Booz & Company Marktbewertung

Microsoft und Oracle vorn im großen IT-Ranking

29.05.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Booz & Company hat das Standing der 50 weltweit größten ITK-Unternehmen im Markt bewertet. Dabei schneiden die Soft- und Hardwarehersteller gut ab. Service- und Telekommunikationsanbieter hinken hinterher.
"Es bleibt kein Stein auf dem anderen im aktuellen ICT-Umfeld." Olaf Acker, Booz & Company.
"Es bleibt kein Stein auf dem anderen im aktuellen ICT-Umfeld." Olaf Acker, Booz & Company.
Foto: Booz & Company

"Es bleibt kein Stein auf dem anderen im aktuellen ICT-Umfeld", sagt Olaf Acker, Partner und ICT-Experte der Strategieberatung Booz & Company. Vor allem Anbieter wie Apple und Google würden den Wettbewerb aggressiv anheizen. "Sie generieren über die konventionellen Branchengrenzen hinweg Wertschöpfung und machen den etablierten Playern ihre angestammten Marktpositionen und -anteile mit neuen Geschäftsmodellen und Angeboten wie Cloud-Services, Tablet-PCs und digitalen Inhalten beziehungsweise Diens-ten streitig."

SAP schafft Top-Ten-Platzierung

Doch noch liest sich das der computerwoche exklusiv vorliegende Top-Ten-Ranking der erstmals veröffentlichen Global-ICT-50-Studie wie das Who-is-who des internationalen IT-Establishments. Die Spitzenposition sicherte sich Microsoft mit einem Score von 2,88 auf der bis zum Bestwert von vier Punkten reichenden Skala. Doch die Plätze auf dem Siegertreppchen liegen dicht beieinander. Die Silbermedaille erringt Oracle mit 2,85 Punkten, knapp dahinter folgt IBM mit 2,82 Zählern.

Keiner der großen TK-Anbieter hat es unter die ersten Zehn geschafft.
Keiner der großen TK-Anbieter hat es unter die ersten Zehn geschafft.
Foto: Booz & Company

Auch auf den Rängen vier bis sechs finden sich klangvolle Namen der weltweiten IT-Szene: Hewlett-Packard (2,59), Cisco (2,53) und Apple (2,42). Auf dem siebten Platz reiht sich SAP mit einem Score von 2,40 als bestplatziertes deutsches Unternehmen in die Phalanx der US-Companies ein. Die Top Ten komplettieren Xerox (2,39), Accenture (2,38) und CSC (2,20).

Diese Spitzengruppe sei im Wettbewerb vergleichsweise sehr gut aufgestellt, heißt es in der Bewertung der Booz & Company-Experten. Allerdings verschieben sich aus Sicht der Marktbeobachter derzeit die für den Erfolg ausschlaggebenden Gesetzmäßigkeiten im weltweiten IT-Geschäft. Das Branchenmantra der vergangenen Jahre, die Unternehmensstrategie auf IT-Services und Systemintegration auszurichten und dafür eigene Hardwareangebote zurückzufahren, verliere im Zeitalter der Digitalisierung seine Berechtigung. "Wir erachten vielmehr Anbieter als besonders aussichtsreich, die ein integriertes Lösungs-Ökosystem rund um ein starkes Hardware- und Software-Kernangebot sowie dafür maßgeschneiderte Dienste und Inhalte offerieren können", sagt Germar Schröder, Mitglied der Geschäftsleitung von Booz & Company. "Irgendwo muss die Technik ja herkommen", bestätigt sein Booz & Company-Kollege Acker. Aus seiner Sicht bildeten gerade die technischen Komponenten in den Portfolios die Basis für künftige Innovation. Und die brauche es schließlich, um die Rechenzentren zu füllen. "Nur Services reichen dafür nicht", lautet Ackers Bilanz. "Ohne Hardware - keine Services."

Kriterien für das Ranking

Für die Studie "Global ICT 50" hat Booz & Company die zentralen Trends, erfolgskritischen Fähigkeiten und die Performance der 50 größten Anbieter im globalen ICT-Markt analysiert.

Für das Ranking wurden vier Dimensionen untersucht und in einem aggregierten Score verdichtet. Dieser gibt die relative Stärke angesichts der aktuellen Marktanforderungen sowie im Hinblick auf die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten wieder:

  1. Finanzielle Ertrags- und Investitionskraft.

  2. Angebots- und Portfoliostruktur von klassischen IT-Basisleistungen bis zu integrierten Lösungen für die nächste Generation der "Digital Economy".

