Big Blue macht Kehrtwendung bei PS2-Strategie:

Mikrokanal war "niemals cloneproof"

27.11.1987

BOSTON (CWN) - Nach Monaten rhetorischen Säbelrasselns und Schattenboxens hinsichtlich des Schutzes seiner PS/2-Familie enwartet IBM nun doch die Entwicklung legaler PS/2-Nachbauten.

"PS/2 war niemals als nachbausicher betrachtet worden", erklärte IBM Senior Vice-President Allen Krowe in einer Rede auf dem Seybold Executive Forum im Bostoner Stadtteil Cambridge. Sein Unternehmen habe die Mikrocomputerfamilie auch nie als Vehikel zur Abschottung des Marktes gegenüber dem Wettbewerb gesehen. Aber, so fügte Krowe hinzu, falls jemand den PS/2 oder die Mikrokanal-Architektur klonen wolle, dann werde er das "im Schweiße seines Angesichtes" tun müssen.

"Das ist eine realistische Beurteilung", sagte dazu Gordon Campbell, Chef der Firma Chips & Technologies in Milpitas, Kalifornien, in deren Chipsets ein Teil des von Krowe erwähnten Schweißes steckt. "Wenn IBM versuchen würde, den PS/2-Entwurf hermetisch abzuriegeln, würde der Markt dadurch sehr klein. Wer Marktführer bleiben will, braucht eine Gefolgschaft." Der Vorsprung von gut einem Jahr reiche für IBM aus, ihre Position am Markt zu festigen, fügte er hinzu.

Dem Statement des IBM-Managers waren Monate haarspalterischer Diskussionen darüber vorausgegangen, ob IBM Lizenzen für den Mikrokanal an Unternehmen wie Chips & Technologies oder Western Digital vergeben würde. Beide Unternehmen arbeiten an Bauelementen, die Computerhersteller in die Lage versetzen werden, PS/2-kompatible Geräte herzustellen.

Bis heute hat jedoch keines der beiden Unternehmen ein Lizenzabkommen mit IBM bezüglich der Mikrokanal-Architektur (MCA) unterzeichnet. Mit ersten Exemplaren eines PS/2-Chipsets wird Ende des Jahres zu rechnen sein.