Mit Zielsetzung für die achtziger Jahre:\Münchner Bank reorganisiert Schalterarbeitsplätze

02.10.1981

MÜNCHEN (CW) - Mit dem permanenten Wachstum im Bereich des Zahlungsverkehrs verzeichnete die Münchner Bank eG plötzlich eine abnehmende Produktivität der Schaltervorgänge. Um den heutigen Anforderungen an eine systematische Bearbeitung des Kundenpotentials und an verstärkte Aktivitäten in der Kundenberatung gerecht werden zu können, entschlossen sich die Münchner Banker daraufhin zur Neuorganisation ihrer Datenverarbeitung. Ziel der Umstellung: eine zeitgemäße, technische Abwicklung der "normalen" Schaltergeschäfte durch den Einsatz von bildschirm- und druckerorientierten Terminals in der Zentrale und allen Zweigstellen. Die Banker wählten das Terminalsystem BCS 90 der Bunker Ramo GmbH.

Die Münchner wollten mit ihrer Neuorganisation vor allem eine Rationalisierung im mengenorientierten Geschäft (Zahlungsverkehr) erreichen, um die Mitarbeiter für qualifizierte Tätigkeiten freizusetzen. Weiterhin sollte die Belegverarbeitung in der Zentrale beschleunigt und eine Verlagerung der Datenerfassung und -codierung bewirkt werden. Der Abbau von Arbeitsspitzen zu Ultimo- und Medio-Terminen sowie die Einheitlichkeit der Arbeitsplatze waren weitere Prämissen. Hinzu kam der Wunsch nach höherer Transparenz in den Geschäftsstellen über Geld- und Buchbestände durch Abrufmöglichkeiten zu jedem beliebigen Zeitpunkt Letztendlich sollten auch die zeitaufwendigen manuellen Tätigkeiten am Schalter durch den Einsatz von Terminal-Druckern abgebaut werden.

Online für die 80er

Besondere Beachtung zollte die Münchner Bank der Möglichkeit zur Umstellung des geplanten Offline-Betriebes ohne Hardware-Änderungen auf einen späteren Online-Betrieb einer weiteren Zielsetzung der Organisation für die achtziger Jahre.

In der geplanten Offline-Lösung war die Abwicklung sämtlicher Bartransaktionen vorgesehen, wie

- Kassenbestandsführung

- Giroverkehr (Ein- und Auszahlung)

- Sparverkehr (Ein- und Auszahlung, Nachträge) und

- Sortenverkehr (Ankauf und Verkauf)

Um den hohen Sicherheitsanforderungen der Münchner Rechnung zu tragen, wurde festgelegt, daß bestimmte Transaktionen nur von den dazu autorisierten Personen durchgeführt werden können. Deswegen führte das Geldinstitut ein Kennwortsystem ein. Entsprechend den jeweiligen Transaktionstypen sei hierbei zwischen Systemkennwort und Bedienerkennworten unterschieden worden.

Das Systemkennwort wurde, wie es heißt allen buchungsvorbereitenden Arbeiten, wie Systemeröffnung, Kasseneröffnung, Kassenabschluß und Systemabschluß, zugeordnet. Ebenso habe das Programm zwingend die Eingabe des Systemkennwortes bei Zugriffen auf verschiedene Dateien verlangt, wie Bedienerkennwortdatei Hinweisdatei (Schecksperren), Sortenbestandsdatei oder Sortenkursdatei.

Datensicherung bei Buchungsschluß

Weiterhin könnten pro Terminal fünf verschiedene Bediener zugeordnet werden. Jede gemäß Bedienerzuordnung zugelassene Person sei nach Anmeldung zur Durchführung bestimmter Einzeltransaktionen (Schaltertransaktionen) berechtigt. Durch eine Bedienerabmeldung könne diese Berechtigung rückgängig gemacht werden und somit das Terminal vor dem Eingriff nicht autorisierter Personen schützen. System- und Bedienerkennworte seien während des Eintastens am Bildschirm nicht sichtbar und würden auch nicht ausgedruckt.

Bei Buchungsschluß würden mit einer besonderen Transaktion ("Kopieren Diskette") die für den folgenden Buchungstag benötigten Daten wie Kassenanfangsbestand, Sortenbestand in Wahrung, Sorten-Währungskurse und Hinweisdatei auf einer neuen Diskette gesichert. Diese Diskette bilde die Grundlage für den neuen Buchungstag. Die "alte" Diskette gehe in die EDV zur Verbuchung. Es ist programmtechnisch sichergestellt, so die Banker, daß nicht "aus Versehen" die Diskette des laufenden Buchungstages überschrieben und somit die aktuellen Buchungen gelöscht werden können.

Nach einer unbeabsichtigten Systemunterbrechung, etwa bei Stromausfall oder Maschinenstörung durchlaufe das System nach erneutem Laden des Programmes eine Restart-Routine. Damit würden alle bis zum Zeitpunkt der Unterbrechung auf der Diskette gesicherten Systemwerte wieder zur Verfügung gestellt.

Bei jeder Schaltertransaktion lassen die Münchner verschiedene logische Schritte durchlaufen.

