Höhere Nettoverluste durch Entschädigungen

Microstrategy will sich mit Aktionären versöhnen

03.11.2000
MÜNCHEN (CW) - Die monatelange Börsen- und Analystenschelte wegen dubioser Bilanzakrobatik scheint vorerst vorbei. Geringere Nettoverluste als erwartet und Entschädigungen für die wütenden Aktionäre lassen Microstrategy in der Gunst der Wallstreet wieder steigen. Der Anbieter von Software für Business Intelligence versprach prompt Umsatzzuwächse bis zu 50 Prozent noch in diesem Jahr.

Auch das dritte Quartal 2000 endete für Microstrategy im Minus. Bei einem Umsatzzuwachs von 84 Prozent auf 64,9 Millionen Dollar gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr erhöhten sich die Nettoverluste auf 168,2 Millionen Dollar oder 2,13 Dollar pro Aktie. Letztere hatten im dritten Quartal 1999 noch 12,8 Millionen Dollar oder 17 Cent pro Anteil betragen. Die Reaktionen an der Wallstreet waren trotz dieses positiv: Nach Bekanntgabe der Zahlen bescherte sie Microstrategy einen Kursanstieg um 5,6 Prozent auf 24,38 Dollar. Was die Analysten gnädig stimmt, ist die Tatsache, dass die Nettoverluste in erster Linie von diversen Sonderzahlungen sowie vor allem den 113,7 Millionen Dollar an Entschädigungszahlungen herrühren. Mit Letzteren will der Hersteller seine Aktionäre versöhnen, die nach dem Bilanzdebakel im März mit anschließendem Aktiensturz von 333 Dollar bis auf zeitweilig 16 Dollar Sammelklagen eingereicht hatten. Abzüglich dieser einmaligen Belastungen ergibt sich eine Nettoverschuldung von nur noch 29,9 Millionen Dollar oder 37 Cent pro Aktie. Die Börsenanalysten waren hingegen von 53 Cent ausgegangen.

Mehr Umsätze durch Service und SupportBei Microstrategy sieht man die Quartalszahlen als Ergebnis der Anstrengungen der letzten Monate, durch Personalabbau, neue Investorengelder, zahlreiche Produktankündigungen sowie Allianzen wieder ins Geschäft zu kommen. Analysten wie der Investment-Dienstleister ON24 Network führen das positive Ergebnis hingegen auf eine fast 100-prozentige Umsatzsteigerung bei Support und Services zurück, die zugleich um 271 Prozent teurer wurden. Chief Financial Officer Eric Brown erwartet nun für 2001, dass die Kosten gegenüber den Umsätzen weiter sinken und bereits Ende nächsten Jahres der Breakeven erreicht wird. Auch rechnet der Manager bis zum Jahresende mit einem Umsatzplus von insgesamt 40 bis 50 Prozent gegenüber 1999 und für 2001 mit einer nochmaligen Steigerung um denselben Betrag.

Jenseits der Bilanzdebatte erhält das Unternehmen zudem gute Noten für seine Produktstrategie. Diese konzentriert sich neben Data Warehousing und Customer-Relationship-Management vor allem auf die Distribution von Informationen im Web. "Microstrategy musste in der letzten Zeit wegen seiner Bilanzierung, nicht aber wegen mangelhafter Technologie leiden", resümiert stellvertretend Bob Moran von AMR Research. Viel beachtet ist beispielsweise das Tochterunternehmen Strategy.com, dessen Börsengang nach neuerlichen Zuschüssen in Millionenhöhe durch Investoren und Geschäftspartner wieder wahrscheinlicher wird.

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