Positive Grundstimmung in den hannoverschen Messehallen:

Mikros im Mittelpunkt des CeBIT-Interesses

19.04.1984

HANNOVER (CW) - "Das diesjährige CeBIT hat wieder einmal seinen Ruf als Innovationsbörse und größte internationale Leistungsschau auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnik alle Ehre gemacht", stellte Hermann Stähler, der Vorsitzende der Fachgemeinschaft Büro- und Informationstechnik im VDMA, in einem Resümee über die diesjährige Hannover-Messe heraus. CeBIT '84 habe besonders deutlich gezeigt, daß die modernen Technologien in rasch zunehmendem Maß Einzug in alle Wirtschaftssektoren und in den privaten Alltag halten.

Besonders beeindruckend sei die Entwicklung bei den Mikrocomputern. Der Trend gehe von den 8-Bit- zu 16- oder 32-Bit-Rechnern mit Mehrplatzfähigkeit und erweitertem Speichervolumen, Vernetzungsmöglichkeit, Zugang zu höher qualifizierten Standard-Betriebssystemen und Multifunktionstauglichkeit. Die tragbaren Mikrocomputer könnten neue Anwendungsmöglichkeiten in der mobilen Datenverarbeitung oder in der Datenfernverarbeitung eröffnen.

Telematik und Kommunikation

Großes Interesse fanden die neuen Telematik-Dienste, führte der Vorsitzende der Fachgemeinschaft weiter aus, besonders im Zusammenhang mit der "Integrierten Bürokommunikation". Auch beherrschten die multifunktionalen Bildschirmarbeitsplätze mit den Einsatzmöglichkeiten für Textverarbeitung, Personalcomputing, der Grafikanwendung, Btx und Teletex das Angebotsspektrum. Die Kommunikation erweise sich immer stärker als das verbindende Element aller Bereiche der Büro- und Informationstechnik. Dabei schreite die Integration von Text-, Bild- und Sprachkommunikation mit Anschluß an die öffentlichen Netze sowie im innerbetrieblichen Bereich durch lokale Netze (LANS) kontinuierlich weiter voran. Besonders starke Aufmerksamkeit bei Besuchern aus mittelständischen Unternehmen fände das vielfältige Angebot an CAD-, CAM- und CAE-Technologien. Die potentiellen Anwender, so Stähler weiter, stehen den neuen Techniken nicht nur aufgeschlossener, sondern auch wesentlich informierter gegenüber. Diese Entwicklung habe sich nicht zuletzt bereits schon auf die große Zahl konkreter Geschäftsanbahnungen und -abschlossen niedergeschlagen. Dabei seien die hochgesteckten Erwartungen der Hersteller fast durchweg erfüllt oder sogar noch übertroffen worden.

Die Aussage verschiedener Forschungsinstitute, die deutsche Wirtschaft sei gegenüber dem Ausland in ihrer Wettbewerbsfähigkeit in hochtechnologischen Produktbereichen zurückgefallen, läßt sich nach Auffassung des Fachverbandes nicht generell aufrechterhalten. Aus den positiven Ergebnissen der Außenhandelsstatistik der Gesamtbranche hob Gemeinschaftsvorsitzender Stähler den Bereich der Datenverarbeitungsmaschinen und -anlagen heraus, in dem die deutsche Industrie ihre USA-Exporte im Verhältnis zum Vorjahr um 44 Prozent steigern konnte. Lediglich gegenüber dem Mittleren und Fernen Osten habe sich die Außenhandelssituation verschlechtert. Als Beispiel nannte Stähler Japan, das seine DV-Exporte in die Bundesrepublik mit einem Exportanteil von 8 r 7 Prozent fast verdoppeln konnte.

Der japanische Ausfuhrerfolg ist nach Auffassung der Fachgemeinschaft durch eine gezielte Preispolitik zu erklären. Geringere Lohnkosten und preisdrückende Überkapazitäten in einigen Bereichen begünstigten den japanischen Außenhandel, während "tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse" einen Ausgleich der Handelsströme mit Fernost erschwerten.

Stähler wies auf die großen Anstrengungen der deutschen Industrie für Büro- und Informationstechnik hin, um ihre Position in dem rasch wachsenden Weltmarkt für "Hightech-Produkte" weiter zu behaupten. Aufgabe des Staates sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den internationalen Mitbewerbern angeglichen sind. Er begrüßte in diesem Zusammenhang die von der Bundesregierung eingeleitete Neukonzeption in der staatlichen Entwicklungs- und Technologiepolitik. Um eine effiziente Industrieforschung betreiben zu können, müsse man die Möglichkeiten der Gemeinschaftsforschung wie in dem europäischen Beispiel des Esprit-Programms verstärkt nutzen und die praxisbezogene Kooperation zwischen Industrie und Wissenschaft auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene ausbauen. Dringend erforderlich sei es auch, das Bildungssystem flexibel an den technischen Fortschritt und die sich wandelnden Erfordernisse der beruflichen Arbeitswelt und des privaten Alltags anzupassen.

Gemeinschaftsaktion

Die deutsche Wirtschaft und die informationstechnische Industrie seien bereit, hierzu ihren Beitrag zu leisten. Informationstechnische Grundbildung müsse als Bestandteil einer zeitgemäßen Allgemeinbildung Eingang in alle Schulen finden. Die vom VDMA und ZVEI begründete Fördergemeinschaft "Schule und elektronische Datenverarbeitung" werde in den nächsten Woche ihre Arbeit aufnehmen. Ihr Ziel soll es sein, die bisherigen Einzelaktivitäten von Staat und Wirtschaft auf diesem Gebiet zu koordinieren und rasch, flächendeckend und unbürokratisch Hilfe zu leisten. Dazu werde man sich in dieser Gemeinschaftsaktion mit Ministerien, Behörden und Organisationen abstimmen.

Nachdrücklich wies der Sprecher der Fachgemeinschaft darauf hin daß es in erster Linie Aufgabe der staatlichen Träger sei, auch im Bildungsbereich entsprechende Rahmenbedingungen und ein positives Umfeld zu schaffen.

Bei den auf der CeBIT vertretenen Firmen herrsche eine zunehmend optimistische Grundstimmung, die ein respektables Jahresergebnis 1984 erwarten lasse. Der VDMA-Vorsitzende wörtlich:

"Ein Marktvolumen von zirka 15 Milliarden Mark liegt durchaus im Bereich des möglichen."