  3. Innovationsgrad und Positionierung in Wachstumsmärkten.

  4. Quantitative wie qualitative Analyse der Vertriebsorientierung.

Technikanbieter stehen besser da

Technikanbieter aus dem Hard- und Softwarebereich haben aus Sicht der Experten einen besseren Stand im Markt als Service-Provider und Telekommunikationsunternehmen.
Technikanbieter aus dem Hard- und Softwarebereich haben aus Sicht der Experten einen besseren Stand im Markt als Service-Provider und Telekommunikationsunternehmen.
Foto: Booz & Company

Hinsichtlich der Ertragskraft, Innovationsfähigkeit und Marktabdeckung konnten besonders die Softwareriesen Microsoft und Oracle überzeugen. Microsoft könne vor allem als Ökosystem-Player mit einem integrierten Cloud-Angebot, Oracle mit einem breiten Portfolio an Enterprise-Applikationen sowie den speziell auf die eigene Hardware abgestimmten Datenbankanwendungen punkten. Das Nachsehen hätten dagegen die IT-Service-Anbieter, die wesentlich stärker in einem klassischen, weniger integrierten Leistungs- und Alt lösungsportfolio verwurzelt seien.

Insbesondere regional ausgerichtete Provider werden aus Sicht von Booz & Company einen schweren Stand haben. Wie die Telekommunikations- müssten auch die Serviceanbieter um Marktanteile ringen und steckten oft in einer strukturellen Wachstums-, Innovations- und Ertragskrise. "Die Service-Provider stehen unter Druck und tun sich schwer mit Wachstum", lautet Schröders Fazit. Gleiches gelte für die Telcos dieser Welt. Diese klammerten sich an angestammte Geschäftsfelder. Den meisten Anbietern falle es nicht leicht, in neues Marktterrain wie beispielsweise Cloud-Services vorzudringen: "Die Telco-DNA in diesen Firmen ist einfach sehr stark."

"Die Service-Provider stehen unter Druck und tun sich schwer mit Wachstum." Germar Schröder, Booz & Company.
"Die Service-Provider stehen unter Druck und tun sich schwer mit Wachstum." Germar Schröder, Booz & Company.
Foto: Booz & Company

Damit wären also die Service- und Telekommunikationsanbieter die Verlierer der aktuellen Veränderungen im globalen ICT-Markt. Und die sind aus Sicht der Marktforscher gravierend. Booz & Company spricht von dramatischen Verschiebungen bei Geschäftsmodellen und in der Anbieterstruktur infolge der Effekte im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung.

Telekommunikationsunternehmen, IT-Hardware- und Technologieunternehmen sowie IT-Service-Provider kämpften mit Software- und Internet-Konzernen in oft überlappenden Servicebereichen um Marktanteile und den Erhalt ihrer Geschäftsmodelle. In diesem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb würden die Grenzen zunehmend aufgehoben. Die Zeiten, in denen sich die IT-Welt fein säuberlich in einzelne Bereiche wie Hardware, Software und Services aufteilen ließ, seien vorbei, stellt Acker fest. SAP entwickle sich von einem reinen Softwarehersteller in Richtung Services, und Apple als die Lifestyle-Company nehme jetzt auch das Enterprise ins Visier, führt der Experte als Beispiele an. "Die Branchengrenzen lösen sich auf." Dieser Trend werde sich in den kommenden Jahren noch beschleunigen.

Nur wenige ICT-Geschäftsmodelle sind der Analyse zufolge in der Lage, in diesem Umfeld gute Wachstumsraten und Profite zu erzielen: Lediglich Softwareanbieter wie Microsoft, Oracle oder SAP sowie Internet-Unternehmen wie Google, die einen innovativen Technikkern mit dazu passenden Services kombinierten, erwirtschafteten dabei ein jährliches Umsatzwachstum von über zehn Prozent bei komfortablen Margen jenseits der 25 Prozent. In ähnliche Wachstums- und Ertragsregionen schafften es lediglich Offshore-IT Service-Provider wie Tata Consultancy Systems (TCS), Infosys und Wipro sowie wenige global agierende Hardware- und Infrastrukturanbieter wie IBM, Hewlett-Packard oder Cisco.