Bonn rechnet mit Bruesseler Ja zu Grosskundenrabatten der Telekom

Minister Boetsch bezichtigt VTM der bewussten Falschmeldung

22.03.1996

"Der VTM hat keine Falschmeldung verbreitet", verteidigte Gerd Eickers, Vorsitzender des Interessenverbandes, die in einer Pressemitteilung gemachte Aussage auf Anfrage der CW. In dem von der Organisation privater Carrier versandten Papier hiess es, Boetsch stimme den Rabatten nicht zu. Er folge damit einer dringenden Aufforderung des fuer Wettbewerb zustaendigen EU- Kommissars Karel van Miert.

Dem Niederlaender liegt derzeit eine Beschwerde der privaten Netzbetreiber CNI, Meganet, RWE Telliance, Thyssen Telecom und Viag Interkom zur Pruefung vor. Darin wird das angeblich diskriminierende Vorgehen der Telekom angeprangert, die mit ihrem Rabattkonzept versuche, Wettbewerber, die zugleich Grosskunden sind, von der Rabattierung auszuschliessen (siehe auch Seite 31).

Die alternativen Wettbewerber muessten danach den Rohstoff Leitungen und Ortsnetzdienste weiterhin ohne Rabatt einkaufen. Die Mitglieder des VTM sind jedoch laut Eickers fuer ihre Corporate- Networks-Dienstleistungen wegen des Netzmonopols auf Mietleitungen angewiesen.

Der VTM stuetzt seine Aussage, Boetsch werde den Rabatten vorerst kein gruenes Licht geben, auf ein Schreiben van Mierts an den Postminister. Darin begruesst der EU-Kommissar die Zusage von Boetsch, die Tarife nicht einzufuehren, bevor Bruessel sie nicht geprueft habe. Der VTM-Vorstand raeumte auf Anfrage der CW ein, dass ihm zum Zeitpunkt des Telefonats der Brief zwar nicht in Kopie vorliege, der Inhalt aber aus sicherer Quelle bekannt sei. "In der Oeffentlichkeit herrscht der Eindruck vor, die Rabatte seien bereits genehmigt", sagte Eickers.

Kein Verstaendnis fuer die Massnahme des Verbandes hat Minister Boetsch. In einer Pressemitteilung des Ministeriums heisst es: "Der VTM stellt den Sachverhalt (...) bewusst oder in Unkenntnis der tatsaechlichen Situation verfaelscht dar. Das Ministerium geht davon aus, dass die EU-Kommis- sion die Rechtsauffassung des BMPT teilt und keine Einwaende gegen die (...) Grosskundenrabatte erhebt."