Firmenkunden sind nur selten betroffen

Microsoft will privates Raubkopieren unterbinden

16.02.2001
MÜNCHEN (mo) - Mit "Windows XP" (Codename "Whistler"), dem Nachfolger von Windows ME und 2000, sowie "Office XP", dem Office-2000-Nachfolger, führt Microsoft die zwangsweise Online-Aktivierung jeder einzelnen Installation ein. Volumenverträge, die der Hersteller mit Firmen abschließt, sind aber davon ausgenommen.

Obwohl die Raubkopienquote hierzulande nach Untersuchungen der Herstellervereinigung Business Software Alliance (BSA) stetig zurückgeht, will Microsoft die verbotene Mehrfachnutzung bei Privatanwendern erschweren. Daher muss sich der Anwender künftig bei Microsoft melden und für sein Softwarepaket einen Aktivierungscode anfordern - entweder per Telefon oder per Internet. Nur dann lassen sich die Programme dauerhaft nutzen.

"Wir wollen durch die Softwareaktivierung vor allem das Casual Copying, also die gleichzeitige Installation der Software auf mehreren PCs durch das Anfertigen illegaler Kopien, entweder durch den Händler oder den Endkunden, verhindern", erläutert Microsoft-Sprecher Tomas Jensen. 50 Prozent aller Einnahmeausfälle führt Microsoft auf diese widerrechtliche Nutzung zurück. Daher werden auch nur solche Softwareversionen mit dem Aktivierungszwang ausgestattet, die vor allem von Privatkunden gekauft werden: Paket-, OEM- und System-Builder-Versionen. Die Volumenlizenzprogramme Open, Select und Enterprise Agreement sind ausgenommen. Diese werden primär von Firmenkunden genutzt und können über einen individuellen Unternehmensschlüssel identifiziert werden. "Zurzeit ist ein ähnliches Aktivierungsverfahren für Firmenkunden im Rahmen von Open-, Select- oder Enterprise-Agreement-Verträgen nicht geplant", beruhigt Jensen.

Insbesondere bei Betriebssystemen ist es aber nicht unüblich, dass auch in Unternehmen die Lizenz zusammen mit einem OEM-Rechner erworben wird. Nach Angaben von Jensen ist es jedoch erlaubt, die OEM-Betriebssystem-Version durch ein firmeneigenes Image, das zum Beispiel aus einer Select-CD generiert wurde, zu ersetzen, ohne diese (zweite) Lizenz bezahlen zu müssen.

Von der Zwangsaktivierung verspricht sich Microsoft eine deutliche Steigerung seiner Lizenzumsätze. Das ist auch dringend nötig. Erst vor wenigen Wochen hat das Unternehmen eine Gewinnwarnung herausgeben müssen und geringere Umsätze als bislang erwartet prognostiziert. Schuld daran ist in großem Maße das Geschäft mit Anwendungssoftware, also vor allem Office. Dort verbuchten die Redmonder einen Rückgang um zwei Prozent auf 2,49 Milliarden Dollar gegenüber dem Vorjahresquartal. Die Zwangsregistrierung könnte helfen, die Umsätze zu steigern. Obwohl Jensen keine konkreten Zahlen nennen will, sollen die Umsätze mit Office in Ländern wie den USA und Kanada, in denen das Verfahren bereits seit zwei Jahren eingesetzt wird, signifikant erhöht worden sein.

Bei dem geplanten Aktivierungsverfahren will Microsoft sicherstellen, dass die Rechte der Anwender gewahrt bleiben. Hierzu gehört die Neuinstallation zum Beispiel bei Weiterverkauf oder Rechnerwechsel. Unter welchen Bedingungen zusätzliche Aktivierungsschlüssel für eine bereits vorhandene Softwarelizenz ausgegeben werden, konnte Jensen allerdings nicht sagen. Auch dem Datenschutz wird Rechnung getragen. "Bei der Aktivierung von Windows XP und Office XP verlangt Microsoft keine persönlichen Daten", stellt Jensen klar. Informationen, die Rückschlüsse auf den verwendeten Rechner und bereits installierte Software zulassen könnten, würden nicht an den Softwarehersteller übermittelt.

Konkret generiert das einzurichtende Programm einen Installations-Key, der sich aus Informationen über die Hardware und dem Produkt-Key, das ist der 25-stellige Code, der per Aufkleber mit jedem Paket geliefert wird, zusammensetzt. Der 50-stellige Installationsschlüssel muss per Internet oder telefonisch an Microsoft übermittelt werden. Erst dann erhält der Kunden den so genannten Confirmation-Key. Ohne diesen Schlüssel lässt sich Windows XP nach 30 Tagen und Office XP nach dem fünfzigsten Aufruf nicht mehr starten.

Solch ein Aktivierungsverfahren ist nach Ansicht von Markus Schmidt, Rechtsanwalt in der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Berlin, durch die Rechtsprechung gedeckt. Microsoft hat als Urheber das Recht, sich mit einer Aktivierung gegen die unerlaubte Vervielfältigung seiner Software zu schützen. Eine Registrierung, bei der auch personenbezogene Daten erfasst werden, ist dagegen nicht erlaubt. Microsoft darf auch im Falle einer Veräußerung durch den Verkäufer einen Nachweis darüber verlangen, zum Beispiel einen Kaufvertrag oder die Versicherung, die vorhandene Installation vom Rechner zu entfernen.

Office XP soll Mitte des Jahres auf den Markt kommen. Windows XP soll in der zweiten Jahreshälfte zu haben sein.

Abb: Piraterie-Entwicklung

Raubkopien: In Deutschland wird immer weniger unlizenzierte Software verwendet. Trotzdem sieht Microsoft weiteren Handlungsbedarf. Quelle: BSA