunehmendere Gesprächspartner. Dell ist nur Me-too-Anbieter, der keinen imageträchtigen Ruf für Lösungskonzepte besitzt.

"Nur" effizient Boxen durch die Gegend zu schieben, macht zudem anfällig für die Unwägbarkeiten des Marktes. Dell muß auf Moden reagieren, die Konkurrenten machen. Doch die Potentiale der DV-Schwergewichte sind gänzlich unterschiedlich zu denen des Direktvertreibers. Schaun mer mal, wie lange das gut geht.