Gastkommentar

Microsoft-Split ein Linux-Desaster?

21.07.2000
Daniel Riek Vorstandsvorsitzender der ID-Pro AG, Bonn

Das Marktforschungsunternehmen IDC hat kürzlich eine überraschende Frage aufgeworfen: "Schadet ein Microsoft-Split dem Linux-Lager?" Dass eine "Betriebssystem-Microsoft" Linux-Firmen schaden könnte, ist ziemlich unwahrscheinlich: Das Grundsystem von Linux, wie Kernel und Laufzeitbibliotheken, ist durch die General Public Licence (GPL) geschützt. Jedes Microsoft-Linux müsste freigegeben werden und stünde so auch Konkurrenten zur Verfügung. Gleiches gilt für einen Großteil der Applikationen.

Hauptangriffspunkt wäre wohl die Benutzeroberfäche: Windows inklusive "Internet Explorer" etc. auf Linux? Skeptikern sei ein Blick auf die aktuelle Betaversion der freien Benutzeroberfläche "KDE 2.0" empfohlen: "Konqueror" heißt dort das Gegenstück zum "Explorer". Historisch folgt der Eroberer dem Entdecker.

Und was brächte eine "Applications-Microsoft"? Originäre Open-Source-Firmen wie Red Hat dürften davon ebenso profitieren wie der Open-Source-Markt insgesamt. Gäbe es doch mit MS-Office und Visual-Basic unter Linux kein ernst zu nehmendes Argument mehr gegen den Einsatz des quelloffenen Betriebssystems in Unternehmen und Behörden. Schaden könnte die MS-Aufspaltung allenfalls jenen Herstellern, die ihre klassische proprietäre Software auf das freie Unix-Derivat portiert haben.

Der Linux-Gemeinde wird es ziemlich egal sein, welche Applikationen aus Redmond auf Linux portiert werden. Sie wird ohnehin neu implementieren, was nicht frei oder nicht gut ist. Mit K-Office als Teil des im September zu erwartenden neuen KDE-Release bläst die Community gerade zum Open-Source-Angriff auf den Markt für Büroanwendungen. Apache und Embedded-Linux sind schon Microsoft-Probleme. Keine Panik also.