Industrie 4.0 und IoT zum Anfassen bei der Smart Electronic Factory

Mittelständler senkt Fixkosten mit Industrie 4.0 um 50 Prozent

09.08.2018
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Die Limtronik GmbH, ein Dienstleister für Electronic Manufacturing Services (EMS), gehört hierzulande zu den Vorreitern in Sachen Industrie 4.0. Die Hessen haben intelligente Technologien mit Lean-Management-Prozessen kombiniert und nutzen ihr ERP-System als Schaltzentrale für die intelligente Fabrik.
Als real produzierende Elektronikfabrik stellt Limtronik auch die Umgebung für die Forschungs- und Entwicklungsplattform des Vereins Smart Electronic Factory e.V.
Als real produzierende Elektronikfabrik stellt Limtronik auch die Umgebung für die Forschungs- und Entwicklungsplattform des Vereins Smart Electronic Factory e.V.
Foto: zhu difeng - shutterstock.com

Die Limtronik GmbH beweist, dass sich Industrie 4.0 rechnet. "Durch die Identifikation von Bauteilen per Barcode erzielten wir Kostenersparnisse von knapp 53 Prozent", berichtet Gerd Ohl, Geschäftsführer der Limtronik GmbH, "zudem erreichten wir eine Verkürzung des Vorgangs auf 25 Prozent der ursprünglichen Zeit, wodurch unter anderem die Fixkosten um knapp 50 Prozent sanken". Neben den Kostenersparnissen konnte Limtronik die Qualität in der Produktion steigern.

Das Unternehmen im hessischen Limburg an der Lahn gehört hierzulande mit zu den Vorreitern in Sachen Industrie 4.0 und Smart Factory. "Über die Jahrzehnte entwickelte sich eine sehr hohe Industrie-4.0-Affinität im Unternehmen", unterstreicht Ohl. So engagiert sich Limtronik etwa im Verein Smart Electronic Factory e.V. (SEF), wo Konzepte und Szenarien im Industrie-4.0-Umfeld für das Branchensegment Elektronik entwickelt werden. Als real produzierende Elektronikfabrik stellt Limtronik zudem die Umgebung für die Forschungs- und Entwicklungsplattform des Vereins.

Dienstleister für EMS und JDM

Doch der Reihe nach. Die Limtronik GmbH startete im Jahr 2010 ihren Geschäftsbetrieb als Dienstleister für Electronic Manufacturing Services (EMS). Entstanden ist das Unternehmen aus einem ehemaligen Bosch-Leitwerk, in dem bereits seit 1970 elektronische Baugruppen gefertigt wurden. Seit der Gründung 2010 ist das Unternehmen jährlich im Durchschnitt um 13 Prozent gewachsen und strebt bis zum Jahr 2021 einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro an. Zudem sind die EMS-Experten mittlerweile auch im Joint Development Manufacturing (JDM) tätig: Sie bauen für ihre Kunden aus Industrie, Automobilbranche sowie Medizin- und Sicherheitstechnik maßgeschneiderte Prototypen und übernehmen später auf Wunsch die Serienproduktion.

Bereits Mitte der 90er Jahre wurde am Standort Limburg ein eigenes MES entwickelt und eingesetzt. Seit dieser Zeit ist das Fundament für die Teams, die Maschineneinrichtung und die Philosophie, Maschinen an ein übergeordnetes System anzubinden. Aufgrund der hohen Affinität der Elektro- und Elektronikindustrie zur Datenverarbeitung beschäftigte man sich schon früh bei Limtronik mit Themen, wie etwa die Bestückungsmaschinen mit Maschinenprogrammen zu versorgen oder mit dem ERP zu verknüpfen sind. Schon bald ging es dann um Fragen wie: Bis wann brauche ich die Teile? Wann müssen sie vor Ort sein? Wie buchen sie sich automatisch von den Maschinen ab? Kann ich von den Maschinen Daten direkt ins ERP übernehmen? "Letztlich befassten wir uns schon 2014 mit Technologien, die gerade für viele Unternehmen anderer Branchen noch sehr weit weg sind"; blickt Ohl zurück.

Orientierung zu Industrie 4.0

Diese Orientierung in Richtung Industrie 4.0 führte denn auch dazu, dass man bei Limtronik ein neues ERP-System als Schaltzentrale der Fabrik benötigte. "Die eingesetzte Lösung hielt den gestiegenen Anforderungen nicht mehr stand und stieß immer mehr an ihre Grenzen", schildert Ohl den damaligen Zustand. Gesucht wurde eine Plattform, die alle Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette steuern kann: vom Einkauf und der Materialwirtschaft über die Produktion und den Vertrieb bis hin zum Finanz- und Rechnungswesen. Gleichzeitig sollte das neue ERP-System das künftige Wachstum im In- und Ausland flexibel unterstützen, denn Limtronik unterhält noch eine weitere Fabrik in Aurora im US-Bundesstaat Colorado.

Ein lückenlose Traceability ist ein Wettbewerbsvorteil.
Ein lückenlose Traceability ist ein Wettbewerbsvorteil.
Foto: Limtronik GmbH

Bei Limtronik entschied man sich dann für die ERP-Lösung von proAlpha. Eine Entscheidung, für die mehrere Punkte sprachen. So kannte man den Anbieter bereits von der Zusammenarbeit im Rahmen der Smart Electronic Factory, denn proAlpha gehört zu den Gründungsmitgliedern des Vereins. Zudem sprachen für die ERP-Plattform Aspekte wie Multiressourcenplanung, Advanced Planning and Scheduling (APS), Business-Intelligence-Cockpits, die eine hohe Transparenz versprechen. Entscheidend war zudem, dass sich das proALPHA-ERP nahtlos in das derzeit verwendete MES von iTAC integrieren lässt. Ein Punkt, der für Limtronik deshalb so wichtig ist, weil so eine Brücke zwischen Produktions- und Planungsebene gebildet werden kann. Und dies ermöglicht unter anderem die lückenlose Rückverfolgbarkeit der verwendeten Bauteile.