Unternehmen fürchten Kostenexplosion

Microsofts Lizenzpoker bringt Kunden in Rage

25.05.2001
MÜNCHEN (wh) - IT-Verantwortliche reagieren empört auf die Änderungen in Microsofts Unternehmenslizenzverträgen. Der Softwarekonzern belohnt künftig jene Kunden, die stets das aktuelle Release von Windows oder Office einsetzen. Wer die Update-Zyklen nicht mitmacht, muss mit deutlich höheren Kosten rechnen.

"Das ist eine Unverschämtheit", ärgert sich Alfons Wahlers, Leiter Organisation und DV bei der Keiper GmbH & Co. "Ich bin mit der Politik Microsofts überhaupt nicht einverstanden." Welche konkreten Auswirkungen die neuen Lizenzbedingungen auf die Softwarekosten haben werden, könne man gegenwärtig zwar noch nicht sagen.Weil Keiper aber nicht jeden Release-Wechsel mitmache, gehe er von höheren Kosten aus.

Ungehalten reagiert auch Detlef Stüwe, IT-Manager beim Münchner Chipbroker CE Consumer Electronic, wenn er an die künftigen Softwareausgaben denkt: "Da könnte es sein, dass ich stinksauer werde." Wegen der relativ langen Upgrade-Zyklen in seinem Verantwortungsbereich rechnet er fest mit Kostensteigerungen. "Und ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das mit mir machen lasse." Prinzipiell stelle sich dann die Frage, ob sich CE nicht von Microsoft wegbewege. Stüwe: "In einer zweitägigen Schulung trainiere ich die ganze Truppe leicht auf KDE 2 unter Linux. Das ist bei unserer Größenordnung überhaupt kein Problem."

Microsoft hatte Anfang Mai angekündigt, seine Unternehmenslizenzverträge zum 1. Oktober zu ändern. Kostentreibend kann sich insbesondere die Abschaffung des Version Upgrade auswirken. Nach dieser Regelung können derzeit alle Kunden für 50 bis 70 Prozent der regulären Lizenzkosten auf das jeweils aktuelle Release von Windows oder Office wechseln, unabhängig von der eingesetzten Version. Diese und alle weiteren Upgrade-Vereinbarungen will der Hersteller durch Alternativmodelle wie einen Wartungsvertrag ("Software Assurance") ersetzen. Damit werden Kunden belohnt, die regelmäßig auf die neuesten Varianten umsteigen. Laut Berechnungen von Gartner müssen Unternehmen, die nur alle vier Jahre die neueste Office-Version anschaffen, bis zu 100 Prozent mehr bezahlen als unter den aktuellen Bedingungen.

"Wir können gar nicht jedes Jahr updaten", schimpft Wahlers. "Das geht schon deswegen nicht, weil wir ja auch die Mitarbeiter ausbilden müssen." Keiper hat in Deutschland zirka 1500 Windows-Clients mit Microsofts Office-Suite installiert, weltweit kommen 1000 Rechner hinzu. In der Regel wechsle man alle zwei bis drei Jahre auf eine neue Version. Auch bei der Münchner CE macht man nicht jeden Release-Wechsel mit. "In den letzten Jahren haben wir Upgrade-Pakete immer dann gekauft, wenn auch neue Hardware angeschafft wurde." Daraus ergebe sich ein Zyklus von mehreren Jahren.

Kritik an der Upgrade-Politik Microsofts übt auch Klaus Schönkäs, verantwortlich für die Arbeitsplatzausstattung bei der Dregis, dem IT-Dienstleister der Dresdner Bank. Die häufigen Aufrüstungen der Softwareanbieter deckten sich nicht mit den realen Bedingungen in den Unternehmen: "Diese Zyklen sind absurd." Die hektischen Wechsel auf neue Versionen sind für ihn "ein Geschwür der Industrie", von dem auch die Hardwarehersteller befallen seien. Schönkäs: "Wir lassen im Grunde jedes zweite Major-Update aus."

Die Dresdner Bank arbeitet mit einer relativ homogenen IT-Umgebung unter Windows NT. Bestrebungen, auf Windows 2000 umzusteigen, gebe es derzeit nicht, so der IT-Manager. Man überlege, diese Version zu überspringen und statt dessen gleich auf Windows XP zu wechseln.

Auch bei der Techniker Krankenkasse in Hamburg hält man steigende Softwarekosten für möglich. "Die Update-Intervalle sind abhängig von der Gesamtintegration in unsere Systeme, der fachlichen Notwendigkeit und der Wartung durch die Softwarehersteller", erklärt Hans Langer, Fachbereichsleiter IV-Support. Daraus ergäben sich Update-Zyklen von zwei bis vier Jahren. Die Hanseaten, die Firmenlizenzen für zirka 8000 Client-Rechner mit Windows und Office besitzen, müssten demnach mit erheblich höheren Ausgaben rechnen.

Eine weitere Alternative zum Version Upgrade offeriert Microsoft mit "Enterprise Agreement Subscription", das einem Mietmodell gleichkommt. Wahlers hält dies nur für eine andere Art der Finanzierung: "Da kriegen wir woanders günstigere Konditionen." In puncto Support verzichtet der IT-Leiter ohnehin auf die Hilfe des Herstellers. Er hat statt dessen Vertriebspartner unter Vertrag genommen "die sind qualifizierter und bieten individuellere Leistungen an." Mit Microsoft habe er diesbezüglich keine guten Erfahrungen gemacht: "Da sind die zu schlecht."

Abb: Traumhafte Umsatzrendite

In den letzten Jahren konnte Microsoft immer mindestens ein Drittel des Umsatzes als Nettogewinn einstreichen. Will Bill Gates diesen Wert steigern? Quelle: Microsoft