IBM richtete in der Schweiz ein Laboratorium ein:

Mit den Eidgenossen technologisch forschen

17.09.1982

RÜSCHLIKON (sg) - Bereits im Jahre 1956 gründete IBM in der Schweiz ein

Forschungslaboratorium. Die Wissenschaftler beschäftigten sich hauptsächlich mit der Informationsübertragung. Das "Ringkonzept" für lokale Netzwerke (LAN) beispielsweise wurde hier entwickelt.

Die Wahl des Standortes fiel auf den Raum Zürich, denn hier konnte wegen der guten Arbeiten auf dem Computergebiet an der nahegelegenen ETH ein großes Potential an Spezialisten vorausgesetzt werden. So wurde denn Professor A. P. Speiser, inzwischen Forschungsleiter bei der BBC AG in Baden, 1955 von IBM mit dem Aufbau des Forschungslaboratoriums beauftragt. Bereits im Herbst 1956 beschäftigte das Laboratorium 30 Mitarbeiter.

Zunächst orientierte sich das Forschungsprogramm vorwiegend an technologischen Zielsetzungen. Vor allem das Arbeiten mit magnetischen Dünnschichtkomponenten sowie die Verwendung von Ferritkernen als Schaltelemente für logische Verknüpfungen in Rechnern gehörten zu den ersten Projekten.

Ein weiteres Technologieprojekt von zumindest historischem Interesse war die sogenannte Flüssigkeitslogik. Es wurde versucht, Rechenoperationen durch eine unter Druck stehende Flüssigkeit, in diesem Fall Wasser, auszuführen. Diese Flüssigkeitslogik schien im Vergleich zur damals erhältlichen Elektronik billig zu sein, war aber relativ langsam.

Als sich die Forschungsprogramme ausweiteten und immer mehr Mitarbeiter eingestellt wurden, suchte IBM einen neuen Standort für das Laboratorium. Die Wahl fiel auf die Nachbargemeinde Rüschlikon. Im Herbst 1962 wurden die neuen Räume bezogen.

Die wissenschaftliche Tätigkeit der nun folgenden Jahre erstreckte sich auf die Informationsübertragung mit Halbleiterelementen. Im Rahmen der Arbeiten auf dem Gebiet der Informationsübertragung konzentrierte man sich auf ein Halbleiterelement mit der Bezeichnung "Mesfet" (Metal Semiconductor Field Effect Transistor).

Bis 1980 war es gelungen, "Mesfets" auf Silizium mit Metalleitern von nur einem Mikrometer Breite herzustellen. Die kleinste Leiterbreite der damals gängigen Halbleiterelemente betrug zirka 15/1000. Diese Dimension ist deshalb wichtig, weil die Arbeitsgeschwindigkeit des Bauteils von der Breite der als Gatter bezeichneten Metallinie abhängt.

Den Forschern in Rüschlikon gelang es 1970, Mesfet-Bauteile aus Gallium-Arsenid herzustellen, die eine Schwingungsfrequenz von 30 Gigahertz aufwiesen. Es handelte sich um die schnellsten Transistoren, die bis dahin je hergestellt worden waren. Diese Art von Transistor wird heute üblicherweise noch in Mikrowellenübertragungssystemen eingesetzt.

Im Jahre 1971 wurde K. E. Drangeid Direktor des IBM-Laboratoriums. Im Labor wurde nun auch auf dem Gebiet der Übertragungsprotokolle gearbeitet. So haben in Rüschlikon Wissenschaftler unter anderem eine neue Technik zur Validierung von Protokollen ausgearbeitet. Sie ist zur Validierung der Systems Network Architecture (SNA) von IBM sowie einer Reihe von international standardisierten Protokollen verwendet worden.

Außerdem wurden fundamentale Untersuchungen über die digitale Übermittlung und Reproduktion von Bildern, besonders von Halbtonbildern, durchgeführt. Es folgte die Entwicklung von digitalen Restverfahren, um bei der Reproduktion die beste Qualität zu erzielen.

Das größte Projekt auf dem Übermittlungsgebiet in Rüschlikon, das gegen Ende der siebziger Jahre in das Forschungsprogramm aufgenommen wurde, betrifft ein Local-Area-Network-System, das in einem oder mehreren Gebäuden zirka hundert Datensichtstationen miteinander verbinden kann. Die heute verwirklichte Technologie läßt nach Ansicht von IBM kostengünstige Übertragung bei Geschwindigkeiten von einem bis zehn Millionen Bits pro Sekunde zu.

Das in Rüschlikon entwickelte Konzept beruht auf einer Schleife oder einem Ring, über den die Stationen miteinander verbunden werden. Jedes Terminal verfügt über einen Adapter, der den Datenverkehr in diesem Ring überwacht. Jede Übermittlung enthält Steuerzeichen, die den Anfang und das Ende der Übermittlung kennzeichnen und so den Verkehr auf dem Ring regeln.

Gleichzeitig wurden Brücken entworfen und gebaut, die zwei Ringsysteme miteinander verbinden können, wenn die Zahl der Terminals die Kapazität eines Ringes überschreitet.