Massive Entlassungen nach der Übernahme

Mitarbeiter von World Online streiken im Nachtgewand

02.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Die Mitarbeiter des italienischen Internet-Service-Providers Tiscali besinnen sich auf ihre Rechte. Die Angestellten des vor kurzem übernommenen belgischen ISP World Online sind angesichts massiver Entlassungen in den Streik getreten.

Tiscali will Kosten von bis zu 600 Millionen Euro einsparen, um den Breakeven noch in der zweiten Jahreshälfte des kommenden Jahres zu erreichen. Diese Einsparungen äußern sich in einem rigorosen Abbau der Arbeitsplätze. Das im sardischen Cagliari beheimatete Unternehmen will die lokalen Einheiten von Tiscali und World Online zusammenlegen, da sich deren Zuständigkeiten in einigen Ländern überlappen. In den Niederlanden, der Heimat von World Online, wurden insgesamt 254 Jobs gekappt, in der Schweiz alle 63 Mitarbeiter entlassen. Weitere Kündigungen stehen in Spanien und Frankreich bevor.

Ungleichgewicht bei EntlassungenDie 85 Angestellten der belgischen Niederlassung von World Online sind in den Streik getreten, weil mehr als die Hälfte von ihnen den Job verlieren soll. Mitarbeiter der früheren Tiscali sind dagegen nicht betroffen - laut Angaben der Streikenden ist dies Teil der Absprache zwischen Tiscali und World Online. Seit dem 29. Januar wurde bei der belgischen World Online über einen Sozialplan verhandelt, doch das italienische Management verweigere inzwischen die Forderungen der Gewerkschaft, so Tom Garcia, Portal-Manager bei World Online Belgien. Er zitiert in diesem Zusammenhang interne Vermutungen, dass die Italiener unter sich bleiben wollen, und spricht ungeniert von "ethnischen Säuberungen in den europäischen Niederlassungen".

Website übernommenDie Mitarbeiter haben inzwischen ihren Protest auf die belgische Website gebracht, wo sie Lageberichte und ein Kondolenzbuch für Kommentare von Außenstehenden veröffentlichen sowie eine Datenbank betreiben, in der sie ihre Arbeitskraft anbieten. Außerdem trat die Belegschaft in einem symbolischen Akt einen Tag lang im Pyjama an.

Tiscali ist seit der Fusion mit World Online der zweitgrößte paneuropäische ISP nach T-Online. Konkurrenten sind die spanische Terra Lycos und die französische Wanadoo. Die Italiener halten 56,7 Prozent, die World-Online-Aktionäre 43,3 Prozent der Anteile. Erst vor kurzem trat World-Online-Chef James Kinsella nach Differenzen mit Chairman, Tiscali-Chef und -Gründer Renato Soru zurück. Dieser ist mit einer Beteiligung von 36 Prozent der größte Anteilseigner von Tiscali. Die Sandoz Foundation, vorher mit 44 Prozent größter World-Online-Aktionär, hält 18 Prozent an dem Unternehmen.