Mit Emotionen führen

12.06.2002
Von Bettina Wirth
Sein Buch "Emotionale Intelligenz" war ein Bestseller. Nach sieben Jahren legt der US-amerikanische Psychologe, Journalist und Unternehmensberater Daniel Goleman nun ein neues Werk mit dem Titel "Emotionale Führung" vor.

Der Autor wartet mit einer einfachen, alten Weisheit auf: gute Stimmung, gute Arbeit. Golemans neuestes Werk zeigt auch, dass man den Zusammenhang zwischen dem freundlichen Wort vom Teamleiter und motivierten Mitarbeitern nicht genug betonen kann.

Goleman schildert im ersten Teil, was emotionale Führung heißt und wie sie wirkt. An Beispielen aus Unternehmen und unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Studien zeigt er, wie sich Emotionen vom Anführer auf die Gruppe übertragen lassen. Je offener ein Anführer ist und je besser er Begeisterung ausdrücken kann, desto eher lässt sich die Gruppe anstecken. "Emotional intelligente Menschen wirken anziehend, weil es Freude macht, mit ihnen zu arbeiten." So einfach diese Erkenntnisse auch klingen, so notwendig ist es für den Leser, sie in einem Ratgeber zu finden. Es stellt sich jenes Aha-Erlebnis ein, das bei der Lektüre esoterischer Motivationstheorien in manchem Management-Handbuch ausbleibt.

Im zweiten Teil beschreibt Goleman wie man durch genaue Selbstwahrnehmung zu einem solchen emotionalen Magneten avanciert und sein Team erfolgreicher leitet. Dabei müssen Führungskräfte nicht übermäßig nett sein, beruhigt der Autor. Sie sollen Forderungen durchsetzen, ohne die Leute aus dem Gleichgewicht zu bringen. Denn Angst und Stress untergraben die emotionalen und mentalen Fähigkeiten. Verfügt der Manager über ausreichend Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, bezeichnen Goleman und seine Ko-Autoren ihn als "resonanten" Anführer. Ihm gelingt es, mit dem Team im Gleichklang zu schwingen und so die besten Arbeitsergebnisse zu erzielen. Ein missmutiges Team, das nicht auf dieselben Ziele hinarbeitet wie das Management, entsteht durch einen "dissonanten" Führungsstil.

Der dritte Teil des Buches dehnt die Erkenntnisse über emotional intelligente Führung über die Menschen hinaus auf die Unternehmenswelt aus und spielt durch, wie Organisationen durch sie verändert werden können. Vielleicht benötigen Goleman und sein Autorenteam aus Richard Boyatzis und Annie McKee mit 340 Seiten etwas zu viel Platz, um ihren Appell an die Führungskräfte loszuwerden. Andererseits kann man die Bedeutung von Harmonie und positiver Energie für die Arbeitsmoral, das Zusammenspiel und damit für den Unternehmenserfolg nicht zu oft wiederholen. Es bleibt sicher ein frommer Wunsch, aber: Das Buch sollte zur Pflichtlektüre jeder Führungskraft gehören.

Daniel Goleman, Richard Boyatzis, Annie McKee: Emotionale Führung. Econ-Verlag München, 2002. 340 Seiten, 25 Euro, ISBN: 3-430-13289-4.