Auf Anregung des BMFT erstellen Industrie, Hochschulen und Institute eine Mikrostudie (Teil 2)

Mikroelektronik 2000: Wieder Ruf nach Subventionen

02.10.1987

Über die Bedeutung der Mikroelektronik für die Bundesrepublik Deutschland sowie deren zukünftige Entwicklung hat der aus Vertretern von Industrie, Hochschulen und Instituten gebildete "Arbeitskreis Mikroelektronik" eine Studie vorgelegt. Teil I (CW 39, S. 32) umfaßte eine grundsätzliche Diskussion, eine Situationsanalyse und die Beschreibung von Anwendungsbereichen sowie deren Anforderungen. Technische Konzepte beinhaltet der zweite Teil sowie Ziele und Maßnahmen, die der Arbeitskreis definiert hat.

Auf die Bundesrepublik entfällt rund ein Drittel des westeuropäischen Bedarfs an Mikroelektronik. Der Verbrauch an Halbleitern betrug im Jahr 1986 3,7 Milliarden DM und wird bis zum Jahr 2000 auf 17,5 Milliarden DM anwachsen. Die Hauptanwendungsgebiete sind Konsumelektronik (25 Prozent), Industrieelektronik (24 Prozent), Datentechnik (19 Prozent) und Telekommunikation (17 Prozent). Die Autoelektronik mit vorerst nur 12 Prozent ist ein wichtiges Wachstumsgebiet.

In der Bundesrepublik fehlen viele Antriebsmomente, welche andernorts die Entwicklung der Mikroelektronik forciert haben. Trotzdem konnten sich die traditionellen Anwendungssektoren der Elektronikindustrie gut am Weltmarkt behaupten, wie hohe Exportquoten ausweisen. Für den Ausbau und die weitere Entwicklung dieser Märkte wird jedoch die Verfügbarkeit einer auf diese Hauptanwendungen ausgerichteten Mikroelektronik entscheidend sein.

Der Produktionswert der Elektronikindustrie in der Bundesrepublik Deutschland lag 1986 bei 63,4 Milliarden DM, der Verbrauch an Mikroelektronik-Bauelementen bei 3,7 Milliarden DM, entsprechend einem Anteil am Enderzeugnis von 6 Prozent. Dieser Anteil wird aus heutiger Sicht auf etwa 10 Prozent bis zum Jahr 2000 ansteigen. Bei einem geschätzten, dann auf 176 Milliarden DM gestiegenen Wert der Elektronikproduktion entspricht dies einem Mikroelektronikbedarf von rund 18 Milliarden DM, dem Fünffachen von 1986.

Betrachtet man nicht nur die Elektronik-Geräteproduktion, sondern alle Endprodukte, in denen die Mikroelektronik eingeht, so ergibt sich für 1986 nach folgender Tabelle ein Umsatzwert von 54 Milliarden DM. Fast die Hälfte dieses Umsatzes geht in den Export.

Das Wachstum der einzelnen Branchen wird unterschiedlich sein. Die besten Aussichten werden für die Gebiete Telekommunikation, Industrieelektronik und Datentechnik prognostiziert. Daneben wird die Automobilelektronik wegen der starken Autoindustrie in Deutschland und des zunehmenden Einsatzes von Elektronik im Auto weiter ansteigen. Sie stellt besonders harte Anforderungen an die Mikroelektronik.

Wehrtechnische Systeme spielen demgegenüber vom Volumen her in Europa und insbesondere in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Die in diesem Bereich gestellten Sonderanforderungen an die Mikroelektronik können jedoch nur im Umfeld einer technologisch und wirtschaftlich starken Mikroelektronikindustrie hinreichend erfüllt werden. Voraussetzung für gutes Wachstum ist vor allem ein verstärkter Mikroelektronik-Einsatz in den Erzeugnissen, auf denen heute unsere Exportstärke beruht. Anwendungsspezifische Mikroelektronik erhöht den Nutzen solcher Erzeugnisse und wird somit helfen, auch künftig die volkswirtschaftlich wichtigen Stellungen zu sichern. Sie wird daher gegenüber den Standardschaltungen an Gewicht gewinnen.

