Maßnahme gegen das Knopfdrucksyndrom:

Mit dem Berater fängt es an

21.12.1979

Der angehende EDV-Anwender sieht sich mit einer unübersehbaren Vielfalt von Hardware- und Softwareangeboten und einer schwer durchschaubaren Fachsprache konfrontiert. Hardware-Auswahl, Software-Entwicklung, Kostenkalkulation und Terminplanung stellen sich ihm als unlösbare Probleme dar.

Hier gilt es für den Berater, Entscheidungshilfen zu schaffen, Vorauswahlen zu treffen, für Transparenz von Abläufen zu sorgen und eventuell Alternativlösungen anzubieten. Dies erfordert sicherlich neben Fachkenntnis in hohem Maße Einfühlungsvermögen in die Situation des EDV-Neulings.

Als Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung eines EDV-Systems wird nicht ganz unberechtigt gefordert, einen Anforderungskatalog zusammenzustellen. Anhand dieser mehr oder weniger detaillierten Aufstellung können dann Angebote zur Realisierung eingeholt werden.

Die Praxis beweist jedoch immer wieder, daß der Katalog in den meisten Fällen seiner Aufgabe nur stark eingeschränkt gerecht wird. Er soll detaillierte Definitionen über Anforderungen bieten, die der Anwender an ein zukünftiges EDV-System stellt. Außerdem wird von ihm eine eindeutige Definition des Leistungsumfanges der Hardware- und Softwarelieferanten verlangt. Nur schwer einzusehen ist für den Erstanwender, daß die Erstellung eines Anforderungskataloges eine zeit- und kostenaufwendige Notwendigkeit ist.

Dem Neuling erscheint Planung erst sinnvoll, wenn entsprechende Hardware und Software zur Verfügung stehen, deren Auswahl mehr oder weniger dem Zufall überlassen wurde. Etwa 40 Prozent der Anwender stellen anschließend fest, daß sie etwas anderes erwartet hatten.

Die Erstellung einer Ist-Analyse und eines Sollkonzepts ist deshalb durch einen erfahrenen EDV-Berater unbedingt anzuraten. Der Anwender selbst unterschätzt die anstehenden Probleme (Knopfdrucksyndrom) und vernachlässigt die detaillierte Planung.

Ergebnis sind dann erhebliche Termin- und Kostenabweichungen, die meistens nicht nach unten überraschen. Die Anwender sollten einige Anforderungen grundsätzlicher Art an den beauftragten Berater stellen. Dazu gehören Herstellerunabhängigkeit, lückenloses Dokumentieren aller erarbeiteten Ergebnisse in einer für den Anwender verständlichen und kontrollierbaren Form sowie die Bereitschaft, Verantwortung mitzutragen.

Vornehmste Aufgabe eines EDV-Beraters bei der Unterstützung eines EDV-Erstanwenders ist es, ihn zu einer sinnvollen Planung hinzuführen in einer Phase, wo es für ihn um scheinbar rein theoretische Probleme geht und weder Hardware noch Software schon zu fassen sind.

Wie einige durchgeführte Studien beweisen, sind rund 70 Prozent aller Erstanwender erst später klüger geworden. Sie würden heute erheblich mehr Kosten und Zeit für die Erstellung eines Anforderungskataloges verwenden.

*Hartmut Bretzer ist Leiter des Bereiches Beratung und Organisation beim ZDO - Zentrum für Datenverarbeitung undOrganisation GmbH, Mainz-Kastel.