"Je kleiner der Second-hand-Dealer, um so größer das Risko"

Mit Jürgen Sinz, Geschäftsführer der Itel Deutschland GmbH, Frankfurt, sprachen die CW-Redakteure Dieter Eckbauer und Elmar Elmauer

07.04.1978

þEs gibt einen Satz, daß trotz der eminenten Preissenkungen, die IBM vorgenommen hat, IBM in der Gesamtkonfiguration nur deshalb so billig ist für den Anwender, weil es die Mixed-Hardware-Anbieter erst möglich machen. Wie sehen Sie das?

Ich sehe zwei Dinge, die hier reinspielen: Es wird in Zukunft in stärkerem Maße die Unbundling-Politik verfolgt, das heißt, die Hersteller gehen konsequent auf ein getrenntes Bepreisen von Hard- und Software zu.

Dadurch kann sich die Preisgestaltung sicher ändern. Und dann lassen sich natürlich durch technologische Fortschritte günstigere Herstellerkosten realisieren, indem man höhere Packungsdichten bei Schaltkreisen erreicht.

þDie neuen Modelle 3031, 3032 und 3033 sind doch wohl - was die Packungsdichte anlangt - identisch mit den 370er-Vorgängermodellen, weil die gleichen Chipgrößen verwendet werden ...

Den Preisvorteil sehe ich hier eigentlich hauptsächlich daraus kommen, daß IBM auf Modelle zurückgreifen kann, die in großer Stückzahl installiert wurden und, wenn Sie so wollen, kostenmäßig für die Maschinenproduktion abgeschrieben sind. Damit lassen sich eben genauso attraktive Herstellungskostensenkungen realisieren, wie es andere Hersteller mit neuerer Technik, mit höherer Packungsdichte erreichen.

þNun bietet IBM derzeit mit den 30er-Modellen neue Maschinen an. Heißt das, Preisschübe wie gehabt wird es in Zukunft bei IBM nicht geben?

Mit IBM-Preissenkungen werden PCM-Anbieter auch künftig leben müssen, insbesondere diejenigen, die sich hauptsächlich auf dem CPU-Sektor betätigen. Denn es werden immer dichter gepacktere Bausteine entwickelt. Und das schlägt sich irgendwann in den Miet- und Kaufpreisen nieder.

þAllmählich beginnt der EDV-Markt - zumindest in den Industriegesellschaften -sich von selbst zu verstopfen durch Second-hand-Maschinen. Welchen Sättigungsgrad haben wir denn in der Bundesrepublik nach Ihrer Auffassung erreicht, in welchen Bereichen ist es schon hart zu verkaufen, vor allem Second-hand-Maschinen zu verkaufen?

Die Liefersituation für die neuen IBM-Modelle, wie sie jetzt ist - für den gesamten Weltmarkt gesehen -, zeigt eigentlich überdeutlich, daß von einer Sättigung für den Neuabsatz von EDV-Anlagen überhaupt nicht gesprochen werden kann, weil eine Riesennachfrage nach diesen neuen Produkten besteht. Und zwar einfach, weil mit den neuen Maschinen natürlich auch immer gewisse Softwareooder Geschwindigkeits-Vorteile durch neue Mikroprogrammtechniken verbunden sind, die natürlich diese Produkte sehr viel attraktiver machen.

þDa stimmen wir Ihnen zu. Aber das ist ja gerade die Crux: Wohin mit dem ausgedienten Hobel?

Das Second-hand-Geschäft ist sicher so zu sehen, daß ein gewisser Teil von Anwendern unter Umständen durchaus mal eine Second-hand-Maschine für zwei Jahre noch als attraktives Produkt ansehen kann, dann nämlich wenn ein neues IBM-Modell vorher einfach nicht verfügbar ist. Dadurch ergeben sich ständig wieder neue Absatzmarkte. Der Anwender muß wachsen, kommt mit seinen jetzigen Systemen nicht aus - letztlich findet immer wieder ein Geschäft statt.

þEine Second-hand-Maschine geht aber doch in der Regel erst dann auf den Markt, wenn das neue Produkt körperlich und physisch da ist.

Second-hand-Maschinen entstehen auch auf andere Weise. Denken Sie an den Fall, ein Anwender hat jetzt vielleicht ein Modell 158, braucht aber mehr Leistung: Dann kann er sich durchaus überlegen, daß er eine 168 least, die vielleicht ein anderer Kunde mal abgegeben hat, der wiederum irgendwo ein größeres System nimmt.

