"Mit dem PC wird die Geschichte neu geschrieben"

12.05.1995

CW: Nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG, Heinrich von Pierer, will die Siemens-Gruppe im asiatisch- pazifischen Raum bis zum Jahr 2000 3,5 Milliarden Dollar investieren. Wieviel entfaellt davon auf die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI)?

Hass: Das laesst sich einfach ausrechnen, wenn man davon ausgeht, dass SNI rund 13 Prozent zum Konzernumsatz beisteuert.

CW: SNI investiert in diesem Wirtschaftsraum also zirka 455 Millionen Dollar in den kommenden fuenf Jahren?

Hass: Wir schaetzen, dass der IT-Markt in Asien im Jahr 2000 rund 250 Milliarden Mark gross ist. Alle Maerkte in denen die Siemens AG taetig ist, werden zusammen nur um 50 Prozent groesser sein. Das Unternehmen waere schlecht beraten, wenn es nicht in das enorme Wachstumspotential des IT-Geschaefts investieren wuerde.

CW: Von Pierer will von den 3,5 Milliarden Dollar rund eine Milliarde in China investieren. Hat China fuer SNI die gleiche Bedeutung?

Hass: Das China-Geschaeft ist moeglicherweise das mit dem groessten Investment, aber der groesste Markt ist Japan. Investieren wollen wir vor allen Dingen in China, Japan, Indien und Indonesien.

CW: Wieso beginnt SNI erst jetzt mit den Aktivitaeten in China? Die Konkurrenz, beispielsweise Hewlett-Packard, ist doch laengst dort taetig.

Hass: Bereits 1981 lieferte Siemens 25 Mainframes in das Reich der Mitte. Nixdorf hat 1985/86 einige Auftraege im Bankenbereich bekommen, das sind alles noch unsere Kunden.

CW: Aber daraus hat sich doch kein Geschaeft entwickelt.

Hass: Man muss fairerweise zugeben, dass SNI seit 1990 alle Haende voll zu tun hatte, die Firma so zu trimmen, dass sie erfolgreich ist. Und das Management musste sich fragen, ob SNI finanziell schon weit genug ist, um den Sprung nach Fernost zu wagen. Denn in China taetig sein heisst, dort zu investieren. In Laendern wie Indonesien oder den Philippinen wird die Geschichte voellig neu geschrieben, naemlich mit dem PC und Unix-Systemen.

CW: Wie gut sind denn die Chancen, im japanischen Business Fuss zu fassen?

Hass: Dieser Markt ist unglaublich proprietaer. NEC hat dort bei PCs einen Marktanteil von 60 Prozent, und zwar mit proprietaeren Rechnern mit einem eigenen Chip, auf denen kein Microsoft laeuft und nichts. Das sind die einzigen PCs ausser denen von Apple, die mit nichts kompatibel sind.

CW: Was ist mit den Unix-Rechnern, die in Japan installiert sind?

Hass: Auf den Unix-Systemen von Fujitsu und NEC laeuft beispielsweise kein R/3 von SAP. Japan ist eine ziemliche Closed- shop-Geschichte.

CW: Das Land erlebt aber gerade

eine Veraenderung, auch durch den Yen-Aufschwung, und ist fast gezwungen, sich zu oeffnen.

Hass: Ich denke auch, dass ein europaeisches Unternehmen mit einem guten Konzept, hochwertigen Produkten und einem aggressiven Auftreten dort riesige Moeglichkeiten hat. Die Chancen waren nie so gut wie jetzt.

CW: Wie will sich SNI den Markt in Japan erschliessen?

Hass: Wir haben dort eine Basis von Comet-Installationen bei rund hundert Kunden. Diese Kunden wollen wir auf Unix umstellen, wir arbeiten dort eng mit SAP zusammen. Zusaetzlich sondieren wir in Japan einige grosse Softwarehaeuser, mit denen ebenfalls Kooperationen geplant sind.

CW: Welchen Umsatz erzielt SNI derzeit im asiatisch-pazifischen Raum, und wie setzt er sich zusammen, wenn man die neue SNI- Organisation Service - Solution - Products zugrunde legt?

Hass: Von den 250 Millionen Dollar, die wir dort insgesamt einnehmen, entfallen auf den Servicebereich zwischen 20 und 25 Prozent. Dieser Anteil ist niedriger ist als in Deutschland, weil eben die installierte Basis kleiner ist. Der Anteil des Integrationsgeschaefts ist etwa ebenso gross, so dass auf das Produktgeschaeft gut die Haelfte entfaellt. Das wird sich innerhalb der kommenden fuenf Jahre in Richtung ein Drittel fuer jeden Bereich verschieben.

CW: Wann wirft das Geschaeft in der Region Gewinn ab? Derzeit wird ja vermutlich mehr investiert.

Hass: Wir glauben, dass wir trotz all dieser Investitionen in zwei Jahren profitabel sind.

CW: Und im operativen Bereich?

Hass: Schon im naechsten Jahr.

Axel Hass ist als Executive Vice-President verantwortlich fuer das Asien-Geschaeft von SNI. Mit ihm sprach CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstaetter.