Business Intelligence

Mit Simulationen zu besseren Entscheidungen

21.05.2013
Von Oliver Jünemann und Vincent Fourmi
Simulationssysteme sind wertvolle Werkzeuge für Entscheider in den Unternehmen. Sie können strategische Vorteile bieten, wenn es darum geht, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Doch um das zu leisten, müssen die Systeme einige wichtige Voraussetzungen erfüllen.

Wie wirken sich Kursschwankungen des Euro auf Absatz und Ertrag aus? Was sind die Folgen, wenn sich die Verfügbarkeit des neuen Produkts um acht Wochen verzögert? Was passiert mit dem Luftfrachtgeschäft, wenn unser Hauptflughafen ein Nachtflugverbot erhält? Unternehmen stehen regelmäßig vor solchen Fragen: Was geschieht, wenn besondere, manchmal undenkbare, Ereignisse eintreten und wie lässt sich gegensteuern? Um in diesen Situationen die passenden Antworten zu finden und richtig zu reagieren, benötigen Unternehmen konsistente Simulationssysteme mit integrierten Einzelplänen, die zudem frei von Doppelplanungen und Planungswidersprüchen sind.

Solche Simulationssysteme gehen über Lösungen für Predictive Analytics hinaus, die für den Blick in die Zukunft vor allem statistische Verfahren nutzen. Simulationslösungen sind dagegen in der Lage, abhängig von frei definierbaren Bedingungen komplette künftige Unternehmensszenarien zu erstellen. Dafür nutzen die Lösungen Daten der Vergangenheit, Ist- und Plan-Daten sowie bekannte Zusammenhänge zwischen verschiedenen Treibern und Prozessen.

Treiberbasierte Simulation

Wertebaum Forecast Vertrieb: Wie verändern sich Personalbedarf, Umsatz und Deckungsbeitrag, wenn das Unternehmen die Zahl der Kundenbesuche erhöht? Eine Simulationslösung bildet vielfältige Zusammenhänge im Unternehmen ab. Auf diese Weise lassen sich alle erdenklichen Szenarien simulieren.
Wertebaum Forecast Vertrieb: Wie verändern sich Personalbedarf, Umsatz und Deckungsbeitrag, wenn das Unternehmen die Zahl der Kundenbesuche erhöht? Eine Simulationslösung bildet vielfältige Zusammenhänge im Unternehmen ab. Auf diese Weise lassen sich alle erdenklichen Szenarien simulieren.
Foto: Woodmark Consulting

Simulationssysteme arbeiten meist treiberbasiert, das heißt, Manager verändern zunächst eine oder mehrere Stellschrauben, zum Beispiel Umsatz, Rohstoffpreis oder Mitarbeiterzahl. Abhängig davon ergeben sich dann Verschiebungen in allen möglichen Bereichen des Unternehmens. Auf diese Weise lassen sich für bestimmte Szenarien schnell erfolgversprechende Maßnahmen entwickeln und testen.

Nötig sind solche Systeme insbesondere für Unternehmen, die auf volatilen Märkten tätig sind. Stahlunternehmen zum Beispiel sind stark abhängig von kurzfristig veränderlichen Rohstoffpreisen und Devisenkursen. Mit einem Simulationssystem in der Einkaufabteilung sind diese Firmen zum Beispiel in der Lage, schnell zu erkennen, wie sich verschiedene Kombinationen von Rohstahl- und Erzpreis sowie Euro- und Dollarkurs auf das aktuelle Geschäft auswirken.

Neben treiberbasierten Ansätzen gibt es Simulationen, die bestimmte Größen als gegeben festlegen. Daraufhin ermitteln sie optimale Kombinationen weiterer Faktoren, um bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Wenn zum Beispiel die Zahl der Mitarbeiter im Vertrieb konstant bleibt, kann das System ermitteln, wie die Mitarbeiter auf die einzelnen Vertriebsregionen sowie Innen- und Außendienst am besten aufzuteilen sind, um maximalen Umsatz zu erzielen.

Multidimensional und In-Memory

Technische Grundlage dafür sind multidimensionale Datenbanksysteme. Diese setzen häufig In-Memory-Verfahren ein, die Arbeitsspeicher statt Festplatten nutzen, um deutlich verkürzte Zugriffszeiten zu erzielen. Das ermöglicht komplexe Berechnungen in sehr hoher Geschwindigkeit. Die Ergebnisse stehen innerhalb von Sekunden zur Verfügung. Mögliche multidimensionale Cubes sind zum Beispiel "IBM Cognos TM1", "SAP Hana" und "Oracle Essbase".

