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Millionenbetrug mit Aktien während des Dotcom-Hypes?

04.06.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nach Wirtschaftsprüfern und Analysten ist mit der Knight Trading Group nun auch der größte Händler von Nasdaq-Aktien während des Dotcom-Booms ins Visier der US-Börsenaufsicht SEC gerückt. Zusammen mit der US-Vereinigung der Wertpapierhändler (Nasd) überprüft die SEC nun laut einem Artikel im "Wallstreet Journal" die Anschuldigungen auf unsaubere Geschäftspraktiken.

Ein früherer Knight-Mitarbeiter wirft dem Unternehmen vor, die Trading-Regeln verletzt und damit die Anleger um Millionen Dollar geschädigt zu haben. Dem Bericht zufolge untersuchen die Behörden, ob Knight beziehungsweise einzelne Angestellte aus einer Art von Insider-Handel namens "Front-Running" oder „Vorlaufen“ unrechtmäßig Kapital geschlagen haben. Dabei nutzt der Aktienhändler die Kenntnis von Großorders oder einem Kauf- oder Verkaufsauftrag seines Kunden aus, indem er selbst zuvor Aktien auf eigene Rechnung kauft. Er profitiert dabei von einer anschließenden Kursveränderung, der Kunde muss unter Umständen seine Aktien zu einem höheren Preis kaufen.

Die Möglichkeit eines derartigen Insider-Handels wird durch Knights Geschäftsmodell geradezu gefördert. Das Unternehmen verdient sein Geld, indem es zwischen Käufern und Verkäufern einer Aktie vermittelt und dafür eine Gebühr erhebt. Gibt es keine Deckung zwischen Angebot und Nachfrage, springt Knight selbst als Käufer oder Verkäufer ein. Nebeneffekt ist allerdings, dass die Trader dabei leicht ein Gespür für die Transaktionen an einem bestimmten Tag erhalten. Sie können daher - legal - antizipieren und mit dem Aktienbestand ihres Unternehmens gutes Geld verdienen. Knight musste bereits im Januar diesen Jahres wegen Verstoß gegen Trading-Regeln eine Strafe in Höhe von 1,5 Millionen Dollar zahlen. Sollten sich die neuen Anschuldigungen als wahr erweisen, dürfte die Strafe in diesem Fall weitaus höher ausfallen.

Unabhängig von der Untersuchung fiel der Wert der Knight-Aktie am gestrigen Montag vorbörslich von 6,35 Dollar bis auf 14 Cent. Daraufhin nahm die Nasdaq das Papier drei Stunden aus dem Handel, um auf eine Unternehmensmitteilung zu warten. In einer offiziellen Stellungnahme erklärte Knight den rapiden Kurseinbruch mit einem Fehler im eigenen Trading-System. Diese habe falsche Verkaufsorder für die eigene Aktie verursacht und den Kurs ins Bodenlose gestürzt. (mb)