Mit Kommunikations-Gesamtplan Akzeptanzproblemen begegnen

18.11.1983

Einsatz neuer Technologien bedeutet für einige DV-Manager noch immer lediglich Installation von Hardware. Dringend notwendig, so Org./DV-Leiter Horst Bühler von der Salamander AG, ist jedoch ein "Kommunikations-Gesamtplan", der den Zeitraum von mehreren Jahren abdeckt. Neben rein organisatorischen Voraussetzungen dürfen seiner Ansicht nach auch personelle, technische, wirtschaftliche und herstellerbezogene Aspekte nicht fehlen. Den Akzeptanzproblemen seitens der betroffenen Mitarbeiter widmet Unternehmensberater Dieter Heyde besonderes Augenmerk. Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der neuen Arbeitsmittel spielten ebenso eine Rolle wie die "sachbearbeitergerechte" Konzeption. Akzeptanz ist für ihn weitgehend eine Frage der Qualität und der richtigen Motivation.

Jörg Bühler

Leiter Org./DV, Salamander AG, Kornwestheim

Der Einsatz neuer Technologien ist, zumindest derzeit, kein fest definierbares Ziel, sondern ein langfristiger Entwicklungsprozeß.

Einige Tendenzen sind klar erkennbar: Unterstützung der Kommunikation intern und extern auf breiter Front bei stufenweiser Integration von Daten, Text, Sprache, Grafik und Faksimile zeichnet sich ebenso ab wie die Dezentralisierung der Computerleistung bei gleichzeitiger Nutzung zentraler Ressourcen und damit die Möglichkeit zur ganzheitlichen Vorgangsbearbeitung in den Fachbereichen. Daraus läßt sich ableiten, daß tiefgreifende Veränderungen im Ablauf- und Strukturgefüge unserer Organisation ins Haus stehen.

Um diese möglichst früh in den Griff zu bekommen, ist ein "Kommunikations-Gesamt- plan" mit einem Planungshorizont von mehreren Jahren nötig. Da, wie gesagt, nicht alle Dinge von ausdefinierbar sind, müssen dabei organisatorische Voraussetzungen wie Zerlegbarkeit in kleine für sich realisierbare Schritte, Integrationsfähigkeit im Rahmen des Gesamtkonzepts sowie Anpassungsfähigkeit an vorhandene und zu schaffende Schnittstellen die obersten Gebote sein.

Außer den rein organisatorischen Voraussetzungen gibt es weitere Aspekte für den Einsatz neuer Technologien, wie:

- Wirschaftlichkeit:

Auch die erwähnten kleinen Schritte erfordern einen Investitions- und Kostenaufwand. Ziel sollte sein, daß auch diese sich im Zusammenhang mit weiteren Teilgebieten "rechnen lassen".

- personell:

Die Mitarbeiter müssen frühzeitig über den Einsatz neuer Technologien informiert werden. Darüber hinaus ist ihre Beteiligung in allen Phasen der Entwicklung nötig.

Eine wichtige Voraussetzung ist, daß rechtzeitig für die nötige Qualifikation und positive Einstellung zur Umorganisation gesorgt wird. Die Erfüllung dieser Voraussetzung ist besonders zeitaufwendig. Ohne zu einem pauschalen Rurdschlag gegen unser Bildungswesen ausholen zu wollen, muß man sagen, daß die deutschen Ausbildungsstätten viel zu wenig Grundwissen auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung und dem dazugehörigen Technologie-Einsatz vermitteln, was die Bereitschaft, zur Akzeptanz nicht gerade fördert.

- technisch:

Die angebotenen Geräte müssen benutzerfreundlich sein und ergonometrisch dem Stand der Technik entsprechen. Wichtig ist, daß sie modular ausbaubar und auch in der Zukunft anpassungsfähig sind.

- Hersteller:

Es muß ein offenes System geboten werden, in dem auch zukünftige Geräte Platz haben, beispielsweise ein Multifunktions-Arbeitsplatz. Unbedingt nötig ist die Kompatibilität zu eigenen und vor allem zu Geräten anderer Hersteller. Beides ist heute häufig nicht der Fall. Unabdingbar ist, daß bei dem Geräteangebot bestimmte Entwicklungstendenzen sichtbar sind. Darüber hinaus muß, soweit es möglich ist, abgesichert werden, daß der Hersteller sich auch in fünf Jahren noch am Markt befindet, was bestimmt nicht für alle derzeitigen Anbieter zutrifft.

