IDC spricht von einer Verfünffachung des Marktes bis 1990:

Mikrohersteller sehen Zukunft in Europa rosig

13.09.1985

PARIS (CW) - Der Markt für Mikrocomputer zum professionellen Gebrauch wird sich nach einer Prognose der International Data Corp. (IDC) bis 1990 in Europa verfünffachen. Wurden im Vorjahr

950 000 Einheiten verkauft, werden es 1990 rund fünf Millionen Stück sein. die einen Wert von 11.5 Milliarden Dollar darstellen.

Besonders stark wird die Zahl der 16-Bit-Mikrocomputer anwachsen. Hier erwartet IDC praktisch eine Verzehnfachung bis 1990 von 496550 Einheiten in 1984 auf 4,4 Millionen. 8-Bit-Geräte, die 1984 einen Anteil von 47 Prozent an den Gesamtverkäufen hatten, werden kaum Zuwächse bis 1990 verzeichnen können. Das stärkste Wachstum werden 32-Bit-Rechner verzeichnen. Sie werden allerdings auch 1990 erst einen Anteil von drei Prozent am Gesamtmarkt erreichen.

Am europäischen Markt dominieren amerikanische Hersteller: IBM ist mit 20 Prozent, gemessen an den verkauften Einheiten, und mit 30 Prozent, gemessen am Verkaufswert, Marktführer. An zweiter Stelle steht mit 14 Prozent Commodore, gefolgt von Apple (12 Prozent). Olivetti liegt mit einem Anteil von 6 Prozent an vierter Stelle.

Die Anstrengungen der US-Computerhersteller, den Wünschen ihrer europäischen Kunden gerecht zu werden, vergrößern sich in dem Maße, wie die Nachfrage in den USA zurückgeht. Dies zeigt sich besonders am Markt für Mikrocomputer. Schätzungen der US-Marktforschungsgesellschaft Software Access International haben ergeben, daß die US-Verbraucher in diesem Jahr neun Prozent weniger Mikros nachfragen. Dagegen werden die europäischen Kunden 1985 laut einer Prognose der Intelligent Electronics Europe in Paris über 50 Prozent mehr kaufen.

Die US-Computerunternehmen, die in Europa einen Marktanteil von ungefähr 70 Prozent halten, versuchen derzeit mit allen Mitteln, die Verbraucher und den Handel von ihren Produkten zu überzeugen. Dabei spielen Preisnachlässe eine große Rolle. Laut Apple werden die Preise für die meisten Marken um 18 bis 25 Prozent sinken. John de Leroche, General-Manager des Pariser Computershops Infostore, erklärte, daß die Hersteller derzeit ihre Margen um 25 bis 30 Prozent kürzen.

Ob die Flaute des US-Marktes nicht auch den europäischen erfassen wird, darüber sind sich Branchenbeobachter noch unschlüssig. Dataquest Inc. warnt davor, daß die schlechten Nachrichten aus den USA in Europa zu einer Kaufzurückhaltung bei US-Produkten führen können. Außerdem sei es durchaus möglich, daß die beschleunigten Preisreduzierungen in den USA die europäischen Kunden veranlassen werden, weitere Kürzungen abzuwarten. Laut Schätzungen von Dataquest wird der Mikrocomputer-Absatz in Europa 1985 lediglich um zwölf bis 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen. Für Großbritannien sagt IDC Europe Ltd. einen Umsatzanstieg um 40,5 Prozent auf 1,11 Milliarden Dollar voraus.

Schwierigkeiten bereitet den US-Gesellschaften vor allem, daß sie den europäischen Markt nicht mit einer einzigen großangelegten Werbekampagne erobern können. Wegen der unterschiedlichen Mentalität und Sprache sind Differenzierungen notwendig. Während vor noch nicht langer Zeit ausschließlich Software in Englisch verfügbar war, müssen die Programme jetzt den Erfordernissen der einzelnen europäischen Länder angepaßt werden. Zudem müssen die Programme zugeschnitten auf die Bedürfnisse der einzelnen Branchen in den verschiedenen Ledern lieferbar sein.

"Der europäische Kunde kauft rationeller ein als der amerikanische", erklärte dazu Michal McConnell, Präsident der internationalen Division von Computerland Corp. Er bevorzugt eindeutig Käufe in Fachgeschäften des Bürohandels oder bei Vertretern, die sich entsprechend spezialisiert haben. Rund 80 Prozent des Mikro-Absatzes stamme aus Verkaufen der Vertreter, die direkt den Kunden beraten, in den USA; seien es nur 30 bis 50 Prozent.