"Textverarbeitung ermöglicht eben den besseren Service"

Mit Abteilungsdirektor Kurt Sachs von der Hypo-Bank, München, sprach für die CW der Fachjournalist Hans R. Wiesbauer

03.07.1981

Innerhalb der nächsten fünf Jahre rechnete die Hypo-Bank mit einer Verdoppelung ihrer heute schon produzierten eine Million Schriftstücke. Um diese Papiermassen mit vorhandener Mitarbeiterzahl und Gleichzeitiger Qualitätsverbesserung in den Griff zu bekommen, führten die Banker Textverarbeitung ein. Die Überlegungen, die diesem Schritt vorangingen, erläutert der in der Bayerischen Hypotheken- und Wechsel-Bank für das Ressort Organisation + Personal sowie Rationalisierung zuständige Abteilungsdirektor Kurt Sachs.

- Herr Sachs, der Wettbewerb im Bankgewerbe ist härter geworden. Ist die Einführung der Textverarbeitung bis in den Filialbereich eine Antwort auf das gestiegene Informationsbedürfnis?

Mit Sicherheit! Nur sind wir hier nicht alleine; die gesamte Branche bewegt sich in diese Richtung. Der Bankwettbewerb wird auch in zunehmendem Maße ein Kommunikationswettbewerb. Die schnelle Übermittlung von Daten und Informationen, eine sofortige Reaktion wie im Privatkunden- und Firmengeschäft entscheiden oft über Erfolg und Nichterfolg eines Geschäftes. Die Textverarbeitung wird unter anderem unsere Konkurrenzfähigkeit stärken. Ein überbesetzter Bankenmarkt in der Bundesrepublik führt zu einem Verdrängungswettbewerb. Bei nahezu gleichem Dienstleistungs- und Konditionsangebot werden auf Dauer nur diejenigen Banken bestehen, die ihren Kunden bei möglichst kostenbewußter Organisation eben einen besseren Service und eine intensive und qualitativ hochwertige Betreuung bieten können.

- Welche Ziele streben Sie mit der Einführung der Textverarbeitung an?

Mit zunehmender Geschäftsausweitung steigt der Zwang zur internen und externen Information und Kommunikation. Insbesondere müssen Leistungsreserven geschaffen werden, die eine Zunahme der Korrespondenz ohne Erhöhung der Mitarbeiterzahl ermöglichen. Es gilt daher, eine schnelle und kostengünstige Abwicklung der Kommunikation durch eine einheitliche Organisation und Steuerung der Textverarbeitung und eine ständige Leistungserfassung nach einheitlichen Kriterien mittels Einsatz moderner Technik zu erreichen .

- Können Sie uns diese etwas schlagwortartige Zieldefinition detaillierter erläutern?

Nun, es ist mit dem vorhandenen Mitarbeiter - bei gleichzeitiger Qualitätsverbesserung - der steigende Arbeitsanfall aufzufangen. Insbesondere sind dazu noch die Durchlaufzeiten der Schriftguterstellung zu verkürzen, damit ein wirkungsvoller, geschäftsorientierter Service geboten werden kann.

Die Erreichung dieser Ziele garantiert uns eine Entlastung der leitenden Mitarbeiter von Sachbearbeiter- und Sektretariatstätigkeiten und damit mehr Zeit für deren eigentliche Aufgaben, nämlich Führen und Leiten. Außerdem erzielen wir eine Senkung der Verwaltungs- und Personalkosten bei Sachbearbeitern und Schreibkräften durch Entlastung von Routinetätigkeiten .

Durch die Bildung von "Dynamischen Gruppen" und den Einsatz von Texthandbüchern erreichen wir ferner überschaubare Verwaltungsabläufe und eine Beschleunigung des Korrespondenzdurchlaufes .

Wir sind der Auffassung, daß nur durch einseitige punktuelle Maßnahmen in der Textverarbeitung, wie zum Beispiel nur Textprogrammierung sich diese Zielsetzungen keinesfalls erreichen lassen. Es ist daher zwingend erforderlich, durch planvolle Gesamtorganisation der Textverarbeitung alle Möglichkeiten zu nutzen.

