Kooperation bei Einkauf, Marketing, Disposition und Informationstechnik

Mittelständler sparen mit gemeinsamem ERP-System

09.11.2001
Im Kampf gegen den Preisdruck in der Baubranche sind drei mittelständische Betonteilehersteller eine Kooperation eingegangen. Die IT-Basis bildet eine gemeinsam genutzte ERP (Enterprise Resource Planning)-Branchenlösung. Von Paul Vermeehren*

Der Preisdruck im Baugewerbe veranlasste die drei Betonfertigteilhersteller Otto Knecht GmbH & Co. KG, Betonwerk Schmiden Bürkle GmbH und Sikler Mohring GmbH zu einer engen Zusammenarbeit. Seit rund zwei Jahren regelt ein Kooperationsvertrag den gemeinsamen Einkauf, den Auftritt am Markt und die gegenseitige Auslastung freier Fertigungskapazitäten.

Eine zweite Abmachung ordnet die Zusammenarbeit im IT-Bereich: "Vereinbart wurden eine kollektiv verwendete ERP-Software, die Vorgehensweise beim Aufbau eines gemeinsamen Rechenzentrums und ein Schlüssel, nach dem die Projektkosten unter den Kooperationspartnern verteilt werden", berichten Sandra Knecht und Michael Bürkle. Beide sind in ihren Unternehmen für DV und Organisation zuständig. "Wir versprachen uns von dieser Zusammenarbeit eine Steigerung der Effektivität", erläutert Wolfgang Schwab, Geschäftsführer von Sikler Mohring.

Die Entscheidung für ein ERP-System fiel zugunsten der Lösung "Inforstone" von Infor Business Solutions, eine mandantenfähige Branchenlösung für mittelständische Unternehmen und Konzerntöchter, die die Geschäftsprozesse der bauzuliefernden und betonverarbeitenden Industrie abbildet.

Die drei Unternehmen betreiben insgesamt neun Werke, die weitgehend selbständig arbeiten. Etwa die Hälfte der dortigen ERP-Anwender nutzt bereits das System. Dazu mussten beispielsweise die unterschiedlichen Lagerhaltungen aufeinander abgestimmt werden. Auch galt es, Schnittstellen zu schaffen, mit denen die Kooperation via Internet bei den Rohstoffhändlern einkaufen kann. "Den Zentraleinkauf haben wir nahezu umgesetzt", erläutert Knecht. In einer gemeinsamen Datenbank ist ein Artikelstamm angelegt, der alle Materialien und deren Konditionen enthält. Der Einkäufer sieht über die Disposition der anderen Werke, welche Materialien dort aktuell gebraucht werden.

Zum Teil ist auch die gemeinsame Disposition bereits funktionsfähig. Zwar wird jedes Werk eine eigene Disposition behalten, jeder Disponent kann aber die kurzfristige Planung der anderen Werke einsehen. So lassen sich eigene Überkapazitäten auf freie Kapazitäten der Kooperationspartner auslagern. Ein gemeinsamer Vertrieb ist in Planung.

Der Server für die ERP-Applikation steht im gemeinsamen Rechenzentrum bei Bürkle in Fellbach, das von den beteiligten Unternehmen betrieben wird. Dort gibt es insgesamt sieben Server, auf denen neben der ERP-Lösung auch ein Fibu-System, der Terminal-Server "Metaframe" von Citrix und die Kommuniktaionssoftware Lotus Notes installiert sind. Über Metaframe greifen die Benutzer auf die Anwendungen zu. Die Independent Computing Architecture (ICA) trennt die Programmlogik von der Benutzeroberfläche und verlagert die Verarbeitung vollständig auf den Terminal-Server. Übertragen werden nur die Tastatureingaben, Mausklicks und Bildschirmmasken.

Im kaufmännischen Bereich bleiben die Daten der einzelnen Unternehmen strikt getrennt. Hier verwendet die Kooperation die Finanzbuchhaltungssoftware "Bauvision", die an das ERP-System gekoppelt ist.

"Man darf den Aufwand, den ein solches Projekt erfordert, nicht unterschätzen", betonen Knecht und Bürkle. Jede Artikelbezeichnung muss vereinheitlicht, Kostenträger müssen zusammengefasst werden, um nur zwei Punkte zu nennen." Einige Vorteile aus der Kooperation lassen sich aber jetzt schon erkennen. Im Einkauf können durch bessere Konditionen erhebliche Einsparungen erzielt werden. Und die gemeinsame Disposition lastet die Produktion besser aus. Nicht zuletzt konnten die IT-Ausgaben gesenkt werden, so die beiden DV-Leiter. Durch den gemeinsamen Betrieb von Rechenzentrum und Infrastruktur seien die Verwaltungs-, Wartungs- und Hardwarekosten um bis zu 40 Prozent reduziert worden. (js)

*Paul Vermeehren ist freier Journalist in Karlsruhe.

Die UnternehmenDie Otto Knecht GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Metzingen beschäftigt rund 320 Mitarbeiter. Das Hauptgeschäft ist die Herstellung von Fertigteilkellern.

Die Bürkle Unternehmensgruppe umfasst die Bereiche Bauunternehmung, Schlüsselfertigbau, Wohnungsbau und Betonfertigteile. Hauptsitz des Unternehmens mit 200 Mitarbeitern ist Fellbach. Hergestellt werden hauptsächlich Fertigtreppen.

Die Sikler Mohring GmbH hat ihren Sitz in Schorndorf und ist überwiegend im Großraum Stuttgart tätig. Hauptgeschäft des Unternehmens mit 35 Mitarbeitern ist die Herstellung von Betonfertigdecken.