Mikros in der BDE

17.11.1978

Professor Dr.-Ing. Karlheinz Roschmann* Fachhochschule Konstanz

Wer sich erstmals mit den modernen Möglichkeiten der Betriebsdatenerfassung (BDE) befaßt, staunt über die vielfältigen Alternativen die die BDE heute bietet. Sie reichen von einfachen, selbständig zu betreibenden Geräten bis zu leistungsfähigen gekoppelten Systemen einer Rechnerhierarchie. Fortgeschrittene Anwender dagegen fordern immer wieder Weiterentwicklungen heraus, da sie in Teilbereichen an die Grenzen bisheriger Leistung gestoßen sind.

Insgesamt werden die verschiedenen BDE-Neuentwicklungen der letzten Zeit mit großem Interesse aufgenommen. Einen Schwerpunkt bilden dabei die auf die Mikroprozessoren gestützten flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere in der Form der um Speicher etc. ergänzten Mikrocomputer. Mikros wo und wofür?

Im Rahmen hierarchischer Systeme helfen die Mikros für die dezentrale Vorverarbeitung, zur Erhöhung der Systemzuverlässigkeit, bei der Übertragung von Daten und anderes mehr (vergleiche COMPUTERWOCHE vom 7. 10. 77, Seite 15/16). Bei den im Betrieb bereichsweise einzusetzenden BDE-Terminals benutzen eigentlich alle neueren Einheiten Mikros zur Bedienerführung und Eingabeüberwachung. Neue Aufgaben kamen durch die neueren Datenträger hinzu, die eventuell die bisherigen Verbundlochkarten und gelochten Ausweise in den Betrieben ablösen. Komplizierte Codierungen, zum Beispiel in Magnetstreifen, auf den dann dezentral zuzuordnenden Belegen müssen erkannt, geprüft und mit den manuell über Tastatur eingegebenen Daten vorverarbeitet werden. Der Anreiz, zu flexibleren Datenträgern überzugehen, ist groß. Lochkarten hat man aus Kostengründen nur zentral erstellt. Um im Belegwesen aktuell zu sein, möchte man aber die Daten so spät wie möglich erst auf Papier bringen und somit die Arbeitspapiere erst bei der eigentlichen Arbeitsverteilung dezentral erstellen. Dafür standen bisher nur Drucker zur Verfügung. Anders sieht es jetzt mit den Magnetstreifen-Belegen aus. Sie können dezentral bedruckt und codiert werden. Bei den Ausweisen kommt der Anreiz, von den gelochten Formen abzugehen, von erhöhten Sicherheitsanforderungen beispielsweise bei der Zugangskontrolle. Zielt man auf ein einheitliches Ausweissystem für sämtliche Aufgabenstellungen ab, so zieht man die induktiv abtastbaren Ausweise den gelochten vor. Den bei diesen Datenträgern auftretenden erhöhten Erkennungsaufwand bewältigen die dafür in die betreffenden Terminals aufgenommenen Mikros problemlos. Benutzt man Magnetstreifen-Belege und magnetisch codierte Ausweise, so kann man beide Datenträger-Arten mit denselben Lesern in die BDE-Terminals eingeben. Hierdurch schrumpft der Aufwand bei den Terminals, was den Einsatz fördert. Welche Datenträger sich wofür endgültig durchsetzen, ist derzeit noch nicht erkennbar. Jedenfalls ist die Entwicklung nicht durch die Terminals beschränkt, ihre Mikros bieten genügend Flexibilität, sich anzupassen.

Auch bei der automatisierten Datengewinnung direkt an Maschinen und Anlagen der Produktion haben die Mikros Eingang gefunden, indem auch in den kleinen dezentralen Terminals vor Ort Mikros herkömmliche Schaltungen ersetzen und neue Möglichkeiten eröffnen. Erfaßte Mengen, wie einzelne Stückimpulse, werden dort komprimiert (Datum: Stückzahl gleich aufgelaufene Summe). Ein getrennter Zähler ist nicht mehr nötig. Das Geberproblem wird durch den Einsatz der Mikros vereinfacht, indem manche bisherige Relaisschaltung wegfallen kann. Die verschiedenen erfaßten Signale werden erst im Terminal verknüpft. Aufgrund der Vorverarbeitungsmöglichkeiten in den Terminals können dezentral an den Maschinen Auskünfte erteilt werden. Dies geschieht in gekoppelten Systemen, ohne die Zentrale zu belasten, in Stand-alone-Installationen, aber auch in einer bisher nicht gekannten Flexibilität. Insbesondere ist es jetzt möglich, aus den erfaßten Zeiten (Lauf/Stillstand) den Nutzungsgrad laufend objektiv zu berechnen und zum Abruf bereitzuhalten. Ein System druckt diese Informationen zusammen mit den sonstigen erfaßten Daten in Zahlen auf ein Diagrammblatt, wenn der Maschinenbediener es haben möchte. Ein anderes System zeigt die Informationen, wie Nutzungsgrad, auf einem kleinen Zifferndisplay an. Insbesondere in psychologischer Hinsicht sind diese neuen Möglichkeiten wichtig, damit gar nicht erst Unklarheiten aufkommen, was ein BDE-System eigentlich an Daten zentral festhält. Strebt man ein umfangreiches rechnergestütztes BDE-System an, so kann man mit den neuen, auf Mikros aufbauenden Systemen, dezentral offline beginnen und sie erst später mit bereichsweisen Terminals, die eine entsprechende Schnittstelle haben, koppeln. Bei diesem Weg kann man sich bereits mit vergleichsweise bescheidenem Aufwand fundiert darüber klar werden, ob Nutzungssteigerungen im betreffenden Betrieb tatsächlich möglich sind.

Immer häufiger werden auch technische Steuerungsaufgaben mit BDE verbunden angegangen, wenn so besonders wirtschaftliche Lösungen erreicht werden. Für die BDE liegt der Vorteil dann meist bei einem erhöhten Umfang an automatisch zu gewinnenden Daten, wodurch die sonst nötigen Tastatureingaben eingeschränkt werden können. Dezentral eingesetzte Mikros sind auch hierfür der Ausgangspunkt.

Die Entwticklung hat bereits zahlreiche Kopplungsmöglichkeiten unterschiedlicher BDE-Systemkomponenten gebracht: Minis, Mikros, Übertragungseinrichtungen für Daten, Geber, Terminals. In Zukunft wird in dieser Richtung noch viel weiter gegangen werden müssen, um den BDE-Anwendern, die bei den Anbietern in unterschiedlichen Bereichen vorliegenden besonderen Erfahrungen auch kombiniert zugänglich zu machen.

*Professor Roschmann, Fachhochschule Konstanz, hält am 27. bis 29. November 1978 beim Integrata Training das Seminar "Betriebsdatenerfassung - Terminalsysteme und automatisierte Datengewinnung im Fertigungsbetrieb"

Informationen: Integrata, Biesingerstr. 10, 7400 Tübingen, Tel. (0 70 71) 2 43 88/89.