Damit gibt er seine 158er in den Markt zurück. Und für diesen Kunden muß natürlich wieder einer gefunden werden, der sie ankauft. Das ist in der Regel der Second-hand-Dealer. Der muß jetzt eben wieder einen "Aufsteiger" unter den 148iger-Benutzern finden - da ist immer Bewegung drin. Die Systemerfordernisse werden nicht kleiner, sondern es kommen immer neue Anwendungs-Gebiete hinzu.

þDie Frage zielte konkret dahin, daß eine Reihe von Finanzierungsgesellschaften versucht, das Risiko der Second-hand-Maschinenvermarktung dem Kunden aufzubürden.

Es ist immer ein gewisses Risiko aber je größer die Vertriebsorganisation des Second-hand-Dealers ist, um so mehr Sicherheit ist natürlich gegeben, daß das Produkt wieder abgesetzt wird. Das muß man klar sagen. Und je kleiner diese Second-hand-Organisation ist, um so größer ist natürlich das Risiko. In der Regel ist es aber so, daß für viele Kunden ein sogenannter Full-pay-out-lease-Vertrag attraktiv ist. Das heißt: Wenn der Kunde die IBM-Maschine zwei Jahre und mehr gemietet hat und für ihn dadurch die Kaufoption bereits relativ attraktiv ist, weil ein geringer Restkaufpreis zustande kommt, und wenn man das dann über einen weiteren Zeitraum mit Leasingraten abdeckt, dann kommen attraktive Preise raus, dann kann man früh "payout" machen. Wenn die Maschine jedoch noch relativ neu ist, dann muß in der Regel nach dem Leasingzeitraum mit einem gewissen Restwert kalkuliert werden. Und diesen Restwert schluckt dann sehr oft der Kunde nicht, das muß dann eben das finanzierende Institut akzeptieren ...

þNun gibt es diese Abdeckung der offenen Restwerte seit Ende vorigen Jahres nicht mehr. Ist Lloyds das Risiko zu groß geworden?

Es ist einfach so, daß generell eine Versicherungsgesellschaft immer wieder neue Rechnungen durchzieht, wenn neue Modelle angekündigt wurden. Dies ist im letzten Jahr nach Ankündigung der 3031, 3032 und 3033 geschehen, aber wir haben bereits wieder Vertragsmodelle entwickelt, die auch andere Möglichkeiten enthalten, das Thema Restbuchwert für den Kunden so zu lösen, daß es ihn nicht belastet.

Wir hatten da ja bisher eine Abdeckung der offenen Restwerte durch die Lloyds Policy.

þKönnen Sie eine Prognose über das EDV-Leasinggeschäft geben?

Das Leasinggeschäft ist generell in den letzten Jahren sehr stark wachsend gewesen, und zwar ist es einfach dadurch in zunehmendem Maße ins Kalkül gezogen worden, weil die Kostensituation bei den Frimen kritischer betrachtet wurde. Damit wurde ein gewisser Preisvorteil einfach attraktiv. Die Sache ist also letztlich auch immer ein bißchen vom Zins abhängig.

þWie wirkt sich eigentlich jetzt der Dollarverfall auf das Leasing- und PCM-Geschäft bei Itel aus?

IBM hat bisher keine Preisänderungen gemacht ...

þGerade deshalb mußte es für Großanwender doch sehr lohnend und attraktiv sein, sich die Maschine drüben direkt zu kaufen.

Da gibt es aber gewisse Vorschriften, die im Zuge dieser ganzen Kartellprozesse auch in den Vereinigten Staaten groß diskutiert wurden, daß Direktimporte von neuen Maschinen nicht möglich sind. Was nur möglich ist: Gebrauchte Maschinen werden am US-Markt aufgekauft und dann nach Europa gebracht.

Das wird zum Teil gemacht, aber mit neuen Maschinen geht das nicht.

þSind Sie eigentlich in diesem Geschäft auch drin?

Ja, wir sind einfach insoweit involviert, daß wir im Zuge unserer Leasing- und PCM-Aktivitäten eine Datenbank aufgebaut haben, wo alle Itel-Vertriebsgesellschaften informiert werden, was weltweit angekauft wurde, so daß wir Gebrauchtmaschinen auch über diese Kanäle nach Europa bekommen.