Offener M-Bus für Pin-kompatible Module

Mit Multi-CPU-Servern drängt Sun in den MDT-Markt

18.10.1991

MÜNCHEN (se) - Sun Microsystems will mit der Sparc-Arehitektur künftig verstärkt auf kommerziellem Terrain agieren. Das Unternehmen hat Mehrprozessor-Systeme vorgestellt, deren Stärke beim OLTP liegt. Die auf den Singleprozessor Rechnern eingesetzte Software soll sich dabei unverändert im Multiprozessor-Modus verwenden lassen.

Knapp eineinhalb Jahre nach der letzten Ankündigung hat Sun mit der 600MP-Serie die längst fälligen Mehrprozessor-Systeme herausgebracht. Die Sparcserver-Modelle kommen unter der Bezeichnung "630MP", "670MP" und "690MP" auf den Markt und lösen die Sparcserver 330, 470 und 490 ab, für die eine Upgrade-Möglichkeit besteht.

Durch die Multiprozessor-Architektur seien die RlSC-Maschinen laut Sun besonders für Transaktions- oder Datenbankorientierte Anwendungen geeignet. Zudem biete die neue Rechnerfamilie, verglichen mit den Vorgänger-Modellen, höhere NFS- und Ethernet-Leistungen, wodurch sich mehr diskless Workstations betreiben lassen. So soll der Gesamtdurchsatz des Sparcserver-Systems je nach Konfiguration bis zu 90 Spec-Thruput betragen, etwa beim Sparcserver 630MP, Modell 140 (mit vier Prozessoren auf zwei M-Bus-Sparc-Modulen, 114 MIPS, 64 KB Cache pro Prozessor, 128 MB Hauptspeicher fünf VME-Bus-Steckplätzen, I/O-Cache für den VME-Durchsatz, 1,3 GB Massenspeicher - maximal 26 GB - und CD-ROM-Laufwerk für 644 MB). Die Zwei-Prozessor-Versionen arbeiten mit 57 MIPS und bieten laut Anbieter einen Spec-Thruput von 50,5. Die Zahl der NFS-I/O-Operationen pro Sekunde gibt Sun mit 800 an.

Als Zielmarkt für die Unix-Maschinen peilt der Hardwarehersteller vor allem den kommerziellen Bereich an, für Branchenbeobachter oftmals noch eine klassische Domäne proprietärer Midrange-Lösungen, wie etwa der AS/400. Erste Anzeichen dafür, daß sich langsam auch in diesem Sektor ein Wandel zu Unix vollzieht, bemerkte Gerd Haas, Marketing-Direktor der deutschen GmbH, bereits im vergangenen Geschäftsjahr 90/91, das am 30. Juni 1991 endete: "Für Sun Deutschland war der kommerzielle Markt das am meisten wachsende Geschäft." Man habe bereits 14 Banken, darunter die Düsseldorfer Commerzbank, als Sun-Kunden gewonnen. Sowohl in Italien als auch in der Schweiz konnte Sun Aufträge aus dem Finanzbereich gewinnen. Außerdem werde der Flughafen München II mit Sparc-Rechnern kommerzielle Anwendungen fahren.

Wie bereits bei den Spareserver-2-Modellen kommt auch bei der 600MP-Familie die RISC-Implementation von Cypress Semiconductor zum Einsatz. Die aus zehn Chips bestehenden hochintegrierten "Sparcore"-Module entwickelte Cypress mit ihrer Tochter Ross Technology.

Die Sparc-Bausteine sind dabei mit zwei (Sparcserver-Modell 120) oder vier (Modell 140) Prozessoren ausgestattet. Neu ist jedoch, daß die Module über eine M-Bus-Schnittstelle auf die Hauptplatine gesteckt werden. Sun hat die Spezifikationen des 40 Megahertz schnellen 64-Bit-Busses offengelegt, um Sparc-Anbietern die Entwicklung von steckerkomaptiblen Bausteinen zu ermöglichen.

Neben Cypress soll Texas Instruments den Informationen zufolge im nächsten Jahr einen superskalaren Sparc-Chip herausbringen, der statt einem bis zu drei Befehle verarbeitet. Ferner arbeite LSI Logic an einer M-Bus-basierten RISC-Implementation.

Der neue M-Bus bringt dem Anwender jedoch nicht nur die Möglichkeit, zwischen diversen Modulen auswählen zu können. Ein weiterer Pluspunkt dieser Schnittstellen-Technologie liege, so der Hersteller, darin, daß sich die Rechner durch zusätzliche Prozessorbausteine sehr einfach aufrüsten ließen. Der M-Bus dient dabei als Verbindungsglied zwischen den Sparcore-Modulen und dem Systemspeicher. Hinsichtlich der Offenlegung der Sparc-Architektur als IEEE-Standard - wie von Sun vergangenes Jahr beantragt - muß sich die DV-Branche aber noch gedulden; bisher habe man von dem US-amerikanischen Standardisierungsgremium nur einen Draft-Status erhalten, heißt es bei Sun.

Die Preise für die Multiprozessor-basierten Sparsserver liegen etwa zwischen 115000 und 250000 Mark. Anwender, die einen Sparcserver 330 zu einem 630-Modell umrüsten wollen, müssen laut Haas etwa 60 000 Mark aufwenden.

1992 Wechsel auf Betriebssystem Solaris 2.0

Zum Lieferumfang der Systeme gehört die neue Betriebssystem-Version Sun-OS 4.1.2, die laut Sun mit vorhandener Software ohne Änderung im Mehrprozessor-Modus eingesetzt werden kann. Damit soll sich die gesamte Palette an Applikationen für die Sparc-Plattformen auf den neuen Servern nutzen lassen. Ebenso sei es möglich, für Singleprozessor-Rechner entwickelte Anwendungen ohne Änderungen einzusetzen.

In der ersten Hälfte von 1992 will Sun zu dem Betriebssystem Solaris 2.0 übergehen, das auf Sun-OS 5.0 und Unix System V.4 basiert. Das Sun-eigene Unix-Derivat für Intel- und Sparc-Rechnerumgebungen soll laut Sun in der ersten Hälfte 1992 verfügbar sein. Entwicklung und Vermarktung von Solaris 2.0 erledigt die Sun-Tochter Sunsoft. In dieses Unternehmen soll auch die Interactive Systems Division von Eastman Kodak eingehen (siehe CW Nr. 40 vom 4. Oktober 1991). Haas rechnet in 45 Tagen mit dem endgültigen Vertragsabschluß.

Ferner wird mit Sunexpress, so Pressesprecher Haas, Anfang 1992 eine weitere Sun-Tochter auf dem deutschen Markt agieren. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, in Europa innerhalb von 72 Stunden Peripherie, Betriebsmittel und Zubehör zu liefern. Als Abnehmer für den Zustelldienst kommen sowohl Endkunden als auch Vertriebspartner in Frage.