Durch den Bediener:

- Transaktionsanwahl

- Eingabe der Maskenfelder

- Abschluß der Eingabe

Durch das System:

- Prüfen der eingegebenen Werte

- Sparbuchdruck (Spartransaktion)

- Belegdruck inklusive OCR A-Codierung

- Nachführen der Zähler

- Schreiben des Übergabeformates auf die Diskette

Bei der Planung der Offline-Lösung ging das Geldinstitut davon aus, daß jede Geschäftsstelle technisch einheitlich gestaltet werden sollte. Nur die Anzahl der installierten Terminals sollte pro Geschäftsstelle variabel sein. Dementsprechend sei auch in jede mit Terminalarbeitsplätzen ausgerüstete Geschäftsstelle je eine Steuereinheit mit einer Speicherkapazität von 56 KB installiert worden. Daran angeschlossen sei jeweils ein Floppy-Disk-Laufwerk zur Speicherung und Sicherung der Dateien, Bestände und der erfaßten Daten. Da sich auf jeder Diskette auch das Programm befinde, sei pro Buchungsschnitt nur ein einmaliger Diskettenwechsel notwendig Die Kapazität der Diskette betrage 256 KB.

Da grundsätzlich an sämtlichen Schalterplätzen auch alle durchzuführenden Transaktionen in gleicher Weise ablaufen sollten, entschieden sich die Münchner generell für die Installation von nur einem Bildschirmtyp.

Bei der derzeitigen Offline-Lösung seien die Anforderungen der Revision durch den logischen Aufbau dieses Organisationskonzeptes bereits voll berücksichtigt. Die programmierten Kontrollen und die vorgeschriebenen Programmabläufe würden sicherstellen, daß die einzelnen Arbeitsgänge in immer gleicher Weise mit derselben Genauigkeit durchgeführt werden. Damit sei eine größtmögliche Sicherheit erreicht und Mißbrauch ausgeschaltet. In diesem Zusammenhang weisen die Banker darauf hin, daß sämtliche in dieser Offline-Lösung durchgeführten Stornobuchungen bilanzneutral sind.

Da den Banker-Angaben zufolge sämtliche Bar-Transaktionen bereits buchungsgerecht auf Floppy Disk erfaßt werden, entfalle eine zusätzliche Erfassung in der Zentrale. So habe sich bei einem Mittelwert von zirka 2100 Belegen pro Tag und einer Erfassungsleistung von etwa 500 Belegen/ Stunde in der zentralen Datenerfassung eine Zeitersparnis von

(2100 Belegen/Tag) : (500 Belegen/Stunde) = 4,2 Stunden/Tag ergeben, ohne daß ein Mehraufwand im Schaltergeschäft entstehe.

Bereits am Schalter würden in betriebsarmen Zeiten mit dem eingesetzten Drucker Schecks und Überweisungen vorcodiert, so daß das Beleggut bereits maschinell lesbar in der Zentrale vorliege. Bei einer Stückzahl von zirka 2700 Belegen und einer Codierleistung von 3 00 Belegen pro Stunde - inklusiv Aufsuchen der Bankleitzahl - ergebe sich nach Aussagen der Münchner eine Einsparung von (2700 Belegen/Tag) : (300 Belege/Stunde) = 9 Stunden/Tag

Die Terminalisierung der Münchner Bank-Schalter habe demzufolge in den zentralen Abteilungen Datenerfassung (zirka 4,2 Stunden/Tag) und Codierung (zirka 9,0 Stunden/Tag) insgesamt 13,2 Stunden tägliche Zeitersparnis gebracht.

Um bei steigenden Geschäftsvolumen auf keine Engpässe zu stoßen, sei es zusätzlich notwendig gewesen, eine Analyse des Mengengerüstes vorzunehmen. Dieser Analyse liege ein Wert von zirka 200 Geschäftsvorfällen pro Tag und pro Zweigstelle zugrunde. Unter Hinzurechnung eines Steigerungssatzes von zirka zehn Prozent erhöhe sich die Zahl von zweihundert auf 220 Geschäftsvorfälle.

Das Verhältnis Giro- zu Spargeschäftsvorfällen sei in der Praxis etwa 80 : 20.

Sämtliche Transaktionen würden auf einer Floppy Disk mit einer Gesamtkapazität von 250 000 Zeichen abgespeichert.

Die bisherigen Ergebnisse hätten gezeigt, daß aufgrund des Datenvolumens keine Engpässe zu erwarten seien. Außerdem wäre noch genügend Kapazität für das Anwenderprogramm und diverse Dateien, wie

- Sortenbestandsdatei

- Sortenkursdatei

- Bedienerverzeichnis vorhanden.

Die Realisierung des Projektes wurde schrittweise in mehreren Stufen geplant:

Stufe I: Umstellung der größten Geschäftsstellen auf der Basis der Schalter-Offline-Lösung. In dieser Stufe werden 60 bis 70 Prozent des Belegvolumens erfaßt.

Stufe II: Ausstatten der restlichen Geschäftsstellen mit Schalterterminals gemäß der Offline-Lösung.

Mögliche Zwischenstufe: Online-Batch-Betrieb über Wähl- oder Standleitung

Stufe III: Realisierung eines Online-Betriebes (wenn notwendig). Bisher wurde nur Stufe I realisiert.

Beleg- und Datenfluß heute

Die Terminalisierung der Geschäftsstellen allein genüge noch nicht, so die Münchner, um einen optimalen Beleg- und Datenfluß zu erreichen. So sei gleichzeitig mit der Installation der Schalterarbeitsplätze auch die elektronische Beleglesung eingeführt worden. Damit könnten die Vorteile der bis jetzt realisierten Schalterneuorganisation voll genutzt werden.

Als Endziel für die Beleglesung wollen die Banker, daß nicht nur internes und externes Belegmaterial gelesen wird, sondern auch eine Sortierung des Anlagenmaterials (in aufsteigender Reihenfolge nach Kontonummern) erfolgen kann.