Erfolg lässt sich gemeinsam trainieren

Mit professioneller Hilfe im Web die Karriere planen

15.09.2000
Sie tut das, was die meisten Menschen jeden Tag tun: Aber wenn Undine Stricker-Berghoff sich unterhält, dann als Profi, denn die 41-jährige Diplomingenieurin für Maschinenbau aus Düsseldorf ist Geschäftsführerin der Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung des VDI Verein Deutscher Ingenieure - und Coach. Als solcher ist sie professioneller Spiegel und Gesprächspartnerin für Menschen, die sich zumeist wegen beruflicher Probleme an sie wenden. Von Gabriele Müller*

"Sei es, dass sich ein Manager auf seinen Ruhestand vorbereitet oder dass jemand seine Karriereplanung überdenken möchte - die Anlässe für ein Coaching sind vielfältig", fasst sie zusammen. Was in Amerika schon längst üblich und verbreitet ist, setzt sich in Europa nur langsam durch: Die Lebens- und Karrierebegleitung durch einen Trainer. Doch auch immer mehr deutsche Unternehmen erkennen die Chancen von Coaching und ermöglichen ihren Mitarbeitern das Gespräch mit einem Profi. Firmen zählen deshalb ebenso zu den Kunden der Düsseldorferin wie Selbständige oder Privatpersonen, "die etwas gegen ihren Freizeitstress tun oder mit mir gemeinsam ihr Leben entrümpeln wollen".

Ein Gespräch wie das Folgende ist deshalb auch nicht ungewöhnlich. Ein Klient, Ingenieur und als Unternehmensberater auf die IT-Branche spezialisiert, wurde aufgefordert, in München neben vier anderen konkurrierenden Beratern sein Angebot für einen großen Auftrag zu präsentieren. Sein Problem: die Unsicherheit, ob er sich auf diese Einladung einlassen soll. Mit geschicktem Fragen führt Undine Stricker-Berghoff ihren Klienten zum Ziel. Etwa: "Was könnten Sie denn dabei gewinnen?" - "Einen tollen Auftrag. Die Firma hat Weltruf, das Thema ist gut und die Bezahlung auch." Die Trainerin hakt nach: "Und was gibt es zu verlieren?" Nachdenkliche Antwort: "Eigentlich nur einen Tag Zeit und das Flugticket." Dritte Frage: "Was könnten Sie nun tun?" - "Na ja, ich könnte hinfliegen. Da hätte ich immerhin eine Chance, den Auftrag zu bekommen, auch wenn noch vier Konkurrenten da sind." Schlussfrage: "Was werden Sie also jetzt tun?" Antwort, diesmal entschieden: "Ein Ticket buchen." Das sei, wenn auch eines der kürzesten Beratungsgespräche ihres Lebens, doch ein nahezu klassisches Beispiel aus dem Coaching-Lehrbuch, erinnert sich Stricker-Berghoff. Ungewöhnlich daran ist nur, dass es nicht im direkten persönlichen Kontakt stattfand hat, sondern dass die beiden miteinander am PC gechattet haben.

Schließlich kommt dem World Wide Web ein wichtiger Teil in der Strategie der Trainerin zu, denn sie coacht ihre Klienten online. "Das ist hierzulande, wo das Thema ohnehin noch nicht überall bekannt ist, sicher ungewöhnlich", meint sie. Anders als in den USA, wo das Coaching, ohne dass sich die Geprächspartner dabei sehen, zum Beispiel per Telefon, bereits durchaus üblich ist. "Schon wegen der zum Teil großen Entfernungen, die ein Treffen erschweren."

Den großen Vorteil von Online-Coaching sieht die Trainerin vor allem darin, dass es mehr zeitliche und räumliche Unabhängigkeit bietet als ein persönliches Gespräch, und man kann es hinterher noch mal nachlesen. "Auch die größere Anonymität wird von vielen Kunden geschätzt, dafür geht natürlich die Beobachtung von Körpersprache, Mimik und Tonfall verloren", erklärt sie. Deshalb legt sie auch besonderen Wert auf intensive Vorarbeiten, in denen Alter, Hobbys, Beruf, Familie und die aktuelle Problematik abgeklärt werden. Erst dann beginnt sie mit dem eigentlichen Coaching - per Telefon, Fax, Chat oder E-Mail, je nach Absprache und Möglichkeit.

Die Chats können auf die Abendstunden gelegt, Mails am Wochenende beantwortet werden, und die Schriftform zwingt dabei zur Präzision. So unterschiedlich die Thematik und die Person, um die es geht, so unterschiedlich ist auch die Dauer eines Coachings. Sie kann zwischen einigen Stunden und mehreren Monaten liegen. Nur der Weg ist immer der gleiche: Von der Zielfindung über die Abgleichung mit der Realität bis hin zur Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten und deren Umsetzung.

*Gabriele Müller ist freie Journalistin in Wuppertal.