Anbieter und Lösungen

Mobile Payment in Deutschland kommt langsam in Gang

09.02.2016
Von 
Klaus Hauptfleisch ist freier Journalist in München.
Von einem Mekka des Mobile Payment ist Deutschland noch weit entfernt, aber 2015 hat sich so einiges getan auf dem Gebiet.

Vodafone hat zum Jahresende 2015 neue Zahlen für Mobile Payment in Deutschland vorgelegt. Diese sollten eigentlich in eine positive Richtung deuten, bei Licht betrachtet, zeigen sie aber noch viel Zurückhaltung unter den Handelshäusern und Verbrauchern hierzulande. Ausgehend von drei Millionen Akzeptanzstellen in ganz Europa müssten es in der Bundesrepublik mit rund elf Prozent der Gesamtbevölkerung rein rechnerisch mindestens 330.000 sein. Tatsächlich waren es laut Vodafone in Deutschland zuletzt gut 80.000 Kassenterminals für das mobile Bezahlen per Smartphone und damit immerhin 20.000 mehr als ein Jahr zuvor.

Vier starke internationale Zugpferde

Lösung sucht Nutzer: mPayment steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen
Lösung sucht Nutzer: mPayment steckt in Deutschland noch in den Kinderschuhen
Foto: cashcloud

International haben sich mit Apple, Ebay (PayPal), Googleund Samsung vier starke ITK-Zugpferde vor Mobile Payment oder kurz mPayment gestellt. China UnionPay (chinesisch Yínlián, wörtlich Bank-Union), einzige Kreditkartenorganisation im Reich der Mitte, hat im Dezember 2015 zeitgleich mit Apple Pay und Samsung Pay gezeichnet, um gemeinsam den Milliardenmarkt für Mobile Payment zu erschließen.

Presseberichten von 2014 zufolge hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg der geplanten digitalen Bezahlfunktion ebenfalls oberste Priorität eingeräumt. Nachdem im Jahr davor schon der PayPal-Präsident David Marcus abgeworben wurde, war das weltweit größte soziale Netzwerk im März 2015 zunächst in den USA mit einem eigenen mPayment-Angebot gestartet.

Absoluter Branchenprimus ist aber wohl nach wie vor PayPal mit einem Umsatz von über 2,25 Milliarden Dollar allein im dritten Quartal 2015. Die ehemalige Ebay-Tochter ist allerdings durch Apple, Google & Co. zunehmend unter Druck geraten. Nicht so in Deutschland und den meisten anderen europäischen Ländern.

Apple und Samsung Pay wurden zwar schon in Großbritannien erprobt, um Kontinentaleuropa machen die beiden Anbieter mit ihren mobilen Bezahldiensten bislang aber noch einen großen Bogen. Dabei gelten sie mit ihrem "Brand Appeal" und ihren mobilen Endgeräten als die Marktmacher und könnten sie dem Mobile Payment in Deutschland einen kräftigen Schub geben. Dass sie noch zögern, liegt sicherlich auch an der ungleichen Akzeptanz der Kredit- gegenüber der als urdeutsch empfundenen EC-Karte.

Im August 2015 ist Samsung Pay im Heimatland Südkorea offiziell gestartet, einen Monat später in den USA. Anfang 2015 hatte der koreanische Riese LoopPay übernommen, um nicht nur Mobile Payment via NFC, sondern auch über ganz normale Kreditkarten mit Magnetstreifen zu ermöglichen. Entgegen Gerüchten und anders lautenden Medienberichten ist ein Start in Deutschland nicht abzusehen. In Südkorea hat Samsung für das Pay-Angebot einen Monat nach dem Launch im August 2015 bereits von einem bahnbrechenden Erfolg berichtet.

