Vorstandschef zog sich überraschend in die Schweiz zurück

Mit Doblers Ausstieg beginnt für GMO die Konsolidierung

26.07.1991

CW-Bericht, Beate Kneuse

HAMBURG/MÜNCHEN - Anderthalb Jahre stand er an der Spitze, nun trat er sang- und klanglos zurück: Niklaus Dobler ist aus der GMO-Gruppe - bei der er neben dem Vorstandsvorsitz der GMO AG auch den der Soba AG innehatte - ausgeschieden. Hinterlassen hat er ein durch zahlreiche Akquisitionen verworrenes Firmengebilde, dem sein Nachfolger Hans-Jürgen Burmeister, bislang Vorstand Finanzen, nun eine klare Struktur geben muß.

Die Gründe für den Ausstieg Niklaus Doblers, der trotz aller Spekulationen der vergangenen Wochen überraschend kam, sind vielschichtig. Offizielles Statement der GMO AG: Der gebürtige Schweizer habe in sein Heimatland zurückkehren wollen, nachdem er - vor allem seit seiner Ernennung zum GMO-Vorstandsvorsitzenden im Dezember 1989 - ständig zwischen seinem Wohnsitz in Zürich und dem GMO-Hauptquartier in Hamburg hin- und herpendeln mußte.

Dobler, so verlautete weiter, habe im Rahmen seines Rückzuges die SFH EDV-Beratung + Software AG, Sankt Gallen, aus dem Firmenverbund der GMO herausgekauft und werde künftig gemeinsam mit dem Firmengründer die Geschäfte dieses Unternehmens führen. Die SFH war eine der ersten Akquisitionen gewesen, die während seiner GMO-Zugehörigkeit vorgenommen wurden, und ist im Midrange-Bereich mit Schwerpunkt Versicherungsgeschäft ausschließlich in der Schweiz aktiv.

Daß Doblers Ausscheiden allein auf seine Initiative zurückgeht, scheint indes zweifelhaft. Insider vermuten vielmehr, daß sich der Schweizer mit seiner Wachstumsstrategie für die GMO "vergaloppiert" hat, zu sehr auf Expansion durch Firmenaufkäufe schaute, dabei aber eine klare Durchstrukturierung der Gruppe vernachlässigte und zudem noch die Kosten aus den Augen verlor. In der Tat weitete sich das Hamburger Consulting-Haus in der "Ara Dobler" mächtig aus.

1988 von GMO-Gründer und derzeitigem Aufsichtsratsvorsitzenden Hasso Wien ins Unternehmen geholt, öffnete der Ex-IBM-Mann den Hamburgern, die zuvor speziell im Mainframe-Bereich operierten, schnell die für zum Midrange-Bereich. Im August 1989 nämlich übernahm die GMO die Mehrheit an der Kölner Soba Software AG, Spezialistin für die Mittlere Datentechnik der IBM.

Gewonnen wurde damit eine Unternehmensgruppe, die in Deutschland aus einer Holding und fünf operativen Gesellschaften bestand. Die neue Firmenkultur, jedoch so rasch wie möglich mit der bestehenden GMO-Struktur in Einklang zu bringen, davon wurde vorerst Abstand genommen. Begründet der neue Vorstandsvorsitzende Hans- Jürgen Burmeister: "Am Anfang waren wir der Meinung - und die teile ich auch heute noch - , daß wir bei neuen Beteiligungen zunächst einmal keine Identitäten zerstören sollten." Auch brauche es Zeit, sich mit einem neu erworbenen Unternehmen vertraut zu machen. "Mit Sicherheit aber war es ein Fehler", so Burmeister weiter, "nicht von Anfang an ein regionales, integriertes Management-Konzept zu fahren, sondern zwei Linien aufzubauen - bis hin zu zwei Aufsichtsräten und zwei Vorständen, die nicht nur miteinander, sondern auch nebeneinander arbeiteten."

