Sinkende Zuwachsraten im Minicomputer-Markt nicht vorhersehbar:

Minis leiden unter Mikro-Stärke

19.08.1983

MÜNCHEN (cw)-Trotz aller Befragungswerkzeuge und -methoden waren die Prognostiker nicht in der Lage, den totalen Einbruch vorherzusagen, den die Mikros den Minis bescheren würden. Dabei war Optimismus bis 1982 angebracht: Die Zuwachsraten bewegten sich regelmäßig bei 30 Prozent. Obendrein sprachen einige Minihersteller davon, man habe bisher lediglich an der Oberfläche des Mini-Marktes gekratzt.

Als dann im Laufe der immer stärker durchschlagenden Rezession erste Kaufentscheidungen zurückgestellt wurden und die Preise der Mikros in den Keller zu fallen begannen, ihre Leistungen denen der Minis jedoch nicht nachstanden, stellte sich erstmals heraus, daß einst konservative Prognosen im nachhinein als wilde Spekulationen bezeichnet werden mußten.

Erstes Opfer war Creative Strategies (CSI). Die 1980 vorhergesagten jährlichen 32,6 Prozent Zuwachs (bis 1984) schrumpften nach eigenen Angaben des Unternehmens auf echte 20 Prozent (1981) und gar auf 12,5 Prozent (1982). Das Unter- und Überschätzen der verschiedenen Einflüsse auf den Markt führt üblicherweise zu falschen und allzu falschen Zahlen. Unterschätzt wird aber vor allen Dingen in Langzeitprognosen, welche Einflüsse überhaupt in dieser hochtechnologischen Branche auftreten können. Und schließlich die persönliche Wertung all der zu erwartenden Ereignisse und Entwicklungen. Sagte CSI 1980, daß der Anteil der Superminis an den gesamten Miniauslieferungen 1984 stückzahlmäßig 10 Prozent und wertmäßig 35 Prozent ausmachen würden, so würde man das jetzt gerne nach unten revidieren; die aktuellsten Zahlen, die die CSI für Ende 1981 hat, liegen entsprechend bei 3 beziehungsweise 17 Prozent. Die Yankee Group, ein anderes führendes Marktforschungsinstitut, hält die CSI-Zahlen von 1984 hingegen für zu niedrig.

CSI sagte auch voraus, daß IBM bis 1984 die Nummer zwei des Mini-Marktes sein werde. Bis heute läßt sich jedoch nicht erkennen, wie IBM zwei der führenden drei, nämlich Digital Equipment Corporation, Data General oder Hewlett-Packard, überrunden könnte.

1977 saß Qantum Science einem ähnlichen Irrtum auf; der damals für 1981 vorhergesagte 15prozentige IBM-Anteil konnte nie erreicht werden. International Data Corporation (IDC) gibt IBM ganze vier Prozent am Minimarkt, bezogen auf 1981. Hier tauchen natürlich Definitionsprobleme auf. Gehört nur die Serie /1 von IBM dazu oder aber auch deren System /34 und /38?

Die Yankee-Group meint, man müsse nur die Marktzahlen der Non-IBM-Hersteller sehen. Dort habe man 1982 7,1 Milliarden Dollar Umsatz gemacht. Addiere man IBM dazu, dann waren es knapp 11 Milliarden.

Nicht ganz 80 daneben wie CSI lag IDC. Dort sagte man 1980 für den Zeitraum bis 1983 durchschnittlich jährlich 29 Prozent Zuwachs voraus. Die echten Zahlen liegen laut IDC bei 23 (1980), 16 (1981} und 20 Prozent (1982). Der installierte Bestand sollte, ebenfalls laut IDC, Ende 1983 bei 235 000 Stück und 13 Milliarden Dollar liegen. Derzeit rechnet man nur noch mit 11,8 Milliarden Dollar und 172 000 Stück. Aaron Goldberg Zahlenpapst bei IDC, kommentierte so: "Die Wirtschaftsrezession hat uns in ihrer Stärke überrascht- 1980 sah es für den Minimarkt etwas besser aus, eben ohne den Wettbewerb der anscheinend allmächtigen Mikros.

Frei übersetzt aus der Computerworld von Kurt Emonts, Journalist in Taunusstein.