Vertriebsverbund für FE-Analysen zwischen TDV in Graz und Teknisk Data in Oslo:

Mini wird Bürocomputer des Ingenieurs

06.02.1981

STUTTGART - Finite-Elemente- (FE-)Analysen, die auf normalen Minicomputern ablaufen können, bieten die technische Datenverarbeitung (TDV), Dipl.Ing. Heinz Pircher in Granz und die norwegische Teknisk Data A.S., Oslo, in Kooperation an. Kai Viggo Munch von Teknisk Data berichte darüber auf einem Kongreß, zu dem die Stuttgarter Ikoss GmbH über 100 FE-Anwender eingeladen hatte. Munch: "Der Mini wird mehr und mehr der Bürocomputer des Ingenieurs."

Munch begründete diese Ansicht mit folgender Argumentation: Der Mini ist leicht bedienbar, preisgünstig, Selbständigkeit-fördernd und besitzt in aller Regel eine einfache und stabile Peripherie. Zwar sei der Mini "langsam", andererseits aber bekomme der Techniker "seine" Ergebnisse schneller als sonst. Minis, meinte Munch, seien vergleichbar dem VW-Käfer und robuster als viele Großrechner, mit denen er gearbeitet habe.

Munch erörterte in seinem Referat die praktischen Vorteile des Einsatzes dedizierter Minicomputer für die Finite-Elemente-Analyse. Üblicherweise, meinte er, würden solche Analysen auf Mainframe-Anlagen durchgeführt, und noch bis vor wenigen Jahren seien sie auch nur auf Großrechnern möglich gewesen.

Doch durch die Einführung der sogenannten Megaminis mit ihrem hochentwickelten Adressierverfahren habe sich dies geändert. Munch nannte hier als besonders typisch die Prime- und VAX-Rechner - letzterer ein DEC-Produkt - und die neuen Data General-(DG-)Modelle. Eine erhebliche Zahl von FE-Codes sei bereits auf diesen Maschinen glatt installiert worden, bis hin zu den größten Systemen wie etwa Aska, Nastran und Sesam.

Weiter unten jedoch, im Bereich der eigentlichen Mini-Maschinen, sei ein auffallender Kontrast zwischen dem fast totalen Fehlen verfügbarer FE-Codes und der großen Auswahl an Rechnermodellen zu verzeichnen. Munch nannte unter anderem: Eclipse/Nova von DG, Nord 100 von Norsk Data, HP 3000, Univac 90/30, Prime (untere Kategorie) und DEC. In dieser Rechnerklasse bieten Teknisk Data und TDV gemeinschaftlich FE-Packages an.

Keine "Schuhlöffel-Software"

Dabei handele es sich - so Munch - typischerweise um eine 16-Bit-Maschine mit reellen Zahlen von 32 Bit und doppelt genauem Gleitkomma von 64 Bit, ferner mit einem umfassenden Betriebsystem, das solche von Mainframes hinsichtlich des Benutzerkomforts oft übertreffe. Zwar verfügten die meisten dieser Installationen nur über begrenzte Massenspeicher, doch könnten diese bei Bedarf fast beliebig ausgebaut werden.

Zudem seien die verbreiteten höheren Programmiersprachen verfügbar, und außerdem sei das Segmentieren von Programmen oder - bei Prime automatisches Paging möglich. Vereinzelt gebe es auch Multiuser-Betrieb. Das Angenehmste aber - so Munch - seien wohl die Kosten eines solchen Minis: Eine Grundkonfiguration, auf der praktisch verwertbare FE-Codes lauffähig seien, koste an die 40 000 Dollar.

Die Software von Teknisk Data und TDV, versicherte Munch, sei nicht "mit dem Schuhlöffel in die Maschine gezwängt", sondern speziell für diese Minis entwickelt worden.

Erforderlich seien

- Fortran-Compiler

- mindestens 64 KB freier Speicher,

- Segmentier- oder Paging-Möglichkeit,

- Kartenleser oder Terminal (alphanumerisch),

- Zeilendrucker und eventuell ein Plotter.

Als Merkmale dieser FE-Software nannte Munch:

- geschrieben in Standard-Fortran IV,

- portabel,

- einfaches Generieren von Daten,

- grafische Ausgabe von Strukturen und Berechnungsergebnissen,

- modularisiert, ablaufend in einer logischen Sequenz, wobei die Programmsegmente über Direktzugriffsdateien miteinander kommunizieren.