Die Stärke der Bundesrepublik Deutschland wird auch in Zukunft in der Systemtechnik für unterschiedliche industrielle Anwendungsbereiche wie Maschinen, Meß- und Regelungstechnik, im Automobilbereich und in der Telekommunikationstechnik liegen. Daraus folgt, daß in Deutschland vor allem die Probleme bearbeitet werden müssen, die für rasche und flexible anwendungsspezifische Problemlösungen in den Hauptanwendungsbereichen entscheidend sind. Aufgrund dieser Situation wäre es in Deutschland nicht sinnvoll, in der Mikroelektronik eine Nischenpolitik zu verfolgen, da auch die Nichtstandard-Bauelemente in Zukunft die volle Breite der Technologie benötigen.

In allen Anwendungsbereichen steigt der Anteil der Mikroelektronik am Wert des Enderzeugers rasch an. Dabei wird die Bedeutung der anwendungsspezifischen Mikroelektronik-Bauelemente stark anwachsen. So steigt der Anteil der Nichtstandard-lCs, der 1986 bei 36 Prozent liegt, nach vorliegender Schätzung bis 2000 auf annähernd 60 Prozent an. Der Trend zu immer höher integrierten Systemen, neben Signalelektronik, werden auch die Sensoren und Stellglieder mit umfaßt, setzt sich fort. Die Systemintegration erfordert neben komplexen Logikschaltungen in CMOS- und Bipolar-Technologie auch Mischtechnologien und integrierte Leistungstechnologien. Für Spezialanwendungen wachst neben der Siliziumtechnologie die Bedeutung anderer Halbleitertechnologien.

Innerhalb dieser Spezialanwendungen wird dem Einsatz von Gallium-Arsenid eine Schlüsselrolle zukommen. Im weiten Feld der Halbleiter-Bauelemente wird auch die Optoelektronik einen wichtigen Platz einnehmen.

Technische Konzepte für die Zukunft

Anwendungsspezifische Schaltungen stellen in Zukunft die höchsten Anforderungen: Sie benötigen die fortgeschrittenste CAD- und Produktionstechnik mit dem Ziel größter

Flexibilität in intensiver Zusammenarbeit mit dem Anwender. Eine Lockerung der Anforderungen an Strukturfeinheit und Komplexität wird im Vergleich zu Standardschaltungen immer weniger toleriert.

- Silizium und CMOS-Technologie werden auch in den 90er Jahren die Hauptfelder bleiben.

- Sowohl für Standardbauelemente als auch für kundenspezifische Schaltungen muß der Submikrometerbereich erschlossen werden.

- Daneben werden Mischtechnologien - zum Beispiel aus CMOS- und Bipolartechnik - mit zahlreichen Varianten erhebliche Bedeutung erlangen.

- Spezielle Aufmerksamkeit verdient die Montage- und Gehäusetechnik der komplexeren und schneller arbeitenden Schaltungen, damit die Bauelemente auch den fortschreitenden Funktionsanforderungen der Anwender gerecht werden.

- Vorrangiges Ziel der fertigungstechnischen Entwicklung ist es, die Herstellkosten von integrierten Schaltungen trotz steigender Komplexität und erhöhten Anforderungen an die Flexibilität zu senken. Hierbei spielt auch die Automatisierung eine entscheidende Rolle.

- Parallel zu diesen Entwicklungen sind im Umfeld der Mikroelektronik die Basismaterialien, wie einkristalline Halbleiter sowie Hilfs- und Betriebsstoffe, den strengen Anforderungen anzupassen.

- Die Weiterentwicklung der Siliziumtechnologie wird in den 90er Jahren die Integration komplexer Systeme auch mit nichtelektrischen Funktionen erschließen. Die Schlüsselfunktion der Mikroelektronik für die übrige Technik wird sich dadurch noch erheblich verstärken.

