Das Berichtswesen eines Rechenzentrums

Mitunter kommt das kalte Grauen

17.12.1976

Sieht man sich die Fähigkeits- und Auslastungs-Berichte eines Rechenzentrums näher an, so kommt einem mitunter das kalte Grauen. Da wird zum Beispiel darüber berichtet, wieviel Zeilen im letzten Jahr gedruckt oder wieviel Programme im selben Zeitraum abgearbeitet werden, ohne daß nähere Angaben Aufschluß über diese Zahlen geben. Dafür kann es durchaus vorkommen, daß über Maschinenausfall oder Wiederholungsläufe gar keine Aussagen gemacht werden. Dann stellt sich doch die Frage: Wozu werden solche Berichte überhaupt erstellt?

Bei der Planung von Kapazitätserweiterung oder Anlagenaustausch werden Leistungsdaten häufig bis zur zweiten Dezimale hinter dem Komma ermittelt. Daß durch mehr oder weniger Reparatur oder Ausfall die ganzen Überlegungen auf das Theoretische beschränkt bleiben, vergessen viele. Auch wenn die anbietenden Hersteller einen kollegialen Informationsaustausch mitunter ungern sehen, so kann ein Austausch quantitativer Beobachtungswerte doch eine wesentliche Hilfe beim Beurteilungsverfahren darstellen. Aber auch für das eigene Rechenzentrum kann man Eigentlich nur aufgrund der Zusammenfassung von quantitativen Beobachtungswerten der Maschinenstatistiken gezielte Korrekturmaßnahmen einleiten. Aussagen über Fehlerhäufigkeit, Ausfallzeiten und Fehlerursachen müssen analysiert werden.

Für Software-Fehler ein besonderer Absatz

Mit steigender Komplexität der Systemsoftware gewinnen auch hier Fehler und Wartungsarbeiten an Bedeutung. Die Erfahrung zeigt, daß im Bericht über den Betrieb eines DV-Systems der Software ein besonderer Absatz eingeräumt werden sollte. Doch gleich verbindet sich damit die Frage, wie man signifikante Berichtsdaten auswählt, denn eines haben fast alle heutigen Betriebssysteme gemeinsam: Sie sind sehr gesprächig.

Auf der anderen Seite ist es für einen effektiven und wirtschaftlichen Betrieb sehr bedeutungsvoll, ob man wirklich jedes neue Release gleich einfahren muß. Auch hier können geeignete Berichte über gesammelte Erfahrungen helfen, bessere Entscheidungen zu finden.

Bei den meisten der heutigen Betriebssysteme ist es leicht, eine Liste der gelaufenen Programme mit entsprechendem Zeitplan oder CPU-Auslastung und Peripherieauslastung zu erstellen. Standard-Software-Systeme können dies unterstützen. Erfahrungsgemäß kann eine solche unaufbereitete Anlagenstatik eine Fülle unübersichtlicher Tabellen ergeben; über große Zeiträume kumulierte Leistungsdaten können aber auch an Aussagefähigkeit verlieren. Hier gilt es den Berichtszeitraum in geeignete Teilintervalle zu untergliedern, um ein Hilfsmittel für die Steuerung des Betriebsablaufs zu erhalten.

Die Feststellung, daß eine CPU im vergangenen Jahr oder vergangenen Monat zu 30% ausgelastet war, sagt noch nichts darüber aus, wie voll die Anlage wirklich war. Dasselbe gilt für den Fernverarbeitungsteil eines DV-Systems.

Werden dynamische Berichtsdaten, die den zeitlichen Umlauf wiedergeben, gesammelt, so sollten sie auch einmal den ursprünglichen Planungsdaten gegenübergestellt werden. Nur so werden bestehende Planungsverfahren optimiert werden können.

Sind einmal Rechenzentrumsleiter unter sich, so klagen sie gern mit vorgehaltener Hand, der Meinung zu sein, daß zu viel "Datenleichen" im System sind. In gut organisierten Rechenzentren hat man Verfahren eingeführt, die dieses Übel abstellen sollen. Trotzdem ist ein Verfolgen von signifikanten Daten über Archive und Massenspeicher sehr aufschlußreich. Die Entwicklung der verschiedenen Aufgabengebiete wird auf diese Weise vollständiger dargestellt. Dasselbe gilt für die Inanspruchnahme der verschiedenen Programmbibliotheken.

Termintreu durch Beobachtung

Eine der wichtigsten Aufgaben eines Rechenzentrums ist es, rechtzeitig die richtigen Ergebnisse zu liefern. Oft wird ein Rechenzentrumsleiter oder Maschinensaal-Leiter vor die Entscheidung gestellt, abweichend vom Produktionsplan gewisse Aufgaben vorzuziehen oder zurückzustellen. Die Ursachen hierfür seien zunächst dahingestellt. Das Ziel ist jedoch klar: Es sollen eventuell eintretende Verspätungen minimiert werden.

Ein wesentliches Hilfsmittel für solche Entscheidungen kann ein Bericht über die Termintreue des Rechenzentrums sein. Wenn man an Hand von quantitiven Beobachtungsdaten, die in einem Bericht zusammengestellt sind, systematisch Verspätungen erkennen kann, lassen sich leichter Gegenmaßnahmen ergreifen.

Dasselbe gilt für das Antwortverhalten an den verschiedenen Terminals. Wenn hier auch die Zeitspannen der Verspätung im Einzelfall gering sind, so können sie bei Aufsummierung beachtliche Effekte hervorrufen. Auch hier hat das Rechenzentrum die Ergebnisse zu den Zeitpunkten (etwa innerhalb von 3 Sekunden) zu liefern, wie es der Arbeitszyklus in den Fachabteilungen erfordert.

Berichtszeiträume: Nichts Allgemeingültiges

Es gibt keinen allgemein gültigen Berichtszeitraum. So wie eine Unternehmung jährlich einen Bericht erstellt, wird es im allgemeinen auch, ein Rechenzentrum tun. Diese Berichte können aber nur für die Langfristplanung als Instrument dienen, und sind für die Steuerung des täglichen Betriebsablaufs ungeeignet.

Es werden daher neben den Jahresberichten, die im allgemeinen eine Selbstrechtfertigung nach außen darstellen, noch kurzfristige Berichte erstellt werden müssen. Diese, im allgemeinen wöchentlich erstellten Berichte, sind die Grundlage für die Optimierung des täglichen Arbeitsablaufs.

Zum Lesen zwingen

Es ist bekannt, daß diese Berichte über die Auslastung und die optimale Funktion des Rechenzentrums heute mehr oder weniger automatisch erstellt werden können. Man sollte darüber aber nicht vergessen, daß sie deswegen noch lange nicht automatisch gelesen sind. Sie sollten in einer komprimierten und leicht lesbaren Form vorgelegt werden. Nur wenn wir Datenverarbeiter unser Werk in übersichtlicher und verständlicher Weise präsentieren, werden wir Vorwürfe vermeiden können, daß wir die sicherste Methode zur Verschwendung des Geldes seien.

*Dr. Martin A. Graef ist Direktor des Zentrums für Datenverarbeitung der Universität Tübingen.