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Thema des Tages

Microsoft will die Konkurrenz "einseifen"

18.10.1999
Thema des Tages

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft will mit einer neuen Technik zur Übertragung von Softwarekomponenten über das Internet die Konkurrenz aus dem Unix-Lager (Sun, IBM, etc.) das Fürchten lehren. Das Simple Object Access Protocol (SOAP) soll dabei nicht als proprietärer Bestandteil von Windows, sondern als offener Standard am Markt etabliert werden. Dazu will der Hersteller sein Modell in Kürze den zuständigen internationalen Gremien zur Standardisierung vorlegen. "Es geht uns um Offenheit und Integration. SOAP ist nichts weiter als ein Beweis für unser Bekenntnis zu XML und zum Web", betont Produkt-Manager John Montgomery in völlig ungewohnter Manier.

SOAP basiert auf der immer populärer werdenden Auszeichnungssprache XML (Extensible Markup Language). Geschäftsanwendungen sollen darüber via Internet miteinander kommunizieren können, und zwar unabhängig von dem Objektmodell, das sie verwenden. Die Gates-Company möchte offensichtlich mit ihrem neuen Ansatz die bisherige Trennlinie zwischen der Windows-Welt und Java-basierenden Entwicklungen verwischen. SOAP kommt ohne jegliche Microsoft-Software aus, Unternehmen können die Objekttechnik wählen, die zu ihrer IT-Umgebung am besten paßt. Mit der resultierenden größeren Kompatibilität zwischen Java- und Unix-basierten Systemen und Windows will Microsoft offenbar die Verbreitung von Windows 2000 fördern.

SOAP richtet sich damit auch eindeutig gegen die Konkurrenz aus dem Unix-Lager. Während die Gates-Company bisher ihr eigenes, eng mit Windows verknüpftes Objektmodell COM (Component Object Model) vorangetrieben hat, setzen etablierte Unix-Anbieter wie Sun und IBM vor allem auf die Kombination aus Enterprise Java Beans (EJB) und Corba (Common Object Request Broker Architecture). In der Realität nutzen Unternehmen meist einen Mix aus beidem. Einem Standard wie SOAP, der beide Welten intern verbindet und extern nach außen öffnet, räumen Analysten durchaus gute Erfolgschancen ein.

SOAP würde Microsofts bisheriges proprietäres Kommunikationsprotokoll DCOM (Distributed Component Object Model) ersetzen. Mike Gilpin von der Giga Information Group betont, daß aufgrund der XML-Grundstruktur des neuen Modells Unternehmen einfach Daten miteinander austauschen könnten. Auch David Smith von der Gartner Group lobt die Idee: "SOAP mag zwar nicht die alleinige Antwort sein, aber der Ansatz ist der richtige. Die Welt will mehr Interoperabilität. Und Alternativen von anderen Anbietern kennen wir bis dato keine."

Sun will SOAP nach eigenen Aussagen nicht unterstützen. Die McNealy-Company hält die Ankündigung ohnehin nur für heiße Luft. "Dies ist wieder einmal ein völlig überzogenes Announcement. Es bietet nichts Neues und auch keinen neuen Wert für das, was draußen bereits existiert", meint Suns Senior Product Manager XML, Nancy Lee. "Microsoft will damit nur das eigene Konzept ´Windows DNA 2000´ pushen." Obwohl SOAP die offenen Standards XML und HTTP (Hypertext Transfer Protocol) unterstütze, enthalte es proprietäre Bestandteile. Wichtiger noch: Auch mittels reiner XML könnten Applikationen Daten via HTTP austauschen - ein neues Protokoll sei dazu gar nicht nötig.

Auch Scott Hebner, Program Director E-Business Technology Marketing bei IBM, kritisiert das Vorgehen von Microsoft. Seiner Ansicht nach müßte ein entsprechender Vorstoß von Standardisierungs-Organisationen und nicht von einem Hersteller kommen. Das World Wide Web Consortium (W3C) beispielsweise beschäftige sich bereits mit dem Thema.