Synergiepotentiale noch nicht genutzt

Die Soba-Struktur wurde einschließlich der eigenen Räumlichkeiten bis vor einigen Monaten beibehalten. Dies störte nicht nur den Integrationsprozeß, sondern Verhinderte bislang auch eine zufriedenstellende Zusammenarbeit zwischen GMO- und Soba-Mitarbeitern. Dies wiederum führte dazu, daß die erholten Synergiepotentiale zwischen (fern klassischen GMO-Geschäft Professional Services (PS) und dem Midrange-Sektor (AS) bis heute nicht ausgeschöpft werden konnten. Dies muß um so mehr verwundern, da Niklaus Dobler neben dem GMO-Chefposten ebenso den der Soba AG innehatte. Auch war es der Ex-IBM-Mann gewesen, der noch vor gut einem Jahr vollmundig erklärt hatte: "Ich habe den Vorsitz der Soba übernommen, um sicherzustellen, daß die Synergien zwischen GMO und Soba möglichst rasch Früchte tragen." Mittlerweile haben die Hamburger mit der Umfirmierung der operativen Gesellschaften des Kölner Softwarehauses begonnen. Seit einigen Monaten laufen sie unter dem Namen GMO Anwendungssysteme GmbH. In Angriff genommen wird zudem nun die räumliche Zusammenlegung der beiden Unternehmensteile - eine Maßnahme, die laut Burmeister auch aus Kostenüberlegungen heraus erfolgt. Die Soba-Mitarbeiter sollen gehalten werden; auch im Management der GMO-Tochter, so wurde jetzt erklärt, käme es zu keinen Entlassungen. Umgebaut wird hingegen der Vorstand der Holding Soba AG: Zum neuen Vorstandsmitglied wurde Jon Bader bestellt, der auch neu im GMO-Management-Team ist. Neben Dobler ausgeschieden sind Wolf-Dietrich Dortans und Firmengründer Franz-Ludwig Solzbacher. Er wird sich künftig wohl verstärkt um die Soba Unternehmensberatung GmbH, Bonn, kümmern, die 1987 bei der Gründung der Soba AG aus der Gruppe ausgegliedert wurde und sich im alleinigen Besitz der Gebrüder Solzbacher befindet. Wer den Vorstandvorsitz der Kölner Holding übernehmen soll, steht noch nicht fest. Die Soba-Integration beschert aber auch der gesamten GMO-Gruppe einen gewaltigen Umstrukturierungsprozeß. So wurden für Deutschland drei regionale Märkte definiert - Nord, Mitte und Süd -, die die Divisions PS und AS beinhalten und jeweils unter der Leitung eines GMO-Vorstandsmitgliedes stehen. Für die Region Nord ist dabei Karl-Heinz Gäding, für Mitte Hans Angermeyer und für Süd Heinz Schüma verantwortlich. Weitere Vorstandsbereiche sind Management-Consulting unter Leitung von Detlef Münchow, Überregionale Tätigkeiten, die in die Zuständigkeit von Jon Bader fallen, sowie Verwaltung/Finanzen, für die nunmehr der neue stellvertretende Vorstandsvorsitzende Chris Banks verantwortlich ist. Banks gehört wie sein Vorgänger im GMO-Vorstand, David Tebbs, der BIS an, einer hundertprozentigen Tochter der amerikanischen Nynex Corp., die zu 42 Prozent an der GMO beteiligt ist.

In einem Brief an die Mitarbeiter erklärte Burmeister: "Ziel der jetzt durchgeführten Maßnahmen ist die Straffung der Führungsstruktur, die Verankerung klarer Verantwortlichkeiten, die gemeinsame Nutzung von Ressourcen, ein geschlossenes Auftreten am Markt und - mit allem verbunden - eine Senkung der Kosten." Überhaupt scheint mit dein neuen Vorstandsvorsitzenden künftig ein neuer Wind bei der GMO zu wehen. In der Finanzwelt "aufgewachsen", will er neben Umsatzwachstum und Zugewinn an Marktanteilen vor allem mehr auf die Ertragsseite achten. Zudem, so Burmeister, werde man in Zukunft bei Neuakquisitionen vorsichtiger sein. Erst einmal stehe eine Konsolidierungsphase an, in der die Gruppe zur Ruhe kommen könne. Der neue GMO-Chef: "Mein Hauptziel für die kommenden zwölf Monate ist es, die vielen GMO-Schiffe zu einer Flotte zu formieren" (siehe auch Interview der Woche auf Seite 6).