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Microsoft wehrt sich gegen EU-Sanktionen

04.10.2004

In einer Anhörung vor dem Gericht erster Instanz des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verteidigte Microsoft einmal mehr die Kopplung des Media Players mit dem Windows-Betriebssystem. Der Markt für Digital-Media-Software werde keineswegs von Microsoft beherrscht, wie von den EU-Kartellwächtern dargestellt, argumentierten Firmenanwälte. So belege beispielsweise der Einstieg von Apple und Sony in den Download-Musikmarkt, dass Anwender durchaus zwischen unterschiedlichen Medienformaten wählen könnten. Sollte Microsoft gezwungen werden, den Media Player von Windows zu entkoppeln, würde das Geschäftsmodell des Unternehmens nachhaltig beschädigt.

Wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht hatte die EU-Kommission Microsoft im März zu einem Bußgeld von 497 Millionen Euro verurteilt und gleichzeitig harte Sanktionen verhängt. Der Konzern soll eine Windows-Version ohne den Media Player auf den Markt bringen und zugleich Konkurrenten im Server-Markt Schnittstelleninformationen für Windows-Clients zur Verfügung zu stellen. Microsoft hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und zudem per einstweiliger Verfügung gefordert, die Auflagen bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung auszusetzen.

In der Anhörung vor dem EuGH-Richter Bo Vesterdorf führte EU-Jurist Per Hellstrom das Beispiel des Browser-Anbieters Netscape ins Feld, dessen Marktanteil von 80 auf weniger als zehn Prozent gefallen sei, nachdem Microsoft den Internet Explorer mit dem Windows-Betriebssystem gekoppelt habe. "Wenn sich Microsofts Produkte einmal im Markt etabliert haben, ist diese Entwicklung nicht mehr rückgängig zu machen", erklärte Hellstrom. Vor sechs Jahren habe Real Networks für seinen "Real Player" noch doppelt so viele Nutzer verzeichnet wie Microsoft mit dem Media Player. Inzwischen aber habe sich dieses Verhältnis umgekehrt.

An diesem Punkt mussten sich die EU-Kommissionsvertreter indes auch Kritik von Vesterdorf gefallen lassen. Ausdrücklich fragte der Richter nach der Sinnhaftigkeit von Sanktionen, deren Wirksamkeit man gar nicht beurteilen könne.

Umstritten blieb auch die Frage nach der Offenlegung von Windows-Schnittstelleninformationen. Microsofts Konkurrenten soll es damit erleichtert werden, Server-Software für Netze mit Windows-Clients zu erstellen. Andernfalls drohe auch im Server-Segment eine dominierende Marktstellung des Software-Multis, argumentieren die Wettbewerbshüter. Microsoft lehnt dies mit der Begründung ab, die Herausgabe geistigen Eigentums würde ebenfalls einen nicht wieder gutzumachenden Schaden bedeuten.

Eine gütliche Einigung der Parteien, wie sie Vesterdorf noch vor der Anhörung angeregt hatte, scheint vor diesem Hintergrund eher unwahrscheinlich. Mit einer Entscheidung über die Aussetzung der Sanktionen rechnen EU-Kreise in etwa zwei Monaten. (wh)