Anwendungsspezifische Schaltungen

Aufgrund der Stärke der Anwenderindustrie in Deutschland werden anwendungsspezifische Schaltungen eine dominierende Rolle spielen. Dabei wird stark auf vorgefertigte beziehungsweise vorentwickelte und programmierbare Bauelemente zugegriffen werden.

Die breite Nutzung der Mikroelektronik hängt wesentlich von der Verfügbarkeit leistungsfähiger und einfach benutzbarer CAD-Hilfsmittel für den Anwender ab. Auf die CAD-Technik und die Methoden zur Schaltkreisentwicklung kommt eine zweifache Anforderung zu: Sie müssen in ihrer Produktivität erheblich gesteigert werden, um bereits vorhandene Technologien schneller und effektiver in Produkte umsetzen zu können. Andererseits erfordern höhere Schaltungskomplexitäten, neue technologische Varianten und die umfassendere Systemintegration eine grundlegende Verbesserung der Entwicklungswerkzeuge.

Der Einsatz höherer Rechnerleistung, zum Beispiel durch Kopplung von Workstations mit Supercomputern, die Verwendung hierarchischer Entwurfsmethoden, die Aufspaltung des Entwurfs in parallel bearbeitbare Blöcke sind Beispiele, wie Komplexität bewältigt werden kann. Um dem Problem des Testaufwands zu begegnen, muß versucht werden, weitgehend selbsttestende Blockkonzepte zu realisieren, die in vielen Fällen mit selbstreparierenden und

redundanten Strukturen ergänzt werden.

Zusätzlich müssen die CAD-Methoden noch - erheblich verfeinert, anwendungsfreundlich und sicherer werden, damit auch weniger erfahrene Benutzer Produkte entwickeln können, die auf Anhieb die geforderten Spezifikationen erfüllen. Den Anwendern der Mikroelektronik müssen zukünftig Methoden und CAD-Werkzeuge zur Verfügung stehen, die es ihnen gestatten, selbständig den Entwurf von der Systemdefinition bis zur Realisierung der einzelnen mikroelektronischen Bausteine durchzuführen. Wesentlich ist dabei die Integrierbarkeit der Einzelwerkzeuge in ein methodisches, zusammenpassendes System des Entwicklungsablaufs. Dazu gehört die Standardisierung der Schnittstellen und eine einheitliche Benutzeroberfläche.

Die geforderte Flexibilität der Entwurfsmethoden findet ihre Entsprechung im Produktionsbereich, der mit möglichst kurzen Fertigungszeiten auf die Anforderungen der Anwender reagieren muß. Dieses Ziel ist nur mit einer automatischen, selbststeuernden Prozeßtechnik zu erreichen, welche auch die beste Basis für die Optimierung von Ausbeute und Durchsatz bietet. Mit den Fertigungsstraßen der Zukunft muß es in Anbetracht überproportional mit der Strukturverkleinerung steigender Investitionskosten möglich sein, Standard- und Nichtstandardbauelemente und insbesondere auch Bauelemente in Mischtechnologien in einer Linie herzustellen.

Prozeß- und Fertigungstechnik

In den 90er Jahren wird Silizium weiterhin die dominierende Material- und Technologiebasis bilden. Die technologische Führungsrolle der CMOS-Technik für Speicher und Logik bleibt ebenfalls erhalten. Es ist wahrscheinlich, daß sich dabei kleinste Strukturen bis zu 0,2 Mikrometer in der industriellen Anwendung nutzen lassen.

Die wichtigste Voraussetzung hierzu ist die Verfügbarkeit einer wirtschaftlichen Lithographietechnik. Je nach der speziellen Aufgabe - Maskenherstellung, Direktschreiben, Reparatur von Defekten - und je nach geforderter Strukturauflösung müssen hierzu verschiedene Strahlungsarten herangezogen werden (harte UV- und Röntgenstrahlung, fokussierte Elektronen und Ionen). Aber auch die meisten der übrigen Herstellungsschritte sind mit erheblichem Entwicklungsaufwand in ihrer Leistungsfähigkeit zu steigern oder auch durch neue Verfahren zu ersetzen.

