Alliant wertet FX2800-Familie durch Erweiterung auf

Mit RISC-Supercomputer in die verteilte Datenverarbeitung

08.03.1991

MÜNCHEN (jm) - Mit einem kleinen Supercomputer - FX/800 -, der vor allem in Topologien verteilter Datenhaltung zum Einsatz kommen soll, sowie mit sechs Entwicklungen, die besonders I/0- und datenintensiven Applikationen auf Alliants FX/2800-Supercomputer nutzen dürften, hat der Hersteller aus Littleton, Massachusetts, die Aufmerksamkeit auf seine RISC-Höchstleistungsrechner gelenkt.

Neben dem mit bis zu maximal 28 RISC-Prozessoren des Typs 860 von Intel ausgestatteten FX/2800 kann der Anwender mit dem kleineren Modell FX/800 nun Cluster für verteilte Datenhaltung aufbauen. Die Rechner lassen sich dabei über Hochgeschwindigkeitsnetze wie FDDI und Ultranet verbinden.

Der FX/800 rechnet mit zwei bis höchstens acht Prozessoren, er kann auf einen gemeinsamen Arbeitsspeicher von bis zu 0,5 GB zugreifen und soll laut Unternehmensangaben als theoretische Spitzenleistung bis zu 320 Mflops erzielen. Die Preise für den Einstieg in Alliants Supercomputerwelt bewegen sich zwischen knapp 190 000 und etwa 600 000 Dollar. Das FX/800-Einstiegsmodell mit zwei Prozessoren, 32 MB Arbeitsspeicher sowie 1-GB-SCSI-Festplatte ist sofort lieferbar.

Kolja Kuse, Vertriebsleiter der Alliant Computer Systems GmbH, meinte anläßlich der Vorstellung, der kleine Bruder sei vollständig Binärcode-kompatibel zur FX/2800, ein Umstieg auf das leistungsstärkere System sei somit ohne weiteres möglich.

Auf Fragen, wieweit die 55 bislang verfügbaren Software-Anwendungen des FX/2800-Rechners für Parallelverarbeitung optimiert seien, meinte Alliants CEO und President Craig Mundie, ein Großteil der Applikationen sei von den FX/40- und FX/80-Vorläufersystemen übernommen. Diese arbeiteten bekanntlich noch mit dem Motorola-Prozessor 68020. 1988 hatte sich der Supercomputer-Hersteller entschlossen, auf Intels 860-RISC-Prozessor umzusteigen und damit prompt erhebliche Software-Probleme generiert.

Die negativen Geschäftszahlen der Alliant brachte Mundie denn auch in Verbindung mit diesem technologischen Umschwung: "Wir haben eine schwierige Unternehmensphase hinter uns. Der Technikschwenk auf die Intel-CPU 1988 brachte es mit sich, daß wir einige Probleme mit der Entwicklung von Software hatten. Dies ändert sich nun."

Alliants CEO ist optimistisch, schon im zweiten Quartal dieses Jahres wieder schwarze Zahlen schreiben zu können. Gründe dafür sieht der Alliant-Chef etwa in neuen Absatzmöglichkeiten in China, da man nun auch die Erlaubnis erhalten habe, an die Asiaten FX/40 und FX/80-Systeme zu verkaufen. Mit Bezug auf die aktuelle Nah-ost-politische Situation hofft er: "Zudem könnte sich durch einen positiven Ausgang des Golf-Krieges die Geschäftswelt allgemein zum Besseren entwickeln."

Sowohl das kleinere FX/800-Modell als auch die FX/2800 unterstützen Netzwerk-Softwarestandards wie TCP/IP, Decnet, NFS, NQS, X.11 und Motif.

Auch der Einsatz von VAX-Integrationswerkzeugen wie VCL und EDT + zur Integration in VAX-Umgebungen sei möglich.

Professor Arndt Bode, Leiter des Lehrstuhls für Rechnertechnik und Rechnerorganisation an der Technischen Universität München und einer der ersten Benutzer eines FX/2800-Systems, betonte, besonders die Verfügbarkeit von vektorisierenden und parallelisierenden Compilern für den Alliant-Rechner sei eine wesentliche Kaufentscheidung gewesen.

