Mit neuer Wertschöpfung aus der Krise

20.01.2003
Von Michael Dressen

Das Wachstum in der IT-Branche wurde bislang durch zwei leistungsfähige Motoren angetrieben: Einerseits hat seit 20 Jahren die Anzahl der Anwender stetig zugenommen, andererseits gab es kontinuierliche Innovationsschübe, die schnelle Generationswechsel der Technologie forcierten. Zumindest der erste Markttreiber scheint jedoch nun an seine Grenzen gestoßen zu sein. In den USA stellten Marktforscher schon 2001 fest, dass der Anteil der Haushalte mit PCs die Schwelle von 60 Prozent nicht signifikant übersteigt. Dies ist anders als bei Fernsehgeräten, wo eine Marktsättigung erst bei 95 Prozent der Haushalte erreicht wurde. Sollten also tatsächlich die zentralen IT-Märkte Europa, Japan und die USA gesättigt sein, dann muss sich die Hoffnung der Branche allein auf die technische Innovation als Triebkraft richten. Wie sind hier die Aussichten?

Werfen wir noch einmal einen Blick auf die Entwicklung der Automobilindustrie: Das Wachstum der Pkw-Verkäufe in den vergangenen Jahren betrug durchschnittlich 14 Prozent; dies verlief aber nicht kontinuierlich, sondern wurde von starken Schwankungen gekennzeichnet. In den zentralen Märkten Westeuropa, Japan und Nordamerika hat es nach Absatzzahlen sogar überhaupt kein Wachstum gegeben. Angesichts der technischen Innovationen, die in den letzten Jahren von der Autoindustrie hervorgebracht worden sind, ist dies erstaunlich. Wer sich heute in ein zehn Jahre altes Fahrzeug setzt, wird einen drastischen Unterschied zum Status quo bemerken - kein Navigationssystem, kein Antiblockiersystem, kein Airbag. Der Kontrast in Komfort, Sicherheit und Technologie zu heutigen Fahrzeugen ist enorm.

Dennoch fand kein Mengenwachstum statt. Die Märkte für Personenwagen in den zentralen Industrienationen waren schon seit längerem gesättigt. Innovation führt hier nur noch zum Vorsprung einer Automarke gegenüber anderen und damit zu Mengenwachstum bei einem Hersteller, während eine andere Marke zurückfällt. Der Markt insgesamt stagniert jedoch. Dieses Phänomen ist kein isolierter Trend, sondern in vielen Industriesegmenten zu beobachten. So gibt es etwa bei Fernsehgeräten oder Waschmaschinen zumindest in den entwickelten Nationen schon seit über zehn Jahren kein Mengenwachstum mehr. Selbst das Umsatzwachstum bewegt sich hier zyklisch im niedrigen einstelligen Prozentbereich. In der IT-Industrie sieht es nun ähnlich aus.

Die IT-Industrie stand in den letzten 20 Jahren im Mittelpunkt einer Börseneuphorie. Zwei für die Investoren wichtige Bedingungen konnte die Branche erfüllen: überproportionales Wachstum und überdurchschnittliche Gewinnmargen im Vergleich zum industriellen Durchschnitt. Durch einen erbittert geführten Konkurrenzkampf wurde zwar das enorme und in der Öffentlichkeit wohlwollend wahrgenommene Umsatzwachstum beibehalten, gleichzeitig kam es jedoch in den letzten Jahren zu einem drastischen Rückgang der Gewinnmargen, der eher im Verborgenen stattfand.

Ein Beispiel dafür ist der IT-Großhandel, der hierzulande zu Beginn der 80er Jahre entstand. Die Computer 2000 AG konnte damals bei 25 Prozent Handelsspanne und 20 Prozent Kosten vom Umsatz eine Gewinnspanne von fünf Prozent erwirtschaften - bei Einnahmen, die im zweistelligen Millionenbereich lagen. Bis heute hat sich der Umsatz zwar verhundertfacht, die Handelsspanne sank jedoch auf fünf Prozent, und die Gewinnmarge liegt nun gar bei einem Prozent.

Einbruch der Gewinnmargen