Gastkommentar

Mittelstand bleibt auf der Strecke

09.07.1999
Friedrich Benzing Geschäftsführer Parity Software, Schwieberdingen

Fast alle Betriebe klagen über Personalmangel, und viel schlimmer noch: über die mangelnde Qualifikation der Bewerber. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Da gibt es Fachhochschulen und Universitäten, bei denen bereits die Lehrpläne meilenweit an den Anforderungen der freien Wirtschaft vorbeizielen. Die Studiengänge sind zu lang und mit zuviel Leerlauf versehen. Scheine gibt es teilweise für bloße Anwesenheit, die Studenten agieren nicht mehr mit der Zielsetzung, Wissen für den Beruf zu erwerben, sondern haben scheinbar pragmatisch nur den Abschluß vor Augen.

Die Zeche zahlt zunächst der Absolvent, der mit Ende Zwanzig versucht, einen adäquaten Job zu bekommen, in Vorstellungsgesprächen aber schon nach fünf Minuten bekennen muß, von der Materie keine Ahnung zu haben. Im zweiten Schritt leidet darunter das Unternehmen, das einen kaum vertretbaren Aufwand betreiben muß, um diejenigen für sich zu gewinnen, die das geforderte Know-how mitbringen.

Hier besteht die eine Möglichkeit darin, mit überhöhten Angeboten zu locken. Für mittelständische Unternehmen erweist sich dieser Weg in der Regel als Sackgasse, da Großunternehmen in der stärkeren Position sind und sich die besten Bewerber herauspicken können. Die andere Chance liegt darin, die Bewerber das Versäumte nachholen zu lassen, und zwar in unternehmenseigenen Kaderschmieden.

Für den Mittelstand ist diese Entwicklung gefährlich, weil er im Gegensatz zu Großunternehmen nicht über die nötigen personellen Ressourcen für umfangreiche Schulungsmaßnahmen verfügt. Konzerne können die Fehlentwicklungen unseres Bildungssystems durch Globalisierung auffangen - der Mittelstand jedoch bleibt auf der Strecke.