Interne Strukturen gestrafft

Microsoft verzichtet auf Vorstand Belluzzo

12.04.2002
MÜNCHEN (CW) - Der Softwarekonzern Microsoft hat sich von seinem Chief Operating Officer (COO) und President Rick Belluzzo getrennt. Ein Nachfolger wird nicht eingestellt, CEO Steve Ballmer erweiterte stattdessen die Befugnisse der sieben Bereichsleiter.

Der 48-jährige Belluzzo legt sein Amt zum 1. Mai nieder und verlässt im September das Unternehmen, hieß es dazu in Redmond. Begleitet wird die Personalie von einer Umstrukturierung in der obersten Etage des Konzerns. Nach der Trennung vom COO stattet Microsoft seine sieben Bereichsleiter künftig mit zusätzlicher Macht aus, denn sie erhalten die operationale und finanzielle Verantwortung für ihre jeweilige Division. Die Chefs der einzelnen Abteilungen (Windows Client, Knowledge Worker, Server and Tools, Business Solutions, CE/Mobility, MSN sowie Home and Entertainment) berichten künftig direkt an Ballmer, der seit Anfang 2000 als CEO über Microsoft regiert.

Über die wahren Gründe für den überraschenden Abgang Belluzzos gibt es verschiedene Theorien. So habe es "kulturelle Unterschiede" zwischen ihm und dem Softwarekonzern gegeben; Belluzzo sei eher ein zurückhaltender Typ gewesen, was ihn bei Microsoft nicht weitergebracht habe. Zudem habe ihm das technische Detailwissen gefehlt, um in der Firma akzeptiert zu werden. Auch sei es schwierig, neben Ballmer und Bill Gates ein eigenes Profil zu zeigen. Beide Firmenlenker schrecken nicht davor zurück, sich in Detailfragen einzumischen und Entscheidungen im Alleingang zu treffen. Vor Belluzzo hatte bereits Bob Herbold in der gleichen Position kein besonders glückliches Händchen gehabt.

"Kleiner Verlust für Microsoft"Gartner-Analyst David Smith wertete die Trennung lediglich als kleinen Verlust für Microsoft. Was auch immer Belluzzo als President und COO in Redmond bewirkte, habe sich nicht sonderlich spektakulär entwickelt, bilanzierte er dessen Jahr als Verantwortlicher für das Tagesgeschäft. Belluzzo war mehr als 20 Jahre Manager bei Hewlett-Packard und anschließend CEO von Silicon Graphics, bevor er 1999 als Vice President der Consumer-Division zu Microsoft kam. Hier war er für den Neustart des hauseigenen Online-Dienstes MSN verantwortlich, aber auch für interaktives TV und die neue Spielkonsole X-Box.

Im Februar vergangenen Jahres wurde er zum COO und President von Microsoft ernannt. Belluzzo kontrollierte den weltweiten Vertrieb und das Marketing, das Personalwesen sowie die Finanzen und das Lizenzgeschäft. Er wolle sich nun dem Aufbau einer eigenen Firma widmen, lautete seine Erklärung zur Trennung. (ajf)