Als Neuerung sticht unter anderem das Spanning-Tree-Protokoll hervor

Mit und ohne OSI: Gateways sind noch nicht wegzudenken

27.04.1990

Die Aufgabe, unterschiedliche LANs, aber auch VANs und LANs zu verbinden, erfordert Konvertierungen und Protokollschicht-Umwandlungen. Mit und ohne OSI auf den oberen Protokollebenen können diese Brückenschläge als Dauerlösung betrachtet werden, da sie gerade bei der Migration zu offenen Standards eine wichtige Rolle spielen.

Gateways zwischen unterschiedlichen Netzen sind, was die Aufgabe betrifft, vergleichbar mit Dolmetschern. Es wird sie solange geben, solange es Verständigungsprobleme gibt. Wie lange also noch? Gibt es bald den universellen Netztyp WAN und LAN?

Auch wenn der Begriff OSI hier und da solche Erwartungen weckt, wird dies nicht so schnell der Fall sein. Genausogut könnte man die Frage stellen, wie lange es noch Sportwagen, Reiselimousinen und Geländewagen geben wird und warum nicht endlich den geländegängigen Porsche für acht bis zehn Personen, Spitze 250 Kilometer pro Stunde.

Manchmal ist eben Geschwindigkeit gefragt, und ein anderes Mal sind es andere Kriterien, die über den für die jeweilige Anwendung passenden Netztyp entscheiden.

Auswahlkriterien für Netze werden sicher nicht nur durch die Normierung vorgegeben. Wirtschaftlich und problemorientiert soll das Ganze ja auch sein. "Welche Geschwindigkeit benötigen wir eigentlich an welcher Stelle?" Diese Frage wird leider nicht häufig genug gestellt oder einfach mit "so schnell wie möglich" beantwortet.

Die Ankündigung des Token-Rings 16 MBit pro Sekunde von IBM und die Reaktion der Anwender darauf ist sicher ein gutes Beispiel. Kaum ein Anwender wollte die "alte" Version mit vier MBit pro Sekunde noch erwerben und das, obwohl die Last im existierenden vier-MB/s-Ring nicht selten unter vier Prozent im Mittel lag und IBM die Variante mit 16 MBit pro Sekunde mehr für Backbone-Strukturen entwickelt hatte.

Die Lieferprobleme des oder der Hersteller brachten dann zum Schluß zahlreiche Anwender und Planer auf den Boden der Tatsachen zurück. Ansonsten gäbe es heute wohl wesentlich mehr schlecht genutzte und damit unwirtschaftliche 16-MB/s-Installationen.

Es ist fraglich, ob FDDI-Geschwindigkeiten (100 MBit pro Sekunde) an jedem Arbeitsplatz erforderlich sind. Nur gut zum Beispiel, daß die Planer der Deutschen Bundesbahn nicht so denken. Dann nämlich gäbe es nur noch Intercity-Züge, auch in Jedem Vorort, und die Zahlen wären noch roter. Lassen wir das, sonst ziehen wir uns noch den Zorn der ganz "innovativen" Netzwerkplaner und vor allem der High-Tech-Verkäufer zu. Gehen wir doch einfach davon aus, daß es noch lange diverse Topologien, Netzwerk-Architekturen etc. geben wird. Je nach Aufgabenstellung und benötigter Performance. Auch solche, die nicht den strengen OSI-Normierungen gehorchen und trotzdem einen guten Job tun.

Gemeint sind die Gateways zwischen OSIs und Non-OSIs, LANs und LANs, WANs und WANs, LANs und VANs.

Genau genommen unterscheidet man abhängig von der Aufgabe dieses "Gateways" zwischen den Begriffen Repeater, Bridge, Router und Gateway.

Eine Kurzbeschreibung dieser Komponenten, wie sie in den ergänzten Kästen vorgenommen wird, bringt hoffentlich etwas Klarheit in das Fachchinesisch der Hersteller, Anbieter und sonstigen "Netzwerk-Gurus".

Leider weisen die Pressemitteilungen der Hersteller, aber auch die Glanzbroschüren mißdeutende Begriffe aus. Eine Bridge des Herstellers A kann somit durchaus ein Router sein (oder umgekehrt). Kein Wunder also, wenn es bequemer ist, den globalen Begriff Gateway für alle möglichen Konvertierungsaufgaben zu wählen. Wie in diesem Artikel. Nicht zu verwechseln bitte mit dem Gateway streng nach Vorschrift beziehungsweise Normierung.

Protokollanpassungen und Konvertierungen in den Endgeräten, also in den Vorrechnern oder Steuereinheiten, können (müssen, sollen) selbst vorgenommen werden. Per Software vielleicht.

Doch da ist noch das Problem des Routing. IBM-Token-Ringe nach 802.5 verwenden das sogenannte Source-Routing-Verfahren. Die Source, also der Absender, bestimmt, welcher Transportweg von A nach B eingehalten werden muß. Aus der Sicht des Netzwerk-Managements ein pflegeleichtes und jederzeit nachvollziehbares Verfahren. Es erfordert aber Bridges beziehungsweise Router oder Brouter die mitdenken und aufgrund der mitgelieferten Transportinformationen den richtigen Weg wählen. Aktive Netzknoten also, und die findet man eben nur im Netz und nirgendwo sonst.