Multidimensionale Datenbanksysteme betrachten Daten nach mehreren Dimensionen, zum Beispiel Produktbezeichnung, Kunde, Verkäufer, Verkaufsort, Vertriebsregion oder Zeitraum. Hinzu kommen verschiedene Hierarchien je Dimension, für den Zeitraum zum Beispiel Jahre, Halbjahre, Quartale, Monate, Wochen oder Tage. Der Vorteil ist, dass Benutzer die Daten nach allen erdenklichen Kombinationen von Dimensionen und Hierarchien beliebig darstellen und verarbeiten können. Damit ist es möglich, komplexe Szenarien mit vielfältigen Zusammenhängen zu erfassen und auszuwerten. Um die Performance hoch zu halten, sollten jedoch nicht mehr als sieben bis zehn Dimensionen zum Einsatz kommen.

Grenzen und Tücken von Excel

Eine Simulations-Lösung kann auf eine vorhandene integrierte Planungslösung aufsetzen, die auf das ERP-System und ein Datawarehouse zugreift. Kompakte Simulationslösungen wie "IBM Cognos Insight" eignen sich zudem, um losgelöst von den übrigen Unternehmensanwendungen zu arbeiten. Zumal, wenn es im Unternehmen bereits Simulationsmodelle etwa in Excel gibt, die sich auf die multidimensionale Basis von Cognos Insight übertragen lassen.

Multidimensionale Simulationssysteme unterscheiden sich grundlegend von Excel: Die Tabellenkalkulation arbeitet mit maximal vier Dimensionen, abgebildet in Zeilen, Spalten, Reitern und Dateien. Zudem wird den Anwendern in Excel schnell die eigene Flexibilität zum Verhängnis: Für jedes Feld lassen sich individuelle Formeln definieren. Sollen Excel-Dateien später jedoch aktualisiert werden, führt dies zu einem enormen Pflegeaufwand und hohem Fehlerrisiko. Pflegt ein Controller zum Beispiel für mehrere Niederlassungen je ein Excel-Sheet, muss er zahlreiche einzelne Formeln in allen Sheets nachziehen, sobald sich übergeordnete Prozesse, Abläufe oder Stammdaten ändern.

Simulationen brauchen klares Konzept

Bei der Konzeption einer Simulationslösung kommt es zunächst darauf an, Fach- und Technologiekompetenz zusammenzuführen. Für die Unternehmensberatung Woodmark Consulting ist bereits die Auswahl des Beraterpersonals entscheidend: Gefragt sind fachlich spezialisierte Berater, die im Team sämtliche Unternehmensbereiche von Marketing über Einkauf und Logistik bis zur Fertigung sowie möglichst verschiedene Branchen abdecken. Zudem ist in vielen Jahren gewachsenes technisches Know-how nötig. Mit Hilfe solcher Berater lassen sich Simulationssysteme realisieren, die alle Anforderungen von Unternehmensführung und Fachabteilungen erfüllen sowie technisch praktikabel sind.

Die Vorbereitung eines Simulationsprojekts verläuft dabei nach einem einheitlichen Schema: Startschuss ist ein Planungsworkshop. Dieser bezieht alle Beteiligten ein, zum Beispiel Geschäftsleitung, Controlling, Vertrieb und IT. Im Workshop geht es zunächst darum, die Anforderungen und die Grundlagen des fachlichen Konzepts klar herauszuarbeiten.

Im nächsten Schritt taucht das Team aus Beratern und Mitarbeitern tief in die Prozesse und Bereiche des Unternehmens ein, um die Abhängigkeiten der zugehörigen Kennzahlen zu identifizieren. Ziel ist dabei, deren Zusammenspiel in der Simulationslösung genau abzubilden. Soll zum Beispiel die Vertriebsregion Norddeutschland ihren Umsatz erhöhen, hat dies vielfältige Auswirkungen: Im Vertrieb kann zusätzliches Personal nötig werden. Oder die Kosten für Dienstwagen, Geschäftsreisen und IT-Support steigen. Diese Zusammenhänge gilt es zuverlässig zu operationalisieren, um später alle erdenklichen Szenarien reibungslos darstellen zu können.

Sind alle relevanten Zusammenhänge abgebildet, lässt sich für jede beliebige Veränderung simulieren, wie sie sich das auf wichtige Kennzahlen wie Material-, Personal- und Sachkosten, Rohertrag, Deckungsbeiträge und letztendlich das Ergebnis des Unternehmens auswirkt.