Beispiele sind die Dotierungstechnologien, die eine sehr viel höhere Präzision in der örtlichen Verteilung der Dotierstoffe erreichen müssen; ferner alle Plasmaprozesse für Ätzung und Schichtabscheidung, die in ihrer heutigen Technik nur wenig Ansätze zu einer selbstkontrollierenden Prozeßführung bieten. Entscheidende Bedeutung wird auch der Kontaktierung, der Leiterbahntechnik innerhalb des Chips sowie insgesamt der Technik des mechanischen Aufbaus und der elektronischen Verbindung des Chips mit der Außenwelt zukommen. Neue Materialien mit höherer Leitfähigkeit sowie leistungsfähigere Methoden zur Abscheidung von Materialien mit höchster Packungsdichte auch in engen, tiefen Gräben müssen gefunden werden.

Eine völlige Umgestaltung wird auch die Reinraumtechnik erfahren, da im Hinblick auf die wachsenden Chipflächen zukünftig alle Partikel, die großer als 0,1 Mikrometer sind, sicher eliminiert werden müssen. Neue Konzepte für Reinraumgestaltung und Scheibentransport, beruhend auf einem besseren Verständnis von Partikeldynamik und partikeltoleranteren Prozessen, sind dringliche Aufgaben.

Ein großer Teil zukünftiger Systemanforderungen läßt sich voraussichtlich effektiv mit Mischtechnologien, das heißt der Integration verschiedener Bauelementetechnologien auf einem Chip, bewältigen. Zunächst wird dabei die Integration von MOS- und Bipolartechnik, also BIC-MOS, sowie die Kombination von Analog- und Digitalfunktionen im Mittelpunkt stehen; später werden zur reinen Signalelektronik in stärkerem Maß integrierte Leistungsbauelemente und integrierte Sensoren kommen. Die zusätzlichen technologischen Probleme liegen in der Anpassung der Dotierungspegel, in schärferen Anforderungen bezüglich zulässiger Parametersteuerung, in modifizierten Isolationstechniken zwischen den zu integrierenden Bauelementen sowie in der Begrenzung des technologischen Aufwands (Zahl der Maskenebenen).

Ergänzende Technologien und Bauelemente

In den 90er Jahren werden voraussichtlich auch die ersten Standardschaltkreise mit vertikaler Schichtung "3D-Bauelemente" zu realisieren sein. Voraussetzung hierfür sind spezifische Verfahren in Technologie und CAD. Die 3D-Technik wird aber die volle Erschließung des Submikrometer-Strukturbereichs nicht überflüssig machen, da auch 3D-Schaltungen die von der Litografie gebotenen Möglichkeiten zur Verbesserung der Leistungsdaten voll nutzen werden.

- Als Ergänzung zu den Siliziumbauelementen kommt der Galium-Arsenid-Elektronik eine eigene Schlüsselbedeutung in der Informations- und Kommunikationstechnik zu.

- Als Sonderbereich der Halbleitertechnik stützen sich lichtemittierende Bauelemente auf Verbindungshalbleiter (III/V-Verbindungen) unterschiedlicher Art.

Aufgrund der materialspezifischen Vorteile der III/V-Verbindungen - optoelektronische Funktionen, höhere Schaltgeschiwindigkeiten, Strahlungsresistenz etc. - benötigen zahlreiche Systeme den Einsatz der Gallium-Arsenid-Elektronik. Die gegenüber Silizium wesentlich aufwendigere Material- und Bauelementetechnologie hat zur Folge daß diese Bauelemente zunächst nur in ganz bestimmten Schlüsselfunktionen eingesetzt werden (Treiber für die Glasfasertechnik, schnelle Supercomputer, militärische Schaltkreise etc.).