Überhöhte Erwartungen, Anwendungen ohne weiteres nachträglich für die Parallelverarbeitung optimieren zu können, wies er allerdings zurück: "Dazu steht die Compiler-Technologie einfach noch zu sehr am Anfang, ist noch nicht besonders entwickelt. Bis hier wirklich gute Ergebnisse erzielt werden können, vergehen noch Jahre." Er hoffe jedoch, daß die heute bestehende Diskrepanz zwischen nur theoretisch erreichbaren Höchstleistungen und tatsächlich erzielbaren Rechenleistungen sich im Lauf der Zeit verringern werde.

Für DV-Topologien, in denen verteilte Datenhaltung und -bearbeitung bereits von Bedeutung ist, dürften auch die jetzt vorgestellten sechs Neuentwicklungen von Interesse sein: FXI 2800-Anwendern steht ab Herbst 1991 der Hippi-Standard (High Performance Parallel Interface) gemäß der ANSI-Norm X3T9.3 für Hochgeschwindigkeits-I/O-Zugriffe zur Verfügung. Bis zu fünf Hippi-Kanal-Paare werden von Alliants größtem Rechner unterstützt.

jeder der Hippi-Kanäle, die jeweils eine Bandbreite von 100 MB/s aufweisen, hat eine vierfach höhere Übertragungsleistung als bisherige VME-I/O-Kanäle. Der Hippi-Standard wurde geschaffen, um Hochleistungs-I/O-Operationen zwischen Supercomputern, Hochgeschwindigkeits-Netzwerken, Disk-Arrays, Frame-Buffers und Switching Devices zu unterstützen.

Alliant versichert sich bei der Hippi-Technologie der tatkräftigen Mithilfe der Unternehmen Maximum Strategies Inc., Network Systems Corp. und Ultra Network Technologies Inc., um deren Hippi-Bausteine an das Alliant-System anzupassen.

Außerdem erhöhte man die maximale Hauptspeicherkapazität durch den Einsatz von 4-MB-DRAM-Bausteinen für das Topmodell um das Vierfache auf 4 GB. Mundie meinte, daß man momentan wohl das einzige Unternehmen sei, das eine solche Kapazität bieten könne. Weder Cray noch Convex hätten Vergleichbares aufzuweisen.

Ferner bietet man Anwendern des leistungsfähigsten Alliant-Rechners einen Software-Interface-Support, um auch große Disk-Arrays ansprechen zu können. Da jeder Array bis zu 51,2 GB Kapazität bereithält, lassen sich Speicher für die FX/2800-Rechner von bis zu 500 GB aufbauen. Die Technologie stellt darüber hinaus integrierte Redundanz-Funktionen zur Verbesserung der Datenintegrität bereit. Das Disk-Array-Interface gibt es ab sofort, Disk-Arrays der Firma Maximum Strategies Inc. werden unterstützt.

Mit der ab dem zweiten Quartal 1991 verwirklichten Unterstützung von IPI-2-Festplattenlaufwerken (Intelligent Peripheral Interface) verdoppeln sich die Single-Disk-Transferraten der FX/2800-Rechner, was vor allem bei Anwendungen mit hohem Datendurchsatz wie etwa in der seismologischen DV oder bei der Radaranalyse von Bedeutung ist.

Darüber hinaus bricht ab Herbst 1991 auch für Alliant-Kunden das FDDI-Zeitalter an. Entsprechend verkabelte Netzwerke werden nun unterstützt. Gegenüber Standard-Ethernet-Vernetzungen soll die Leistungsfähigkeit der FDDI-Netze um den Faktor 10 höher sein.

Außerdem stellt man System-Administratoren ab sofort eine "System Resource Acounting"-Funktion (SRA) zur Verfügung, die es ermöglicht, vom Anwender verbrauchte Systemressourcen wie CPU-Zeiten, Platten-I/O und Verbindungszeiten erfassen zu können.

Alliant präsentierte zudem ein optionales Prozessormodul für die FX/2800- und FX/800-Rechner. Es wurde für Umgebungen entwickelt, in denen ein System eine kleine Zahl von Applikationen hoher Priorität unterstützt.

Das Prozessormodul arbeitet mit zwei 860-CPUs und jeweils einem 256-KB-Cachespeicher auf dem Board.