Anhörung im EU-Verfahren auf Dezember angesetzt

Microsoft will sich von Privatklagen freikaufen

30.11.2001
MÜNCHEN (CW) - Mit einer Spende in Höhe von rund einer Milliarde Dollar will Microsoft ein Sammelverfahren aus 100 Privatklagen außergerichtlich beilegen. Das EU-Monopolverfahren gegen den Softwaremulti geht unterdessen in die nächste Runde.

Einmal mehr ist Microsoft ein PR-Coup gelungen: Der Desktop-Monopolist erklärte sich bereit, die ärmsten Schulen der USA innerhalb der nächsten fünf Jahre kostenlos mit Computern, Software und Schulungen zu versorgen. Im Gegenzug sollen rund 100 private Antitrust-Klagen, zusammengefasst in einem Sammelverfahren, eingestellt werden. Die Kläger werfen dem Hersteller vor, unter Ausnutzung seiner Monopolstellung überhöhte Preise für das Betriebssystem Windows angesetzt zu haben. Dafür verlangen sie Schadenersatz.

Die Gates-Company würde der Vergleich mehr als eine Milliarde Dollar kosten. Er bedarf allerdings noch der Zustimmung des Bezirksgerichts in Maryland, das die Klagen koordiniert. Eine Anhörung dazu war für vergangenen Dienstag angesetzt. Konzernchef Steve Ballmer gab sich schon zuvor siegessicher: "Ich freue mich, dass wir in mehr als 100 Sammelklagen eine Einigung erzielt haben, die uns langwierige und kostspielige Verhandlungen erspart."

Kritiker brandmarken den Vorstoß des Branchenführers als PR-Maßnahme, die zudem dessen Monopolstellung ausweite. Der US-amerikanische Linux-Distributor Red Hat hat deshalb eine Änderung vorgeschlagen: Microsoft solle mit seiner Spende ausschließlich Hardware in den betroffenen Schulen finanzieren. Im Gegenzug würde Red Hat die Rechner kostenlos mit Software ausstatten.

"Wir begrüßen den Vorschlag Microsofts, als Lösung des Monopolprozesses den ärmeren Schulen des Landes zu helfen. Doch wir glauben, dass (...) dieses Monopol damit weiter ausgebaut wird", erklärte Red-Hat-Chef Matthew Szulik. Mit der Linux-basierenden Lösung ließen sich statt der vorgeschlagenen 200000 Rechner rund eine Million PCs beschaffen.

Im EU-Kartellverfahren gegen den Hersteller ist eine Einigung noch nicht in Sicht. Dabei geht es unter anderem um den Vorwurf, Microsoft habe seine dominierende Stellung im Segment der PC-Betriebssysteme missbraucht, um sein Monopol auf den Markt der Server-Betriebssysteme auszudehnen. In einer Anhörung am 20. und 21. Dezember soll das Unternehmen dazu Stellung nehmen.

Wettbewerbskommissar Mario Monti betonte noch einmal, die EU werde das Kartellverfahren unabhängig vom Fortgang des seit mehr als drei Jahren andauernden US-Kartellprozesses weiterführen. Am 2. November erzielte das US-amerikanische Justizministerium eine umstrittene außergerichtliche Einigung mit dem Hersteller. Bezirksrichterin Colleen Kollar-Kotelly entscheidet im Februar, ob der Kompromiss rechtswirksam wird. Neun der 18 ebenfalls klagenden Bundesstaaten lehnten den Vergleich ab. Sie pochen auf eine Fortsetzung des Verfahrens. (wh)