"Da die leistungsfähigsten Bauelemente in der Heterostrukturen basieren werden, steht die Entwicklung von modernsten Epitaxieverfahren im Vordergrund. Auch neuartige Kontaktmetallurgien werden dringend benötigt.

Besondere Materialvielfalt und Gehäusetechnik erfordern lichtemittierende Bauelemente. Die Erschließung neuer Anwendungsbereiche mit höherer Integration und weiterentwickelter Systemtechnik hängt vorwiegend von der zeitgerechten Technologie-Entwicklung ab. Gerade hier ist noch ein beträchtlicher Nachholbedarf zu verzeichnen.

Die Integrationsmöglichkeiten auf Silizium sind mit den heute verfolgten Konzepten noch keineswegs abgeschlossen. Es zeichnen sich neue Technologien ab, die die Integration vollständiger Systeme, bestehend aus Sensorik, Logik, Speicher und Aktorik, in Silizium ermöglichen ("Mikrosystemtechnik"):

- Hybridtechnik auf Silizium: Die Methoden der Mikromechanik (selektive Ätztechnik, hochtemperaturfeste Chip-Verbindungen etc.) ermöglichen es, Fremd-Chips auf Silizium unter Beibehaltung der planaren Oberfläche aufzubringen, so daß für die weitere Verdrahtung die übliche Mehrlagenverdrahtung der integrierten Schaltkreise eingesetzt werden kann. Damit ist eine fortgeschrittene Hybridtechnik realisierbar, in der der großflächige integrierte Siliziumschaltkreis selbst das Hybridsubstrat bildet. Mit der Technik der fokussierten Ionenstrahlen können Abgleich- und Trimmvorgänge auf dem Chip vorgenommen werden.

- Heterointegration auf Silizium: Durch monokristalline Abscheidung anderer Materialien auf Silizium können Schaltkreiseigenschaften erreicht werden, die mit Silizium allein nicht möglich sind. Bereits heute wird die Heteroabscheidung von Gallium-Arsenid diskutiert, um optoelektronische Funktionen oder Hochgeschwindigkeitsbereiche aus Gallium-Arsenid in großflächige Siliziumchips, die die übrigen Schaltungsteile in "konventioneller" IC-Technik enthalten, zu integrieren.

- Integration mechanischer Funktionen auf Silizium: Eine weitere Mischtechnologie wird die monolithische Integration von Siliziumschaltkreisen mit Silizium-Mikromechanik darstellen, um für besondere Anwendungsbereiche, zum Beispiel intelligente Aktoren im Auto, für es heute noch kaum Ansätze gib, neue Lösungen zu schaffen.

Die Chipflächen der Mikrosystemtechnik werden erheblich über denen der Standardschaltkreise liegen. Aufgrund unvermeidlicher Defekte werden diese Chipflächen nur beherrschbar sein, wenn neue Wege zur Kontrolle kritischer Bearbeitungsschritte und Chip-Bereiche sowie zur Mikroreparatur während des Herstellungsprozesses beschritten werden.

Aufgaben aus dem Umfeld der Mikroelektronik

Der Erfolg der amerikanischen und jetzt der japanischen Halbleiterindustrie wäre ohne eine leistungsfähige Infrastruktur mit Herstellern von Fertigungs- und Prüfgeräten sowie Halbleitermaterialien nicht möglich gewesen. Durch örtliche Nähe ist sichergestellt, daß neue Verfahren ohne Zeitverzögerung, das heißt schon in der Anfangsphase eines Produktes, mit hohen, ertragbringenden Produktpreisen, den einheimischen Bauelementeherstellern zur Verfügung stehen. Bei der annähernd totalen Abhängigkeit der deutschen Halbleiterindustrie, früher von amerikanischen und jetzt zunehmend von japanischen Geräteherstellern, stellen zudem mögliche Ausfuhrbeschränkungen ein erhebliches Gefahrenpotential dar. Dies gilt nicht nur für den unmittelbar betroffenen Bereich der Halbleiterindustrie, sondern damit auch für alle von der Mikroelektronik bestimmten Industriezweige.

