Mobilcom-Chef Schmid ausgebootet?

Mit Otelo will Mannesmann die Telekom herausfordern

09.04.1999
DÜSSELDORF (CW) - Die Energiekonzerne Veba und RWE haben Konsequenzen aus ihrem erfolglosen Engagement im Telefongeschäft gezogen: Für 2,25 Milliarden Mark verkauften sie das verlustreiche Festnetz-Business der gemeinsamen Tochter Otelo zum 1. April an die Mannesmann Arcor AG & Co. Im Mobilfunk- und Kabelgeschäft wollen die Versorger weiter ihr Glück versuchen.

Mobilcom-Chef Gerhard Schmid schien noch vergangene Woche der Favorit im Rennen um Otelo zu sein. Er hatte die geforderten 2,2 Milliarden Mark offenkundig aufgetrieben und schickte sich an, mit einer Übernahme des krisengeplagten Unternehmens - seit 1994 wurden 3,6 Milliarden Mark Anlaufverlust ausgewiesen - zur Nummer zwei im deutschen Telefonmarkt aufzusteigen. Im letzten Moment brachte sich jedoch Harald Stöber, Vorstandssprecher von Mannesmann Arcor, ins Spiel und erhielt den Zuschlag.

Bei den Verhandlungen spielten Emotionen offenbar eine wichtige Rolle. Angeblich war nicht Mobilcom, sondern Mannesmann der Wunschpartner des RWE-Vorstands sowie von Otelo-Chef Thomas Geitner. Der Nachfolger des erfolglosen Ulf Bohla hatte die Gesellschaft nach einem völlig verunglückten Start in den vergangenen Monaten wieder einigermaßen auf Kurs gebracht.

Mobilcom-Sprecher Schmid behauptet jedoch, sein Unternehmen habe die Verhandlungen mit den Versorgern abgebrochen, nachdem klar geworden sei, daß Otelo gar nicht im Besitz der Glasfaserleitungen sei, auf die man es abgesehen hatte. In einer Presseerklärung sagte der Aufsteiger aus Büdelsdorf wörtlich: "Wir sind nicht bereit, mehrere Milliarden Mark für den Kauf und die Sanierung einer Gesellschaft aufzuwenden, um künftig Leitungsmieten zu zahlen, die weit über den Mietleitungskosten liegen, die wir heute an die deutsche Telekom entrichten müssen."

In der Tat erwirbt Mannesmann Arcor nun lediglich Zugriffsrechte auf das rund 11000 Kilometer lange Glasfasernetz von Otelo. Es ergänzt das zirka 40000 Kilometer lange Arcor-Telefonnetz, das von der Deutschen Bahn AG entlang der Gleise verlegt worden war und einen Kern aus 7000 Kilometern Glasfaserkabel enthält.

Das Otelo-Netz ist entlang der Stromleitungen von RWE Energie, Preussen-Elektra und der Gasleitungen von Wingas installiert und gehört - wie Mobilcom-Chef Schmid korrekt anmerkt - auch in Zukunft diesen Gesellschaften. Veba-Sprecher Ulrich Hartmann sagte jedoch gegenüber der "Süddeutschen Zeitung", Mannesmann erhalte eine "eigentumsähnliche Nutzung". Dem Unternehmen seien langfristige und exklusive Zugriffsrechte vertraglich zugesichert worden.

Ungeachtet der Besitzverhältnisse sind die Toppositionen im deutschen Telco-Markt vorerst vergeben: Verzeichnete Arcor bisher insgesamt rund 850000 Kundenanschlüsse, so sind nun weitere 420000 Preselection-Kunden hinzugekommen. Wie das "Handelsblatt" vorrechnet, vermitteln die Partner gemeinsam rund 35 Millionen Gesprächsminuten pro Tag - wenig im Vergleich zu den 500 Millionen Minuten der Deutschen Telekom, viel gegenüber den 17 Millionen Minuten der drittplazierten Mobilcom AG.

Der Umsatz von Mannesmann Arcor mit Otelo dürfte 1999 bei gut drei Milliarden Mark liegen. Verfügte Arcor bereits über Netzzusammenschaltungen mit Frankreich, Österreich, Italien und den USA, so kommen nun über Otelo Verbindungen nach Großbritannien, Belgien, Luxemburg, Dänemark und in die Schweiz hinzu.

Die Marke Otelo soll weiterhin erhalten bleiben, die 2800 Mitarbeiter vorerst komplett übernommen werden. Über die neue Tochtergesellschaft will Mannesmann-Chef Stöber das Privatkundengeschäft abwickeln, da sich Otelo in diesem Markt zuletzt recht gut entwickelt hatte. Arcor hingegen soll Geschäftskunden und Vieltelefonierer adressieren. Mit dem Festnetzbetrieb wechselt auch die hundertprozentige Otelo-Tochter Germany.net, ein Online-Dienst mit über 600000 Kunden, in den Mannesmann-Konzern.

Die bisherigen Otelo-Gesellschafter Veba und RWE wollen auch künftig am gemeinsamen Mobilfunkgeschäft, das von der E-Plus GmbH betrieben wird, festhalten. Gerüchten zufolge werden die Versorger ihren gemeinsamen Anteil von 60,25 Prozent noch weiter aufstocken. Auch die profitable Fernsehkabelgesellschaft Telecolumbus wechselt nicht zu Mannesmann.