Orange bringt erstes Smartphone-Handy

Microsoft will Mobilfunkmarkt erobern

01.11.2002
MÜNCHEN (CW) - Das Telekommunikationsunternehmen Orange SA bringt das erste Handy auf den Markt, das Microsofts Betriebssystem "Smartphone" nutzt.

Microsoft nimmt den Mobilfunkmarkt ins Visier und legt sich mit Marktführer Nokia an. Der finnische Handy-Konzern hat im September dieses Jahres sein erstes Mobiltelefon der dritten Generation vorgestellt, das etwa Mitte 2003 auf den Markt kommen soll. Microsofts Partner Orange, Mobilfunktochter von France Télécom, verkauft das Konkurrenzsystem "SPV" schon ab der letzten Oktober-Woche in Großbritannien. Kurz darauf soll der Vertrieb in Frankreich, der Schweiz und Dänemark beginnen. Das vom taiwanischen Unternehmen High Tech Corp. (HTC) entworfene und gefertigte Gerät soll 179 Pfund oder 283 Euro kosten.

Ein Multimedia-Handy mit PDA-Fähigkeiten

Der Gerätename SPV steht für "Sound, Picture and Video", was anzeigt, dass man mit dem Handy Musik und Videos wiedergeben sowie über ein mitgeliefertes Zusatzteil Fotos aufnehmen und versenden kann. Die technischen Grundlagen liefert das Microsoft-Betriebssystem Smartphone, das noch einige Services mehr bietet: den SMS-Nachfolger MMS, E-Mail, Kalender, Adressbuch, Instant- und Text-Messaging sowie Web-Zugang.

Das Orange SPV ist zwar nicht Bluetooth-fähig, kann aber über Infrarot oder ein USB-Cradle mit PCs verbunden werden und lässt sich dann mit Daten aus Microsofts Standardanwendungen synchronisieren. Außerdem können Netzadministratoren in Unternehmen mit wenigen Befehlen Tausende SPV-Handys mit Software oder Daten versorgen.

Das SPV-Handy birgt einen auf 120 Megahertz getakteten ARM-basierenden Prozessor, 32 MB Read-only-Memory für das Betriebssystem und 16 MB RAM, von denen 6 MB für den Anwender nutzbar sind. Ein Erweiterungs-Slot für Secure-Digital-/ Multimedia-Cards ermöglicht eine Speichererweiterung auf 256 MB. Der Bildschirm mit 176 mal 220 Pixel kann 64 000 Farben darstellen. Die Gesprächszeit beträgt drei Stunden bei 100 Stunden Betrieb im Standby-Modus.

Orange zielt mit dem Handy auf den Massenmarkt, in dem es die hochprofitablen datenbasierenden Services anbieten möchte. So bietet die Firma mobilen Internet-Zugang und einen E-Mail-Dienst für sechs Pfund pro Monat an. Orange-Chef Jean-Francois Pontal erklärte, sein Unternehmen möchte im Jahr 2005 mit Datendiensten 25 Prozent des Umsatzes machen.

Microsoft: Bis zu 250 Millionen Smartphone-Nutzer

Ebenfalls Smartphone-basierende Handys und Dienste haben AT&T Wireless, Cingular Wireless, Verizon Wireless und Vodafone für dieses und das kommende Jahr angekündigt. Weitere Partner von Microsoft sind die deutsche T-Mobile, die spanische Telefónica und die in Singapur und Australien stark vertretene Singtel. Microsoft schätzt die Zahl der potenziellen Smartphone-Nutzer auf 250 Millionen. Wichtigster Gegenspieler zur Microsoft-Gefolgschaft ist das Konsortium Symbian, in dem sich unter anderem Nokia, Motorola, Sony, Ericsson und Panasonic zusammengeschlossen haben.

Microsoft-Chef Bill Gates erklärte bei der Vorstellung des Orange-SPV-Handys: "Wir haben Millionen Dollar in dieses Geschäftsfeld gesteckt. Wir werden unsere Investitionen auf diesem Gebiet erhöhen. Natürlich sind wir weit, weit, weit hinter Nokia zurück. Aber wir sehen das langfristig und werden unsere Investitionen danach ausrichten." (ls)