Daher muß es ein wesentliches Ziel sein, bei der Entwicklung neuer Technologien von Anfang an Hersteller von Fertigungsgeräten einzubeziehen. Nur auf diese Weise kann der zwangsläufig lange Weg über erste Prototypgeräte für Kunden aus dem FuE-Bereich bis hin zu fertigungstauglichen Geräten zeitgleich mit der internationalen Konkurrenz durchgehalten werden. Dazu ist die technologische Unterstützung der meist mittelständischen Gerätebau-Unternehmen durch Forschungsinstitute und Halbleiterindustrie eine Grundvoraussetzung.

Große Probleme bei Reduzierung der Partikel

Neben Fertigungsgeräten und Scheibentransportsystemen sind hochwertige Halbzeuge und Materialien eine wesentliche Voraussetzung, um die Infrastruktur in Deutschland zu verbessern. Die Reduzierung der Partikel stellt hier die größten Probleme, bietet aber gleichzeitig neue Marktchancen, die von reinraumtauglichem Installationsmaterial, leistungsfähigen Filtern, über emissionsfreie neue Materialien bis hin zu ultrareinen Prozeßchemikalien reichen. Die Entsorgungstechnik, besonders im Hinblick auf neue Substanzen in der Halbleiterfertigung, muß parallel dazu stetig weiterentwickelt werden.

Einen ähnlichen Impuls kann das Problem der Partikel- und Defektdichten auf die Weiterentwicklung der Meß- und Analysegeräte für automatisierte Fertigungslinien ausüben. Da derzeitige Methoden spätestens bei 0,3 Mikrometer ihre Nachweisgrenze haben, müssen analog zur Lithographie auch hier grundlegend neue Wege beschnitten werden. Auch die Erfassung der Eigenschaften von Ober- und Grenzflächen wird in ihrer Bedeutung erheblich steigen.

Schließlich bedarf es einer konsequenten Weiterentwicklung der einkristallinen Grundmaterialien, wofür ein hoher Aufwand für Forschung und Entwicklung anzusetzen ist. Größere Scheibendurchmesser (voraussichtlich 200 Millimeter und mehr), geringere Defektdichten, bessere Oberflächendefinitionen sowie Einengung der Parameterstreuung bieten Möglichkeiten zur Verbesserung des Silizium-Grundmaterials.

Trotz der zu erwartenden erheblichen Fortschritte in den 90er Jahren ist die Entwicklung der Mikroelektronik noch lange nicht abgeschlossen. Für die über die "Mikroelektronik 2000" hinausgehenden Produktziele müssen im kommenden Jahrzehnt die Grundlagen geschaffen werden.

Die mikroelektronischen Systeme der 90er Jahre werden bei weitem nicht alle Anforderungen erfüllen. Ansätze sind beispielsweise folgende:

- Weitere Steigerung der möglichen Schaltungskomplexität (Erschließung des Nanometer-Strukturbereichs für neue Bauelementekonzepte, zum Beispiel auf Tunnelstrombasis).

- Neue Halbleitermaterialien (amorphe Halbleiter, II/VI- und ternäre Verbindungen).

- Grundsätzlich neue physikalische Wirkprinzipien (zum Beispiel optische Schaltungen, Bauelemente auf Basis von Hochtemperatur-Supraleitern, dreidimensionale Verknüpfungen nach Art neuronaler Netzwerke).

Noch weiter in die Zukunft weisende Wege, wie zum Beispiel Verwendung schaltbarer Moleküle, Erforschung wachstumsähnlicher Additivtechnologien anstelle der heutigen lithografischen/subtraktiven Arbeitsweise als Basis für eine "Bioelektronik" sollten im Rahmen der Grundlagenforschung verfolgt werden.