Abteilungs-Mini läuft immer

Munch stellte einige Teknisk Data/ TDV-Programmprodukte vor - mehrere Analysemodelle statischer und dynamischer Art, zwei- und dreidimensional, viskoplastisch mit potentieller Verflüssigung unter Verwendung vier- und sechsseitiger sowie "Super-Elemente" - und zählte sodann zusammenfassend die Vorteile der FE-Analyse auf Minicomputern auf.

An erster Stelle nannte er die Unabhängigkeit, die mit einem solchen Inhouse-Verfahren verbunden sei, ferner die relativ geringen Kosten im Vergleich zu Mainframes und Megaminis. "Minis scheinen unbegrenzt lauffähig zu sein", meinte Munch und wollte damit auch darauf hinweisen, daß bei Stillstand eines solitären Zentralrechners in einem Unternehmen alles zum Stehen komme. Der Mini, fuhr Munch fort, versetze den Konstrukteur in die Lage, die FE-Methode auch als Entwurfswerkzeug einzusetzen.

Wegen ihres extensiven Rechnergebrauchs seien FE-Analysen bislang vielfach nur als kurze "Konsequenz-Berechnungen" über die Zentraleinheit gegangen, die FE-Methode also nur in der Schlußphase eines Entwurfs zu Hilfe genommen worden, nicht aber zur eigentlichen Konstruktion. Der Mini als "Office Machine" (Munch) lasse die häufig notwendigen und kaum vorhersehbaren Reruns aufgrund von Fehlern nicht mehr prohibitiv für einen Zentralrechnereinsatz überhaupt, sondern zur normalen Routine werden.

Linearisierte Megamini-Leistung

Wenn er darauf verweise, daß 80 bis 90 Prozent der von ihm in den letzten zehn Jahren durchgeführten FE-Analysen auf einem Minicomputer realisierbar waren, so tue er dies nicht, unterstrich Munch, weil ihm der Mini-Einsatz als solcher als erstrebenswertes Ziel erscheine, sondern wegen der oben geschilderten Vorzüge. Munch legte dar, auf welche Weise Teknisk Data seinen Kunden diese Vorteile zugänglich macht, ohne daß diese auf Megamini-Leistung (extern) verzichten müssen: Die Osloer machen dies mit Hilfe einer Prime 450, auf der hauseigene Programme und das generelle System Aska, eine Entwicklung der Universität Stuttgart, laufen, und mit einer speziellen Preispolitik beim Verkauf von Megamini-Rechnerzeit und Beratungsleistung.

Die Rechnerzeit steigt mit zunehmender Problem-Komplexität annähernd exponentiell, bei Problemen nichtlinearen Charakters sogar noch starker.

"Rechnerzeit" (und gegebenenfalls Programm-Lizenzgebühren) sind als fester Prozentsatz der jeweiligen Beratungskosten definiert. Die Bezahlung zwischen der Komplexität des Projektes und den Servicekosten wird damit linear. Dadurch wird erreicht

- vertretbares Risiko für den Kunden - eventuelle Design-Wiederholungsläufe bleiben kostenmäßig im Rahmen, ebenso

- nichtlineare Problemstellungen

- insgesamt wird das Projektkosten-Managing einfacher.

Diese Art der Installation eines FE-Codes, resümierte Munch,- ist in den zurückliegenden Jahren bei vielen Kunden realisiert worden. Sie alle seien zufrieden und hätten beim Umgang mit diesem Analyseverfahren weniger Schwierigkeiten als mit eigenen Großprogrammen auf Megaminis.

Ähnlich wie Teknisk Data orientiert auch TDV seine Kostenberechnungen hauptsächlich an der Beratungsleistung, die dem Kunden erbracht wird. Die Grazer wickeln, wie Dipl.lng. Werner Haaf auf Anfrage mitteilte, ihre Auftrage fast ausschließlich pauschal, das heißt mit einem vereinbarten Festpreis ab.

Wenn der TDV-Berater mit dem Kunden das Problem erst einmal theoretisch gelöst habe, sei es nicht mehr so wichtig, meinte Haaf, ob vor der endgültigen Realisierung einer oder fünf Fehllaufe lägen; das DV-Equipment laufe ohnehin. TDV arbeitet mit einer Data General-Eclipse S 200, einer Data General-Nova 1200, beide mit 64 K Hauptspeicher, sowie mit einer Interdata 8/32 mit 384 K Hauptspeicher.