Einsatz neuer Technologien bedeutet nicht nur Installation von Hardware - das wäre zu einfach. Die angestrebte Rationalisierung wird nur erreicht, wenn auch das Umfeld zielgerecht umgestaltet wird, um die enormen Möglichkeiten eines umfassenden Einsatzes dieser Technologien auszuschöpfen. Das wird wesentlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als uns viele Hersteller heute gerne glauben machen wollen.

Dieter Heyde

Unternehmensberatung Heyde & Partner GmbH, Bad Nauheim

Bei den Mitarbeitern einer Unternehmensberatung läßt sich normalerweise eine gewisse Begeisterung für neue Arbeitstechniken, neue Hilfsmittel voraussetzen. In schwierigen Fällen kommt auch ein ordentlicher Schuß Pioniergeist durch. Aber wie steht es damit beim Kunden, der durch solche Neuerungen beglückt wird, beziehungsweise, sie erleiden muß? Um es vorweg zu sagen: In unserer inzwischen 12jährigen Beratungstätigkeit hat es keine Fälle gegeben, in denen der Einsatz neuer Techniken von den Betroffenen rundweg abgelehnt, offen oder verdeckt sabotiert wurde, wohl aber Kritik, Verärgerung, die - sei es auch emotional geäußert - letztlich sachlich begründet war. Aus derartigen Fällen lassen sich einige Erfahrungen ableiten:

Hauptforderung beim Einsatz neuer Techniken ist deren Zuverlässigkeit. Die Zuordnung von Bedieneraktion und Systemreaktion muß also eindeutig und überschaubar sein. Der Anwender will nicht die Logik und die Technik des Systems im Detail verstehen, aber er sollte sicher sein können, daß das System unzulässige Aktionen zurückweist, und zulässige Aktionen vernünftige Ergebnisse bewirken. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Verfügbarkeit. Viel guter Wille ist schon dadurch zerstört worden, daß unter katastrophalen Antwortzeiten oder häufigen Systemausfällen der Berg der unerledigten Vorgänge immer mehr anwuchs. Der dadurch erzwungene "Bypass" war für den Augenblick zwar eine Lösung, bewirkte aber für die weitere Entwicklung das große Durcheinander.

Neue Arbeitsmittel müssen sachbearbeitergerecht konzipiert sein. Das gilt für Maschinen, aber viel stärker noch für Programmfunktionen und für Arbeitsabläufe. Eine nicht ganz so superflache Tastatur am Bildschirm mag hinderlich sein, aber unverständliche Buchstabenkombinationen auf einer Anzeige, dazu ein fehlendes, unvollständiges oder veraltetes Bedienerhandbuch rufen blanke Wut hervor.

Die Einführung von Neuerungen führt zu einer mehr oder weniger tiefgreifenden Umgestaltung der betroffenen Arbeitsplätze. Wenn Stelleninhaber und verändertes Anforderungsprofil nicht mehr zusammenpassen, muß es zu Über- oder Unterforderungen und daraus folgend zu Abwehrreaktionen kommen. Viel Sorgfalt bei der Gestaltung der Bedieneroberfläche, neuer Arbeitsmittel und der Zuordnung von Funktionen auf Personen tut also not. Ein "Weniger" an Systeminhalt würde mancher Bediener dafür gerne akzeptieren.

Wichtige Vorbeugungsmaßnahmen gegen Akzeptanzprobleme können in der Entwicklungs- und Einführungsphase getroffen werden: Neue Arbeitsmittel stehen in Zusammenhang mit Organisationsänderungen und Rationalisierung, oft auch mit personellen Umbesetzungen. Frühzeitige klare Aussagen gegenüber den betroffenen Mitarbeitern bewirken Sicherheit und Ruhe.

"Werde ich das noch lernen können?" ist eine häufig geäußerte Angst. Wenn irgend machbar, sollte der Praxiseinsatz eines überschaubaren Systemteiles frühzeitig erfolgen, um ein vorsichtiges Herantasten an das Neue zu ermöglichen. Eine Demonstration von Funktionen mit Testfällen durch den Entwickler bewirkt vergleichsweise wenig bis nichts.

