Mobilmacher

14.03.1980

Mit Angst läßt sich zwar gut Politik machen, doch mit Angst läßt sich kaum gute Politik machen: Die Auseinandersetzung der IG Metall und damit des DGB mit den neuen Technologien krankt daran, daß die Führungsspitze der Gewerkschafter zwar erklärt, nicht gegen den technisch organisatorischen Wandel zu sein, bei der Basis aber damit Stimmung macht, daß "computergestützt" unter den gegenwärtigen Bedingungen heißt: Standardisierung, Zerstückelung, Leistungsintensivierung und Vernichtung von Arbeitsplätzen. Und: "Niemand sollte sich deshalb noch der Illusion hingeben, seine Tätigkeit sei unersetzbar oder nicht zu rationalisieren".

Nun ist es nicht so, daß die Gewerkschafter nicht wüßten, daß sie mehr Angstmacher als Förderer sind, wenn es um die Einführung moderner Technologie geht. Gerade aus dieser Selbsteinsicht entwickeln sich die neuen gewerkschaftlichen Strategien und Zielvorstellungen: Ein Weg in die Zukunft besteht für den IG Metall-Chef Eugen Loderer beispielsweise darin, nunmehr von der "defensiven Abfindungsstrategie des alten Rationalisierungsschutzabkommens zur offensiven Absicherungsstrategie über Abgruppierungsschutz und Verdienstsicherung zu kommen". Das englische Beispiel mit dem Heizer auf der E-Lok macht Schule, aber es wird Elektrifizierung der Bahn nicht aufhalten und, mutatis mutandis, den Einzug der neuen Technologie nicht blockieren können.

Bemerkenswert ist ein anderer Versuch der IG Metall, gegenüber der Basis Verantwortungsgefühl zu demonstrieren: "Es ist zu verlangen, daß die Gewerkschaften und Betriebsfunktionäre ein Mitbestimmungsrecht bei der Forschung und Entwicklungspolitik erhalten, egal, ob die Forschung im Betrieb oder in staatlichen Einrichtungen vorgenommen wird."

Diese Forderung mag in einer primitiv-Diskussion eine Mobilmachungs-Funktion haben. Aber ernsthaft? Da drängen sich fatale Vergleiche auf, daß Forschung in bestimmte Richtung nicht betrieben werden darf, weil's gesellschaftspolitisch nicht paßt. Und dies wäre denn doch ein entartetes Selbstverständnis der IG Metall.