Personal-Management/SAS-Personalchefin Anne Dörrhöfer im CW-Gespräch

"Mitarbeiter wollen lange bleiben"

22.08.2003
Das Angebot an Bewerbern ist groß, die freien Stellen auf dem IT-Arbeitsmarkt immer noch dünn gesät. Für Anne Dörrhöfer ist das kein Grund, sich zurückzulehnen. Die Personalchefin von SAS Deutschland sucht weiter nach neuen Mitarbeitern und setzt auf eine offene Unternehmenskultur.

CW: Die meisten IT-Firmen bauen Stellen ab. Wie sieht es bei SAS aus?

DÖRRHÖFER: Wir wollen die Belegschaft unserer deutschen Vertriebsniederlassung von derzeit rund 500 Leuten innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln. Zurzeit suchen wir hauptsächlich erfahrene Mitarbeiter für den Vertrieb. Angesichts unseres kontinuierlichen Umsatzwachstums und der guten Analystenprognosen für den Business-Intelligence-Markt könnten wir sicher noch mehr Bewerber einstellen, um schneller zu wachsen. Aber jede Firma kann nur eine begrenzte Zahl von neuen Mitarbeitern erfolgreich integrieren. Erfolgreich meint, dass die Unternehmenskultur auch weiter von allen Beschäftigten getragen wird. Deshalb werden wir nach wie vor kontinuierlich, aber moderat wachsen.

CW: Ist es heute leichter, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, als noch vor drei Jahren?

DÖRRHÖFER: Natürlich merken wir, dass sich der Arbeitsmarkt von Grund auf geändert hat und die Zahl der fachlich hoch qualifizierten Bewerber deutlich gestiegen ist. Einfacher ist die Auswahl jedoch nicht geworden, denn die fachliche Qualifikation reicht nicht aus, um bei SAS erfolgreich zu arbeiten. Wir erwarten Persönlichkeit, Kreativität und soziale Kompetenz von den Bewerbern: Schließlich bewegen sie sich bei uns in einem Umfeld, wo sie ihre Ideen selbstverantwortlich und engagiert umsetzen können, aber auch sich gegenseitig unterstützen und offen miteinander umgehen sollen.

CW: Hat sich Ihre Recruiting-Strategie angesichts der gewandelten Situation verändert?

DÖRRHÖFER: Ja, wir setzen heute mehr auf den direkten Kontakt als auf Anzeigen. Von gedruckten Inseraten sind wir weitgehend abgekommen. Unsere firmeneigene Web-Seite ist neben den bekannten Internet-Jobbörsen eine gute Adresse zur Kontaktaufnahme. Außerdem haben wir ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm, aus dem zahlreiche Kontakte zu Bewerbern resultieren.

CW: Haben sich auch die Bewerbungsstrategien entsprechend verändert?

DÖRRHÖFER: Viele Bewerber suchen den persönlichen Kontakt mit uns und sind kreativer in ihrer Ansprache. Wir bemerken auch, dass die Kandidaten mehrere Kanäle verwenden, um den Kontakt zu uns herzustellen. Die meisten nutzen unsere Homepage als erste Informationsquelle.

CW: Was ist Bewerbern wichtig? Haben sich die Erwartungen an ein Unternehmen gewandelt?

DÖRRHÖFER: Vor einiger Zeit noch haben viele Bewerber im persönlichen Gespräch zuerst einmal nach den Aktienoptionen oder Gewinnbeteiligungen gefragt. Diese Zeiten sind vorbei. Heute stehen Werte wie Firmenkultur, langfristige Partnerschaften mit den Mitarbeitern und Kunden sowie die Sicherheit des Arbeitsplatzes im Vordergrund.

CW: Viele Firmen denken zurzeit nicht über Programme zur Mitarbeiterbindung nach, weil sie davon ausgehen, dass es in schwierigen Zeiten reicht, einen sicheren Job zu haben. Ist Mitarbeitermotivation für Sie noch ein Thema?