Neue Techniken lassen sich weniger durch Vorträge und Demonstrationen erlernen, als vielmehr durch aktive Auseinandersetzung mit echten Vorgängen in der praktischen Arbeit. Deshalb muß bei der Einführung neuer Techniken Zeit zur Verfügung stehen. Ein wachsender Arbeitsrückstand führt zu Druck und Fehlverhalten - Schuld ist dann das neue System. Folglich wird in der Einführungsphase eines neuen Produkts nicht weniger, sondern mehr Personal gebraucht: Personal zur Abwicklung der noch ungewohnten Arbeiten und Personal zur Erläuterung, Hilfestellung und Fehlererklärung.

Weitgehend ist also Akzeptanz neuer Techniken im Unternehmen nur eine Frage deren Qualität und der Gestaltung des Einführungsprozesses, also der richtigen Motivation. Manchmal muß allerdings auch klargestellt werden, daß kein Weg an der Auseinandersetzung mit der neuen Technik vorbeiführt, denn zuweilen geht ein Rest von Akzeptanzproblemen auch schlicht auf Trägheit, auf Festhalten an liebgewordenen Gewohnheiten zurück.

Horst Schwickart

Leiter Organisation und EDV, Theodorus Niemeyer Holland

Tabak GmbH, Düsseldorf

Das Medium, das heute am meisten - nicht nur wegen seiner Einführungsschwierigkeiten - im Blickpunkt steht, ist sicher Bildschirmtext. Dabei sind die Anwendungen, die sich in Industrie und Handel ergeben, vielfältig und werden in Zukunft wahrscheinlich bedeutend mehr Kapazitäten binden als die privaten Nutzer. Als mögliche Anwendungen für unser Unternehmen ergeben sich: dezentrale Auftragserfassung im Außendienst, Direktbestellungen unserer Kunden, kurzfristige Außendienstinformationen, Tourensteuerung, statistische Informationen für den Außendienst sowie ein Mailbox-System für die Kommunikation Innendienst/Außendienst. Es ließen sich wohl noch ein halbes Dutzend weiterer Anwendungen finden, die sinnvoll mit Btx abgewickelt werden könnten.

Trotzdem rechnen wir innerhalb der nächsten vier bis fünf Jahre nicht mit der Nutzung von Btx durch unser Unternehmen. Das liegt nicht nur daran, daß wir seit etwa eineinhalb Jahren mit mobilen Datenerfassungsgeräten für ungefähr 80 Außendienstmitarbeiter arbeiten - eine Lösung, die sich nach den üblichen anfänglichen Schwierigkeiten bewährt hat -, sondern auch an einigen anderen Hindernissen: Mit Bildschirmtext würde die heutige Mobilität stark eingeengt, da nicht überall Bildschirmtextgeräte zur Datenerfassung zur Verfügung stehen.

Um das oben beschriebene Anwendungsspektrum abdecken zu können, benötigt man eine professionelle Ausstattung der Btx-Geräte, für jeden Mitarbeiter muß also ein kompletter Satz von Fernsehgerät mit Decoder, Tastatur und Drucker eingeführt werden. Die Kosten hierfür dürften bei etwa 4000 bis 5000 Mark liegen. Einer Umrüstung der privaten Fernsehgeräte der Mitarbeiter stehen wohl rechtliche, technische und nicht zuletzt familiäre Probleme entgegen.

Die geringe Baud-Rate des Rückkanals würde ferner zu erheblichen Übertragungsraten führen, die weiterhin auch den Anschluß eines separaten Telefonanschlusses erforderte. Immerhin fallen bei der täglichen Erfassung der Aufträge pro Außendienstmitarbeiter etwa 10 kByte an Daten an. Auch die Belegung des Seitenspeichers bei der Post dürfte nicht unerheblich sein.

Für uns stellt Bildschirmtext also kein Medium dar, das konkurrenzlos wäre, und wir müssen deshalb auch Alternativen untersuchen. Wir beabsichtigen, Bildschirmtext weiterhin aufmerksam zu beobachten und auch die Erfahrungen anderer Anwender mit einzubeziehen.