Projektleitung erfordert Führungsqualifikation und gute Informationspolitik:

Mitarbeiter rechtzeitig informieren

16.06.1989

Bereichsübergreifende Teamarbeit stößt in den Unternehmen nicht nur auf Begeisterung. Häufig reagieren die betroffenen Mitarbeiter mit Widerstand auf Veränderungen. Jürgen Hansel und Marion Schreeck erläutern, wie die Projektleitung auftretende Akzeptanzprobleme In den Griff bekommen kann.

Pirojektarbeit ist zwar zu einer Alltagsroutine geworden, doch stellen neue Informations- und Kommunikationssysteme erhöhte Anforderungen. Mit Einführung von CAD, CAM, CIM etc. im Fertigungsbereich und in der Bürokommunikation sowie dem Verwaltungsbereich, steigen Budget und Komplexität von Projekten sowie die Anzahl der Mitarbeiter. Viele Aspekte dieser Probleme sind noch Neuland, wie zum Beispiel Benutzeranforderungen, Entwicklungsstrategien oder technische Lösungskonzepte.

Aufgrund des starken Konkurrenzdrucks und der Unternehmensstrategien müssen diese Vorhaben jedoch genau vorbereitet werden. Das Projektkonzept bietet die Grundlage, um innovative Aufgabenstellungen mit einem interdisziplinären Team, in einer von der Hierarchie losgelösten Organisationsform zu unterstützen. Nachdem die Fähigkeit zur Innovation immer mehr zu einer Überlebensfrage für die Unternehmen geworden ist, hat Projektarbeit einen neuen Stellenwert erhalten. Die Betriebe müssen ein besonderes Augenmerk -auf die dort auftretenden Probleme werfen.

Eine zentrale Problematik ist der Widerstand gegen die durch Innovationen ausgelösten Veränderungen:

- Die Mitarbeiter im Fachbereich schimpfen, nörgeln und verrichten, ihre Arbeit nur noch lustlos.

- Der Projektleiter erlebt Informationsblockaden.

- Bei einem wichtigen Entscheidungstermin ist ein Entscheidungsträger plötzlich auf einer dringenden Dienstreise.

- Mitarbeiter loben die vergangenen Zeiten mit dem Tenor "Füher war alles besser".

- Die Betroffenen lehnen alle Vorschläge kategorisch ab, man hört von Kündigungsabsichten und Versetzungsanträgen.

Zu unterschiedlich sind die Situationen, uni Patentrezepte anbieten zu können. Zunächst einmal müssen Fragen beantwortet werden:

Was ist Widerstand?

Wie kann man Veränderungsprozesse begreifen?

Welche Ursachen und welche Lösungsansätze gibt es?

Widerstand ist nicht grundsätzlich falsch

Menschen und Unternehmen brauchen sowohl Veränderung als auch Stabilität. Firmen die sich nicht verändern, werden sehr schnell konkurrenzunfähig. Aber genauso wichtig wie Veränderung sind auch Kontinuität und Stabilität. Die Kräfte, die zur Stabilität bei Personen und Unternehmen beitragen, können als Widerstand verstanden werden. Dies grundsätzlich negativ zu bewerten, ist falsch, denn häufig werden praxisgerechte Lösungen erst dadurch erarbeitet, weil betroffene Mitarbeiter mit- dem ursprünglichen Lösungsvorschlag nicht einverstanden sind. Daraus folgt, daß das Verständnis von Widerstand überprüft und möglicherweise geändert werden muß.

Für den Projektleiter ist es also unabdingbar, den Hintergrund von Widerstand erkennen. Im vornhinein kann er durch frühzeitige Information und Beteiligung allerdings versuchen, den Widerstand so gering wie möglich zu halten. Treten die Probleme erst im Projektverlauf auf, sollte er auf jeden Fall den Widerstand ernst nehmen und mit ihm arbeiten - nicht gegen ihn.

Um Widerstände wirksam abbauen zu können, darf nicht nur an Symptomen kuriert werden. Die tieferliegenden Ursachen des Widerstands müssen vielmehr analysiert werden, um die Hintergründe und Befürchtungen der Mitarbeiter zu verstehen. Im Rahmen dieser Analyse ist zu klären, ob sich der Widerstand gegen die Projektergebnisse oder gegen die der Projektdurchführung richtet. Für den Projektleiter bedeutet das, er muß entweder eine geeignete Projektstrategie im Vorfeld auswählen oder die gewählte Strategie gegebenenfalls revidieren, um angemessen reagieren zu können.

Sind die Projektergebnisse Anlaß für Widerstand, liegt die Ursache häufig darin, daß die Betroffenen durch die Veränderungen negative Folgen befürchten. Eine Checkliste, die die möglichen Veränderungen und die daraus resultierenden positiven oder negativen Auswirkungen für Bereiche und Mitarbeiter systematisch erfaßt, kann hier gute Dienste leisten. Aspekte wie Verhaltensweisen, Gewohnheiten, soziale Beziehungen in Gruppen bis hin zu Zukunftsperspektiven, Gehalt und Machtverhältnisse sind zu beachten. Hierbei ist unerheblich, ob diese Auswirkungen der Tatsache entsprechen oder nur vermutet werden. Wichtig ist vielmehr, Verständnis für die Betroffenen zu gewinnen. Auf dieser Grundlage kann eine angemessene Vorgehensweise für das Projekt entwickelt und gegebenenfalls ein Ausgleich für zu starke negative Auswirkungen erarbeitet werden.

Ist die Art und Weise der Projektführung Anlaß für Widerstand, so betrifft dies in vielen Fällen mangelhafte Informationspolitik. Zu einer guten Information gehört deren Verständlichkeit, sowie die Darstellung ihrer positiven und negativen Auswirkungen. Vor allem muß rechtzeitig informiert werden. Nur so können Gerüchte vermieden werden.

Die aufgeführten Probleme und Lösungsansätze stellen nur einen Bruchteil der täglichen Anforderungen an den Projektleiter dar. Erfolg beziehungsweise Nichterfolg wird in starkem Maße an seiner Person und seinem Umfang mit eventuellem Widerstand festgemacht. Eine umfassende Basisausbildung des Projektleiters hilft, Führungsknow-how zu entwickeln. Dazu gehören Methoden und Techniken des Projektmanagements, Mitarbeiterführung, Gruppenarbeitstechniken sowie das Leiten von Veränderungsprozessen. Zu hoffen" daß Projektleiter aus Erfahrung lernen, ist viele Unternehmen schon teuer zu stehen gekommen. Die Bedeutung von Personalentwicklung für Projektleiter wächst in Zukunft mit der Bedeutung der Projektarbeit für Unternehmen.