Windows und Office - doch was kommt dann?

Microsoft sucht neue Wachstumspfade

12.12.2003
MÜNCHEN (CW) - Microsoft ist an einem Wendepunkt angekommen: In den Kerngeschäftsfeldern sind die Fronten geklärt, nun müssen laut Finanzchef John Connors neue Wachstumssegmente erschlossen werden. Der Konzern richtet sich auf einen langen Weg ein.

Klagen kann Connors eigentlich nicht - der Finanzchef von Microsoft blickt auf ein gutes erstes Fiskalquartal (Ende: 30. September), überwältigende Marktanteile bei Betriebssystemen und Office-Tools sowie stetig sprudelnde Ertragsquellen zurück. Der Reingewinn belief sich auf 2,6 Milliarden Dollar bei Einnahmen von 8,2 Milliarden Dollar. Das Umsatzwachstum betrug allerdings nur sechs Prozent, was für den erfolgsverwöhnten Hersteller eher mager war.

Mit neuen Geschäftsfeldern versucht das Unternehmen, an die starke Nachfrage nach Office-, Server- und Windows-Programmen der 90er Jahre anzuknüpfen. Entertainment-Produkte, Handy-Betriebssysteme, der Online-Dienst MSN (der zuletzt erstmals schwarze Zahlen erreichte) und ERP-Software sollen die Erfolgsgeschichte der Redmonder fortschreiben. Microsoft sei inzwischen "breit aufgestellt", sagte Connors in der vergangenen Woche vor Journalisten. Dabei ist das Stammgeschäft mit Quartalsumsätzen von zuletzt sieben Milliarden Dollar noch immer deutlich besser positioniert als die neuen Segmente.

Große Hoffnungen ruhen auf der Unternehmenssoftware

Als "langfristigen Ansatz" bezeichnete Connors dann auch die Strategie, die gegenwärtig vornehmlich auf Anschubinvestitionen beruht. Im Mittelpunkt der Hoffnungen stehen für Unternehmen gedachte Anwendungsprogramme, die mit Navision und Great Plains zugekauft worden waren. Hier sollen in den nächsten Jahren bis zu zwölf Milliarden Dollar investiert werden. Aufgrund des fragmentierten Marktes für kleine und mittlere Anwender entwickelt Microsoft horizontale Lösungen, die von unabhängigen Softwarehäusern mit Branchen-Know-how angereichert werden sollen. "Wir haben nicht die Absicht, in das vertikale Geschäft einzusteigen", sagte Connors.

Ein scharfer Wind weht den Redmondern indes im Mobilfunkbereich entgegen. Hier hatte der japanische Konzern NTT Docomo dem Handy-Betriebssystem von Microsoft in der vergangenen Woche einen Korb gegeben. Der weltweit zweitgrößte Mobil-Carrier bevorzuge Linux- und Symbian-Programme auf seinen Endgeräten, hieß es. Connors zeigte sich jedoch zuversichtlich und gab zu Protokoll, er freue sich schon mächtig auf den Wettbewerb mit Nokia in den kommenden Jahren.

Weiterhin ungeklärt ist die Frage, was Microsoft mit den mehr als 50 Milliarden Dollar plant, die gegenwärtig als Reserve dienen. Connors begründete seine zögerliche Strategie mit den laufenden Kartellverfahren, deren Ausgang noch unsicher ist. Dabei gehe es indes weniger um die zu erwartenden Strafen als um die strategischen Auswirkungen, die mit den Entscheidungen verbunden sein könnten. Microsoft wolle abwarten, "bis die wichtigen Fälle geklärt sind". Connors schloss in diesem Zusammenhang jedoch aus, dass der Konzern seine Anstrengungen im Hardwaregeschäft intensivieren wird. Die Produktion von Handys sei nicht geplant, und auch als Service-Provider im Mobilfunkbereich wolle man sich nicht versuchen: "Die Grundlage unserer Geschäftsfelder ist und bleibt Software", sagte der Finanzchef. (ajf)