- Herr Sachs, Sie sprachen bereits eingangs von einem Kommunikationswettbewerb, von einer ständigen Korrespondenzzunahme. Was bedeutet das in konkreten Zahlen für Sie, um diesen wichtigen Punkt etwas transparenter darzustellen ?

In unserem Haus beschäftigen sich über 1200 Mitarbeiter im weitesten Sinne mit der Korrespondenzerstellung. Auf der Basis der heutigen Personalkosten und des bei uns produzierten Schriftgutvolumens kostet uns eine Seite DIN A4 zwischen 38 und 50

Mark. Dieser Betrag deckt sich auch mit entsprechenden Veröffentlichungen in der Fachliteratur. Jährlich werden bei uns rund eine Million Schriftstücke erstellt. Wir gehen davon aus, daß rund 60 bis 70 Prozent in den nächsten Jahren automatisierbar sind.

Ferner haben wir im Rahmen unserer Analyse festgestellt, daß die jährlich zu erstellende Schriftgutmenge um rund zehn bis 15 Prozent zunimmt, das heißt eine Verdoppelung in nahezu fünf Jahren. Dies würde natürlich einen entsprechenden Mehrbedarf an Mitarbeitern bedeuten. Es war unser kurzfristiges Ziel, zunächst diesen Mehrbedarf an Mitarbeitern durch Technik aufzufangen, da unter anderem die Situation am Arbeitsmarkt für qualifizierte Schreibkräfte sehr problematisch ist.

- Sie haben sich zur Erreichung dieser Ziele bereits für bestimmte Textsysteme entschieden. Welche Anforderungen stellten Sie an die einzusetzende Text-Hardware?

Nach einer internen Studie kristallisierten sich einige Hauptanforderungsprofile heraus.

Erstens: Die Textverarbeitung sollte wirtschaftlichere Arbeitsabläufe ermöglichen unter Einbeziehung der menschlichen Belange auf die Arbeitsplatzgestaltung, wobei die Anwendung aller bisher praktizierten Schriftguterstellungsverfahren, wie Korrekturschreiben, Einsatz von Texthandbüchern oder Verwendung von Formularmasken gewährleistet sein mußte.

Zweitens: Ein wichtiger Punkt war die Voraussetzung der Teletex-Fähigkeit. Hier werden wir noch in diesem Jahr eine Testinstallation aufbauen. Dies ist der erste Schritt für das von was langfristig angestrebte Konzept: Elektronic Mail. Mit der Einführung des Teletex-Dienstes über unsere Textverarbeitungssysteme erreichen wir den neuesten Stand der papierlosen Übermittlung von Texten.

Bei unseren Überlegungen spielt weiter eine wesentliche Rolle, daß das Textsystem nicht nur bezüglich Hardware sondern insbesondere auch bezüglich Software die Verbindung zu unserer EDV ermöglicht. Durch diese geplante Online-Verbindung werden wir uns einen direkten Zugriff auf unsere EDV-Dateien verschaffen.

Dazu gehört natürlich auch die Ausbaufähigkeit des Systems, also vom wirtschaftlich sinnvollen Einzelplatz bis zum Mehrplatzsystem im Rahmen einer Systemfamilie.

Last but not least, die einfache Handhabung der Geräte.

- Die Zahl der Textsystemanbieter steigt von Jahr zu Jahr. So gibt es heute in der Bundesrepublik rund 70 Anbieter auf diesem Markt. Wird es da nicht schwierig, das richtige System auszuwählen ?

Wir hatten einen Anforderungskatalog mit rund 150 Bewertungsfaktoren erstellt. Diese Faktoren wurden nach unbedingt erforderlich bis nicht erforderlich klassifiziert und diese wiederum nach sehr gut bis nicht vorhanden bewertet. Diese Matrix reichte von der Tastatur, dem Bildschirm und dem Drucker, von der modularen Ausbaufähigkeit und Kompatibilität zur allgemeinen Datenverarbeitung Teletexverbund, und Rechenfähigkeit bis zum Softwareangebot und der Speicherkapazität.

