Mobiles Arbeiten verlangt Disziplin

13.09.2006
Von 
Ina Hönicke ist freie Journalistin in München.

Alexander Fischer, Leiter Infrastruktur bei dem Papierhersteller August Koehler AG in Oberkirch, beobachtet indes, dass der Einsatz neuer Technologien das Verhalten von Mitarbeitern durchaus verändern kann. Vor eineinhalb Jahren setzte das Unternehmen auf Windows-basierende PDAs und Smartphones, weil es sich davon in puncto Integration die größten Vorteile versprach. Zusätzlich eroberten noch die Blackberrys die einzelnen Management-Etagen. Fischer: "Mitarbeiter mit einem klassischen Mail-System, die vom Ansprechpartner nicht sofort eine Antwort erhalten, nehmen das zumeist locker. Schließlich kann dieser in Urlaub sein. Handelt es sich beim Absender aber um einen Blackberry oder ein anderes Push-fähiges Gerät, ist bei den Versendern schon eher eine gewisse Nervosität zu beobachten." Besitzer dieser Geräte erwarteten in der Regel, dass der Angeschriebene stante pede reagiert.

Thomas Götz, Managing Partner bei der Detecon International GmbH, sieht jede Menge Nachholbedarf bei den Management-Funtkionen der mobilen Endgeräte.
Thomas Götz, Managing Partner bei der Detecon International GmbH, sieht jede Menge Nachholbedarf bei den Management-Funtkionen der mobilen Endgeräte.

Push-Mail-Geräte suggerieren laut Fischer eine permanente Erreichbarkeit - und das könne einen fatalen Erwartungsdruck erzeugen. So sei mancher Mitarbeiter von der eigentlichen Arbeit abgelenkt, weil er ständig auf die Signale eines Push-fähigen Geräts reagiere. Fischer: "Das gilt aber nur für diejenigen Kollegen, die nicht mit der Technologie umzugehen wissen." Erschwerend komme hinzu, dass die Erreichbarkeit sich nicht auf die offiziellen Arbeitszeiten beschränke. Etliche gewissenhafte Mitarbeiter schielen, das wissen IT- und Personalchefs, auch nach Feierabend oder am Wochenende auf das Display.

Der IT-Experte empfiehlt Unternehmen, sich über den effizienten Einsatz der E-Mail-Technik grundsätzlich Gedanken zu machen. "Allein die Einschaltung der Abwesenheitsnotiz sorgt bei den Betroffenen für Verständnis, wenn sie nicht in der erhofften Zeitspanne eine Reaktion erhalten. Sie fühlen sich informiert und überlegen sich, falls der Ansprechpartner ein Problem hätte bearbeiten sollen, gegebenenfalls andere Kollegen um Hilfe zu bitten. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten kann sich das Management bei dem Papierhersteller darauf verlassen, dass von den Mitarbeitern der diversen Führungsebenen keiner mehr das Haus verlässt, ohne eine Abwesenheitsnotiz zu hinterlassen.

Fischer: "Um neue Techniken erfolgreich einzusetzen, muss der Vorstand die IT entsprechend unterstützen, die IT wiederum die Vorteile verständlich an den Mann bringen, und - wenn erforderlich - müssen Key User als weitere Vermittlungspersonen fungieren." Seiner Meinung nach lautet die Devise: Überzeugungsarbeit statt Zwang. Fischer sieht die IT zunehmend gefordert, sich stärker einer ganzheitlichen Sichtweise zuzuwenden. "Neue Techniken können zu Überforderungen und Stress führen. Dazu zählt auch das Problem der ständigen Erreichbarkeit. Deswegen wird es immer mehr zu den Aufgaben der IT gehören, Möglichkeiten und Risiken neuer Technologien aufzuzeigen und die Anwender zu beraten. Mit diesem Job stehen wir erst ganz am Anfang."