Einen Bogen um Deutschland und Europa macht auch noch Google mit dem im Mai 2015 offiziell vorgestellten und im September 2015 in den USA lancierten Android Pay. Der IT-Riese hatte dazu im Februar 2015 SoftCard, einst Konkurrenzprodukt zu Google Wallet, übernommen und dicht gemacht. Google Wallet wiederum ist dank Android in Deutschland schon weit verbreitet und soll als Online-Bezahlsystem weiter bestehen bleiben.

Im Gegensatz zu den mobilen Bezahlsystemen von Apple und Samsung ist Android Pay zunächst nur eine Art Entwicklerplattform für kontaktloses Bezahlen via NFC, dabei aber an keine speziellen NFC-Kartenterminals gebunden. Der englischen Wikipedia-Seite zufolge wird Android Pay von 70 Prozent der Android-Handys unterstützt - damit konnte man in den USA von Anfang an schon in über 700.000 Verkaufsstellen bezahlen. 2016 soll mit Australien der erste Schritt über die sieben Weltmeere erfolgen.

Mit den genannten IT-Riesen als neue Player wird in der Öffentlichkeit das Bild verbreitet, dass mobiles Bezahlen per Smartphone schon vor einem gewaltigen Durchbruch stehe. In den USA und in anderen Ländern mit einer traditionell starken Affinität zur Kreditkarte sowie in Schwellenländern mit geringer Bankendichte mag das durchaus so sein, weniger aber in Deutschland. Und das eben auch aus dem Grund, dass die meisten Händler und Verbraucher mit der Girokarte ganz gut leben können. Deutsche Lösungen sind daher meist noch kaum über die Pilotphase hinausgekommen.

Deutschland zwischen Aufbruch und Zurückhaltung

Ende November 2015 hat TSYS eine neue Verbraucherstudie zu mobilen Bezahlsystemen präsentiert. Demnach hegen 74 Prozent der Deutschen Zweifel, dass das Bezahlen mit dem Smartphone in stationären Geschäften sicherer als der Online-Kauf ist. Dennoch zeigten sich 69 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass sie in den nächsten zwei Jahren das Smartphone als digitale Geldbörse benutzen würden. Befragt wurde eine repräsentative Auswahl von mehr als 500 Verbrauchern in Deutschland. Diese waren laut TSYS alle über 17 und im Besitz von mindestens einer Debit- und einer Kreditkarte sowie einem Mobiltelefon. Immerhin 33 Prozent gaben an, dass sie Mobile Payment in den kommenden Jahren zu einem Viertel nutzen würden, 26 Prozent sogar zur Hälfte, weitere neun Prozent zu Dreiviertel. Davon sind die meisten Deutschen aber noch weit entfernt.

Eine Umfrage von PricewaterhouseCoopers, beziehungsweise PwC, von Juni 2015 (siehe Screenshot-Strecke) ergab, dass bis dato nur etwa ein Viertel der Deutschen Mobile Payment schon einmal genutzt haben, am meisten für Reisen und Kleidung. Die bekanntesten Anbieter sind der der Umfrage zufolge der Reihe nach PayPal, Google Wallet, Apple Pay, PayCash (mit Sitz in Luxemburg), Samsung Pay und die Sparkassen-Gründung girogo. Dabei sind Apple und Samsung mit ihren mobilen Bezahlsystemen in Deutschland noch gar nicht aktiv. Mit jeweils sieben Prozent der Nennungen folgten mpass (O2, Deutsche Telekom und Vodafone) und WireCard, auf Platz zehn Vodafone Smartpass alias Vodafone Wallet; unter fernerliefen waren kesh und das mittlerweile eingestellte Otto-Angebot Yapital sowie Samsungs Neuerwerb LoopPay. Wirecard ist Kooperationspartner einer Reihe großer wie kleiner Anbieter, so auch von Haufe Lexware für Lexware Pay. Seit September 2015 gibt es von Lexware neben der iOS-Version auch eine Android-App, um der wachsenden Bedeutung des mobilen Google-Betriebssystems Rechnung zu tragen.