- Wie sehen die Zukunftspläne im Bereich Textverarbeitung bei der Hypo-Bank aus?

Auf der Basis unseres strategischen Konzepts haben wir ein organisatorisches und technisches Konzept entwickelt.

Unsere Konzeption geht zunächst bis 1984. Danach werden nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Stufenplan zirka 20 Niederlassungen mit Textsystemen ausgestattet. In der nächsten Stufe wird die Textverarbeitung verstärkt in der Hauptverwaltung, unserem neuen Hypo-Haus, eingesetzt Danach planen wir den Verbund der einzelnen Textsysteme, so daß ein Großteil der hausinternen Korrespondenz papierlos erfolgen kann.

Als nächsten Schritt haben wir vor die Verbindung zu unserer EDV herzustellen und damit einen direkten Zugriff auf Kunden- und Kontendaten zu erreichen. Dann sind wir in der Lage, unsere Texthandbücher zentral zu warten. Die Textverarbeitung ist ein wesentlicher Mosaikstein in der gesamten Bürokommunikation der 80er Jahre.

Neben den technischen Anforderungen mußte vom Anbieter die Aus- und Fortbildung der Bedienungskräfte gewährleistet werden, wobei eine ständige Kommunikations- und Beratungsstelle bei dem ausführenden Unternehmen vorhanden sein muß. Auch die Sicherung des technischen Service gehört zu diesen Forderungen.

Nach einer Vorauswahl wurden Textsysteme verschiedener Hersteller

für ein halbes Jahr zu einem Test in unserem Hause aufgefordert. Unter Berücksichtigung der für unser Haus entscheidenden Faktoren, wurde zunächst das Softwarehaus Dr. Richtmann. + Eder, München, mit der Installation von Bitsy-Textsystemen von Triumph-Adler bei unseren Niederlassungen betraut.

- Dieser technische und organisatorische Umbruch in Ihrem gesamten Kommunikationssystem muß natürlich auch von den Mitarbeitern getragen und akzeptiert werden. Welche Maßnahmen waren und sind hier vorgesehen, beziehungsweise zu welchen Umstrukturierungen kann es Im personellen Bereich?

Vorauszuschicken ist, daß die innerbetriebliche Diskussion und insbesondere Information über diese Techniken bereits lange vor Installation unter Einbeziehung des Betriebsrates geführt wurde. Dies ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, um eine entsprechende Motivation der betroffenen Mitarbeiter zu erreichen.

Wir haben uns für die Organisationsform "Dynamische Gruppe" entscheiden. Diese Organisationsform besagt im wesentlichen, daß Schreiben und Verwalten in enger Zusammenarbeit mit der Sachbearbeitung in einer Gruppe durchgeführt wird. Nach den jetzigen Erfahrungen bietet diese Organisationsform den Mitarbeitern bessere Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten.

Wir haben bewußt verzichtet, zentrale Schreibdienste einzurichten.

Lassen Sie mich aber noch an dieser Stelle folgendes sagen. Nicht alles technisch Machbare bringt einen Fortschritt und wird von den Mitarbeitern akzeptiert. Es wird unsere Aufgabe sein, im Spannungsfeld zwischen Machbarkeit und Vorsicht, die aus dem Einsatz dieser Technik resultierenden Veränderungen schrittweise zu realisieren.

- Herr Sachs, gibt es bereits konkrete Werte, wie in bestimmten Abteilungen mit hohen Schriftgutaufkommen die Bearbeitungszeiten verbessert werden ?

Ja, um nur ein Beispiel zu nennen, so konnte der Korrespondenzdurchlauf in der Kreditabteilung durch den Einsatz der Textsysteme von früher drei Tagen auf jetzt einen Tag reduziert werden.