VMware Chef-Technologe im Interview

Mobilität ist kein Grenzfeld

02.04.2015
Von Detlef Flach
VMware dringt immer stärker ins Mobile Business. Wir sprachen mit Brian Gammage, Chief Market Technologist bei VMware. über die Strategie des Unternehmens.

CW: 2014 hat VMware AirWatch gekauft. Wie wichtig ist der Ausbau der Mobility-Sparte für VMware?

Brian Gammage, Chief Market Technologist bei VMware
Brian Gammage, Chief Market Technologist bei VMware
Foto: VMware

Brian Gammage: Durch die Akquisitionen von AirWatch und CloudVolumes in 2014 sowie Desktone in 2013 haben wir bei VMware ein EUC-Portfolio mit Infrastruktur-Fokus aufgebaut. Neben unseren Lösungen für das Software-defined Datacenter und Cloud Management sind wir beim Ausbau unserer Mobility-Sparte sehr engagiert. Wir sehen bei unseren Kunden, dass sie mittlerweile genauso viel, wenn nicht sogar mehr, in Mobility-Lösungen investieren als in die klassische Rechenzentrumsinfrastruktur.

CW: Wie wichtig ist damit letztlich das Thema Enterprise Mobility?

Gammage: Enterprise Mobility ist für Unternehmen jeder Größe signifikant, denn wir leben in einer mobilen Welt: "a mobile first world!" Wer heutzutage Anwendungen entwickelt und bereitstellt, muss sich gewiss sein: Der Anwender möchte sie zu jeder Zeit, an jedem Ort und auf jedem Gerät nutzen. Das ist die mobile Prämisse, wenn man so will. Und sogar jemand, der heute einen starren Schreibtischjob hat, wird morgen vielleicht eine andere Aufgabe haben und von mobilen Anwendungen abhängig sein. Es ist essentiell, dass Unternehmen Mobilität nicht als ein neues Grenzfeld interpretieren. Mobile Anwendungen müssen sich in die bestehende Infrastruktur fügen und kompatibel sein, um die Investitionen in die Desktops von gestern mit den Anwendungen von heute zusammen zu bringen, die immer schneller und benutzerfreundlicher werden. Dies ist ein kritischer Punkt - nicht nur aufgrund des Potentials hinsichtlich der eigenen Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch um unnötige kostspielige Komplexität zu vermeiden.

CW: Heute werden bereits Millionen von Notebooks, Smartphones und Anwendungen verwendet - dennoch betrachten viele Unternehmen das Thema Mobilität mit Skepsis. Wieso?

Gammage: Wir müssen uns eingestehen, dass der Einsatz von Technologie auch immer eine Frage von Kultur und Mentalität ist - und entsprechend von Land zu Land unterschiedlich ist. Nicht nur in Deutschland, sondern auch in einigen anderen Ländern sind Fragen rund um Datensicherheit und Datensouveränität heute omnipräsent. Die Menschen wollen zu Recht wissen, an welchem Ort ihre Daten gesichert werden. Mobile und Cloud-Technologien sind ein globales Phänomen. Hinsichtlich der anfänglichen Skepsis - die bei neuen Technologien ja durchaus berechtigt ist - muss auch gesagt werden: Cloud und Mobile bieten den Anwendern eine noch nie dagewesene Vielfalt an Möglichkeiten, aus denen es das Passende für sich und sein Unternehmen auszuwählen gibt. Vielfalt und Auswahl sind eine tolle Sache - allerdings: Man muss wissen, was man möchte.

CW: Können Unternehmen heutzutage überhaupt auf Mobilität verzichten?

Gammage: Kein Unternehmen kann es sich leisten im Status Quo zu verharren. Unternehmen sind heute in der Bredouille zwischen Best Practices, die sie in derer IT-Infrastruktur in den letzten 15 bis 20 Jahren hart erarbeitet haben, und der Adaption neuer Technologien. Allerdings basieren die Best Practices auf einem Ansatz, den ich als "industrialized" bezeichnen möchte: Durch Standardisierung der Umgebung soll mehr Sicherheit erreicht werden; durch Größeneinsparungen versucht man einen effizienteren Betrieb zu ermöglichen. Nur wird dadurch die schnelle Adaption von neuen Technologien nicht gerade einfacher - ganz im Gegenteil. Dabei wird der Druck auf die IT-Abteilungen immer größer.

CW: Wo sehen Sie die Herausforderungen in puncto Enterprise Mobility noch überwinden?

Brian Gammage: Die Herausforderungen haben nichts mit der Technologie zu tun. Unternehmen müssen zunächst überhaupt wissen, was sie mit dieser erreichen möchten. Dabei ist für die meisten von ihnen die IT-Landschaft längst zu einer "Black Box" geworden. Die Sprache von IT-Abteilungen und Management ist heute in den wenigsten Unternehmen dieselbe. Hier herrscht eine regelrechte Kluft. Wie soll die IT jemals in der Lage sein, die Anforderungen des Managements beim Einsatz von mobilen Technologien zu erfüllen, wenn dieses keine klaren Ziele definiert? Niemals! Nur wenn Unternehmenskultur und Kommunikation verbessert werden, kann auch der Gebrauch von Mobilem optimiert werden. Dafür ist aber auch ein detailliertes Wissen über Anforderungen und Tätigkeiten der mobilen Workforce notwendig, über das nur die wenigsten Unternehmen von heute verfügen.

CW: Was zeichnet eine ideale Enterprise- Mobility-Strategie aus?

Gammage: Wenn wir auf die letzten zehn bis fünfzehn Jahre zurückblicken, dann waren damals Single-System Images die Best Practices. Heute ist das anders, denn die Technologie-Basis ist sehr heterogen. Das wiederum erlaubt es uns aber, auf die diversen Anforderungen von unterschiedlichenn Anwendertypen in Unternehmen zu reagieren. Die Anforderungen an die IT sehen von Unternehmen zu Unternehmen komplett anders aus - was bedeutet, dass es nie eine einzig gültige Mobility-Strategie geben kann. Allerdings ist es sicherlich hilfreich, einige Prinzipien zu befolgen:

  • Der Zugang für den Nutzer auf seine Daten, egal ob mobil oder nicht, muss zwar sicherer gemacht werden - aber nicht schwieriger!

  • Ein Service-Katalog, in dem alle Anwendungen und Services dem Nutzer offen vorliegen, sollte sowohl moderne mobile oder "Software-as-a-Service"-Anwendungen als auch Legacy-Anwendungen und Umgebungen beinhalten, ohne dass bewährte Anwendungen aus dem Verkehr gezogen werden müssen.

  • Richtlinien zu Umgang und Sicherheit von mobilen Geräten, in denen definierte Richtlinien von gestern mit neuen Richtlinien zusammengeführt werden, die für die Implementierung oder Aktualisierung ihrer Sicherheitsrichtlinie für mobile Geräte dienen - das heißt: Der Richtlinienkatalog muss erweiterbar sein!