DÖRRHÖFER: Der Sinn und Nutzen der Mitarbeiterbindung hängt nicht von der Situation auf dem Arbeitsmarkt ab. Hinter dem Ziel, Mitarbeiter zu binden und zu motivieren, steht der Gedanke, dass zufriedene Mitarbeiter zufriedene Kunden bedeuten. Erstere brauchen Freiräume, um ihre Ideen umzusetzen. Sie sind zufrieden, wenn sie sich weiterentwickeln können, wenn sie in einer offenen, kommunikativen Atmosphäre arbeiten und sehen, dass sie mit ihrem Engagement zum Unternehmenserfolg beitragen. Das alles ist eine Frage der Firmenkultur, ein aufwändiges Programm zur Mitarbeitermotivation kann grundlegende Werte wie Offenheit, Beständigkeit und gegenseitiges Vertrauen nicht ersetzen.

CW: Was bedeuten diese Werte, die Sie beschrieben haben, denn in der Praxis?

DÖRRHÖFER: Ein wesentlicher Bestandteil unserer Unternehmenskultur ist es, langfristige Partnerschaften mit unseren Mitarbeitern einzugehen. Deshalb betreiben wir bei der Auswahl der neuen Mitarbeiter einen hohen Aufwand und geben Bewerbern die Gelegenheit, sich in mehreren intensiven Gesprächen mit SAS-Mitarbeitern ein Bild vom Unternehmen zu machen. Wir bieten unseren Angestellten umfassende Weiterbildungsmöglichkeiten, die auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. So weit es die Tätigkeit zulässt, gehen wir bei der Arbeitszeitgestaltung auf die persönliche Situation des Mitarbeiters ein, etwa mit unserem flexiblen Arbeitszeitmodell oder der Möglichkeit von Home Office. Unsere niedrige Fluktua-tionsrate von vier Prozent pro Jahr mag ein Indikator für die Richtigkeit unserer Grundsätze sein, ein anderer ist sicher, dass unsere Mitarbeiter mit spürbarem Engagement, Ideenreichtum und viel Spaß ihrer Arbeit nachgehen.

CW: Welche Ausbildungsprogramme gibt es bei SAS?

DÖRRHÖFER: Wir kooperieren in der Ausbildung mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Berufsakademie und Universitäten. Zusammen mit der IHK bilden wir Bürokaufleute und IT-Systemintegratoren aus; in der dualen Ausbildung an der Berufsakademie unterstützen wir die Qualifizierung zum Diplom-Wirtschaftsinformatiker (BA). Mit Hochschulen arbeiten wir bei Praktika, Diplomarbeiten oder Promotionen, etwa in Form von Stipendien, zusammen. Unser "SAS Academic Club" versteht sich als Plattform für die Verzahnung von Lehre und Praxis: Studenten könne sich schon während ihrer Ausbildung in Vorträgen, Workshops und Seminaren mit unseren Lösungen vertraut machen.

CW: Welchen Stellenwert hat die interne Weiterbildung bei SAS?

DÖRRHÖFER: Grundsätzlich muss jeder Mitarbeiter beim Einstieg ein Training absolvieren, um auf seine neue Aufgabe vorbereitet zu sein. Die Dauer hängt davon ab, was der Teilnehmer danach tut. Ein aufwändiges internes Training im technischen Bereich ist fester Bestandteil unseres Einarbeitungsprogramms. Jeder neue Mitarbeiter durchläuft diese technische Ausbildung bei SAS, egal ob Hochschulabsolvent, Auszubildender oder erfahrener Techniker. Der Kurs ist modular aufgebaut und berücksichtigt die verschiedenen Aspekte und Techniken unserer Software. Je nach der künftigen Tätigkeit werden Praxiseinheiten integriert und Schwerpunkte gesetzt. So wird ein künftiger Projektleiter mehr in Richtung Projekt-Management, ein technischer Consultant mehr in Richtung "Bits und Bites" und ein Trainer in Richtung Curricula geschult. Nur so können wir die fachliche Qualifikation unserer Mitarbeiter garantieren. (am)

Zur Person

Anne Dörrhöfer (48) ist Mitglied der Geschäftsleitung bei SAS Deutschland und dort verantwortlich für die Bereiche Finance, Human Resources und Internal Services. Die studierte Wirtschaftsinformatikerin und -pädagogin arbeitet seit zwölf Jahren für den Business-Intelligence-Anbieter mit deutschem Hauptsitz in Heidelberg. Vor ihrem Einstieg bei SAS war sie als Controller und Financial Analyst in einem Industrieunternehmen tätig.