Mit Six Sigma die IT industrialisieren

06.12.2007
Von Dr. Walter Reithofer

Die fünf Phasen des Projekts

Das Qimonda-Projekt ist aufgeteilt in die bekannten Six-Sigma-Phasen Define, Measure, Analyse, Improve, Control (DMAIC). In der Define-Phase wurden zunächst die Basisdaten aus dem Service-Management-Tool extrahiert und in allen Einzelheiten statistisch analysiert. Es handelte sich um Informationen zu insgesamt 11 000 Vorfällen, die in einem Beobachtungszeitraum von zwei Monaten abgeschlossen worden waren.

In der Measure-Phase galt es, festzustellen, wie gut der bestehende Prozess die Kundenanforderungen erfüllte. Bereits hier ergaben sich einige interessante Erkenntnisse: Beispielsweise richtete sich die Bearbeitungsdauer im Wesentlichen nach der Priorität des Vorfalls. Diese Priorität legte der Service-Desk allerdings nach sehr unterschiedlichen Kriterien fest. Und dabei richtete er sich im Allgemeinen nicht nach den für diesen Service abgeschlossenen Service-Level-Agreements (SLAs).

Zudem ließ sich ein Unterschied in der Streuung der Vorfall-Bearbeitungsdauer ausmachen – je nachdem, ob es sich um Vorfälle an Arbeitstagen oder an Feiertagen handelte. Dieser Effekt war letztlich auf eine partielle Vermischung der eigentlich getrennten Abläufe von Incident- und Problem-Management zurückführbar. Das passierte vorzugsweise an Arbeitstagen, wenn sich die Experten vom Third-Level-Support teilweise sofort und sehr zeitintensiv darum kümmerten, die Ursachen zu beheben. An Feiertagen hingegen konzentrieren sich die Mitarbeiter vom First- und Second-Level-Support darauf, ein Problem möglichst schnell über eine provisorische Lösung zu entschärfen. Die Behebung der Ursache wird auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, wenn sie ohne Zeitdruck geschehen kann. Schließlich wurde auch offenbar, dass Bearbeitungsdauer je nach Support-Gruppe variierte. Sie war durchweg länger in Gruppen, die insgesamt weniger Vorfälle zu bearbeiten hatten.

Hypothesen über Ursache und Wirkung

Die erhobenen Daten wurden in der Analyse-Phase weiter ausgewertet. Ausgehend von einer detaillierten Prozessabbildung generierte das Team anhand einer C&E-Matrix (Causes-and-Effects-oder auch Ursache-Wirkungs-Diagramm) erste Hypothesen über Ursache und Wirkung. (Ein Verzeichnis von Abkürzungen im Six-Sigma-Umfeld finden Sie bei "SixSigmaFriends.com") Die vorgeschlagenen Maßnahmen bewertet Qimonda mit Hilfe einer detaillierten Prozess-FMEA (Failure Method and Effects Analysis).

Die konkreten Maßnahmen werden in der Improve-Phase umgesetzt. Sie zielen auf eine Datenbereinigung des Systems, eine stärkere Konzentration auf die SLAs und eine konsequente Aufarbeitung der Priorisierungsregeln. Als weitere Erfolgsfaktoren haben sich eine lückenlose Statusüberwachung und ein stärkeres Ausrichten der Betriebsabläufe an den Anwendern herauskristallisiert.

Das Projekt befindet sich derzeit im Abschluss. Ein quantitativer Nachweis darüber, ob alle Projektziele erreicht wurden, liegt noch nicht vor. Es besteht aber kein Zweifel, dass mit den umgesetzten Maßnahmen deutliche Verbesserungen erzielbar sind.

Das Fazit ist durchweg positiv

Damit wäre der Beweis erbracht, dass Methoden, die ursprünglich zur Verbesserung industrieller Produktionsprozesse entwickelt wurden, auch die IT-Betriebsabläufe optimieren können. Das gilt insbesondere für die Verbindung von Lean Six Sigma mit einer Strukturierung der IT-Prozesse nach Itil: Das Referenzmodell liefert den Bezugsrahmen dafür, wie die IT-Abläufe inhaltlich zu strukturieren sind. Darauf aufbauend, ermöglicht L6S eine Verbesserung der Prozesse unter Berücksichtigung quantitativer Aspekte.

Profitieren werden davon besonders die IT-Abteilungen in industriellen Unternehmen: Mit der Vereinheitlichung der von IT-Abteilung und internen Kunden angewendeten Methode rücken die beiden Unternehmensbereiche gedanklich näher zusammen. Das viel beschriebene "IT-Business Alignment" lässt sich deutlich leichter herstellen, wenn alle Beteiligten nach denselben Prinzipien und Methoden arbeiten und eine gemeinsame Sprache sprechen. (qua)