Auch im Ethernet-Lager hat sich da einiges getan. Um die notwendige Redundanz und damit Ausfallsicherheit zu schaffen, heißt die Lösung Spanning Tree-Protokoll (802.1 D). Mehrere Bridges beziehungsweise Router statt einer einzigen. Auch bei diesem Verfahren ist mehr Intelligenz innerhalb der Komponenten erforderlich.

Es ist ohne weiteres denkbar, beide Verfahren in einer Bridge beziehungsweise einem Router nebeneinander abzuwickeln. Je nach Wunsch und Anforderung des Anwenders. Wenn schon intelligent, warum dann nicht einen Schritt weiter gehen und sie zu ausgewachsenen Gateways machen? Also auch für die Verbindung zwischen unterschiedlichen Netzen, Ethernet zu Token etwa, mit oder ohne WAN dazwischen (Remote Bridges).Oder Low Speed nach High Speed. Ethernet-Basisband nach FDDI. Anläßlich der Communication Networks in Washington gab es zahlreiche Produktvorstellungen für nahezu alle denkbaren Connectivity-Wünsche.

Weiterhin provisorische Dauerlösungen

Das Problem "Keep the Network Running" läßt sich zumindest zum großen Teil dadurch lösen, indem man ständig gut über das Geschehen im Netz informiert bleibt. Informationen werden am besten dort gesammelt, wo Probleme auftreten. Im Netz also.

Und genau dort gibt es ja Gateways, Repeater, Bridges, Router, Brouter. Ach, nennen wir sie doch einfach wieder Gateways. Beim SNMP-Konzept (Simple Network Management Protocol) liefern Netzwerk-Komponenten Alarmmeldungen und Statistiken. Mit Migrationsmöglichkeit nach OSl! Das macht diese "Gateways" nahezu unersetzlich.

Verändern werden sie sich natürlich weiterhin und somit eine provisorische Dauerlösung bleiben. Noch lange. Trotz OSI oder gerade wegen OSI.

Router

Sie übernehmen die Aufgaben von Bridges manchmal gleich mit und zusätzlich Vermittlungsaufgaben (Ebene 3 ISO). Dank ihrer integrierten Intelligenz entscheiden sie nicht selten über den schnellsten, wirtschaftlichsten Weg der Pakete zwischen Absender und Empfänger. Auch andere Kriterien wie Ersatzwegschaltung bei Ausfall einer Strecke oder bei hoher Last können berücksichtigt werden.

An den beiden Enden des Routers können sich auch unterschiedliche Netze (zum Beispiel Ethernet und Token-Ring) befinden.

Bridges

Das Aufgabengebiet der Bridge reicht nur bis zur Ebene 2 des ISO-Modells. Ein Teil der Adreßinformation eines jeden gesendeten Pakets wird interpretiert, mit der gespeicherten Adreßtabelle in der Bridge verglichen und bei positivem Match über die Brücke zum Teilnetz am anderen Ende der Bridge übertragen. Die Geschwindigkeit an den beiden Seiten der Bridge kann unterschiedlich sein. Eine lokale Token-Ring-Bridge zum Beispiel kann einen 4 MB/s-Token-Ring mit dem 16 MB/s-schnellen Backbone-Ring verbinden.

Remote-Bridges gibt es immer paarweise. Sie verbinden so zwei Netze miteinander über ein anderes Netz (ein WAN etwa). Beispiel: Zwei Token-Ringe verbunden über ein öffentliches X.25-Netz.

Brouter

Wie die Bezeichnung schon vermuten läßt, handelt es sich um einen Mix zwischen einer Bridge und einem Router.

Ob mehr Bridge und weniger Router oder umgekehrt, zeigt erst eine nähere Untersuchung der Datenblätter beziehungsweise Handbücher des Produktes.

An beiden Enden des Brouters können sich Netze mit unterschiedlicher Topologie und verschiedenen Lower-Level-Protokollen, jedoch mit kompatiblen Protokollen oberhalb der Ebene 3 nach ISO, befinden.

Repeater

Repeater erledigen ihren Job auf der untersten Stufe des OSI/ISO-Modells, indem sie einfach die Signale eines Ethernet-Segments oder Token-Rings regenerieren, also verstärken, und dem nächsten Segment oder Ring so anbieten. Der Repeater kümmert sich nicht um Adressen etc. und arbeitet immer mit der Geschwindigkeit der beiden zu verbindenden Teilnetze.

Gateways

Diese operieren auf den höheren Ebenen des ISO-Modells. Es werden Protokolle konvertiert (Session, Presentation und sogar Application je nach Produkt), aber auch die dynamische Umschaltung zwischen mehreren Sessions kann realisiert werden. Gateways erlauben, um nur ein Beispiel zu nennen, den Zugriff asynchroner Terminals, die in einem Ethernet-Segment installiert sind (etwa VT 100, VT 220) auf einen IBM-Computer unter SNA.

Bei diesem Beispiel können alle ISO-Schichten von 1-6 in das Aufgabengebiet des Gateways einbezogen sein.

Bild 1 zeigt das ganze noch einmal in grafischer Form. Bild 2 und 3 verdeutlichen detaillierter die Beziehungen zwischen OSI/ISO und den diversen LAN-Typen nach IEEE 802.