Konzentrationsprozess in Europas CASE-Markt ist in vollem Gange

Mit Delta Software will IBSI auch international Fuss fassen

07.05.1993

Waehrend der IBM-Vorstoss bei der Compagnie Generale d´Informatique (CGI) fuer einigen Diskussionsstoff in der Branche sorgte, (siehe auch CW Nr. 16 vom 16. April 1993, Seite 4), vollzog sich der franzoesisch-schweizerische Deal in aller Stille. Im Februar 1992 kamen die Groupe IBSI, die sich selbst als fuehrendes europaeisches Software- und Beratungshaus sieht, und die Delta Software AG ueberein, ihre Aktivitaeten zusammenzulegen. Die Franzosen beteiligten sich an der Schweizer Holding zu 76 Prozent und uebernahmen neben den eidgenoessischen Aktivitaeten auch die Niederlassungen in Deutschland sowie Grossbritannien. Der Rest der Anteile verblieb im Besitz des Firmengruenders Reinhold Thurner, der Delta Software 1970 aus der Taufe gehoben hatte.

Laut Fred Kampermann, Geschaeftsfuehrer der in Muenchen beheimateten Delta Software GmbH, kam der Deal keineswegs ueberraschend. "Beide Unternehmen verbindet bereits seit Jahren eine enge Zusammenarbeit - auf der Vertriebs- wie auch auf der Entwicklungsebene." So haetten nicht zuletzt dem neuen Tool DDB CASE, im Oktober 1992 angekuendigt und laut IBSI ein integriertes Set von Werkzeugen, das speziell der Erstellung von Applikationen fuer grafische Benutzeroberflaechen und Client-Server-Konzepte dienen soll, schon vor dem Zusammenschluss intensive gemeinsame Entwicklungsarbeiten zugrunde gelegen.

Drittgroesster CASE-Anbieter in Europa

Das Buendeln der CASE-Kraefte von IBSI und Delta Sofware hat sich in einem Punkt bereits ausgezahlt: Mit einem Anteil von nunmehr rund sechs Prozent ist die Delta-IBSI-Groupe nach Auskunft Kampermanns der drittgroesste europaeische CASE-Anbieter - nach der Muenchner Softlab GmbH (etwa zehn Prozent) und der von Big Blue umworbenen CGI (zirka sieben Prozent).

Dass die Franzosen aber noch weiter vorankommen wollen und grosse Hoffnung dabei vor allem auf das neue Herzstueck ihrer Anwendungsentwicklungs-Systeme, DDB CASE, setzen, zeigt nicht zuletzt die Neugruendung der IBSI CASE Development, deren rund 75 Mitarbeiter in Duesseldorf, Nantes und Zuerich speziell mit der Weiterentwicklung von DDB CASE befasst sind.

Fuer die Franzosen, die neben der Software-Entwicklung auch als DV-Dienstleister und Systemintegrator taetig sind, geht es indes nicht allein um die gemeinsamen CASE-Aktivitaeten. Auf die Fahne geschrieben hat sich die Groupe IBSI vielmehr auch Expansion im internationalen Geschaeft, das derzeit noch weitgehend unterentwickelt ist. Ausserhalb Frankreichs nahezu unbekannt, steuerte das Auslandsgeschaeft 1992 zum Gesamtumsatz von rund 600 Millionen Franc (etwa 180 Millionen Mark) gerade einmal knapp 13 Prozent bei. Nun erhofft sich das IBSI-Management ueber Delta Software verstaerkt den Zutritt zum schweizerischen, deutschen und britischen Servicemarkt. Fuer das Geschaeftsjahr 1993 erwarten die Franzosen beim internationalen Umsatz eine Steigerung von 30 Prozent auf dann rund 100 Millionen Franc.

Interessiert an der Ausdehnung der internationalen Software- und Servicegeschaefte duerfte auch France Telecom sein. Der Pariser Carrier haelt ueber seinen Unternehmensbereich Informationstechnologie (FTLIS) seit 1990 einen Anteil von 40 Prozent an der Groupe IBSI und beteiligte sich nach der Uebernahme von Delta Software auch an der neu gegruendeten IBSI-Division Progiciels & Systemes, in die der Schweizer CASE-Spezialist eingegliedert wurde. Dieser FTLIS-Anteil liegt derzeit bei 29 Prozent.